Neustadt Große Wäsche und rituelle Bäder

«Ruppertsberg.»Immer wieder wird von Jung- oder Neubürgern wie auch von Besuchern der Nachbargemeinden die Frage gestellt, was die Ruppertsberger Bezeichnung „In der Weed“ oder „Weedgasse“ zu bedeuten habe. Einst nannte man diesen am nördlichen Ortsbereich gelegenen Weg „Weedgasse“, weil sie zur einer nahe gelegenen Weide (Weed) oder Tränke führte.

In dieser „Weed“ wurde noch 1890 von den Bürgern die „große Wäsche“ gewaschen und anschließend auf den angrenzenden Wiesen gebleicht. Neben vielseitigen örtlichen Bautätigkeiten wurde in den Jahren 1952/1953 am Eingang zur „Weedgasse“, neben dem ehemaligen „Frühmessehaus“, ein großes Bank- und Lagergebäude der örtlichen Raiffeisenkasse errichtet. Diese bauliche Veränderung führte zur Umbenennung der Weedgasse in Raiffeisenstraße. Am Ende der einst mit nur drei Häusern bebauten „Weedgasse “ befand sich ein kleiner Teich. Er wurde gespeist von einer Quelle des Grabens, der das in der Nähe gelegene Schloss der Freiherren von Dalberg umgab. Der kleine Teich ging sogar in die Heimatgeschichte von Ruppertsberg und Deidesheim ein. Und zwar, weil er für die rituelle Reinigung der jüdischen Frauen aus Deidesheim genutzt wurde. Wie in den „Deidesheimer Heimatblättern“ festgehalten, durften gemäß amtlicher Verfügung vom 26. April 1684 die Frauen nicht bei Tag baden, sondern mussten ihre Ritualbäder – ob im Sommer oder Winter – am späten Abend nehmen. Auf jeden Fall stellte das „Bad in der Weed“ bei Ruppertsberg für die jüdischen Frauen von Deidesheim eine höchst unbefriedigende Lösung dar. War schon der weite Weg über das Feld zu dem Nachbarort beschwerlich genug, mussten nach Vorschrift die Bäder „bey abendt späth“ erfolgen. Darüber hinaus lockte das Bad ungebetene Zuschauer an, die auch nicht davor zurückschreckten, die Frauen zu belästigen. Offensichtlich scheinen die Frauen das Gebot, die rituelle Reinigung nur bei Dunkelheit wahrzunehmen, nicht allzu gewissenhaft eingehalten zu haben. Denn die Übergriffe einiger jungen Ruppertsberger Männer auf eine angesehene Deidesheimer Frau, die am Tag gebadet hatte, machten dies aktenkundig. Heute zählt die „Weedgasse“ beziehungsweise „Raiffeisenstraße“ zu den lebhaftesten Dorfstraßen. Zwischen Wohnhäusern verwirklichte der Weingutsbesitzer Dieter Zimmermann sein Vorhaben und kaufte das auf der Straßengegenseite zwischenzeitlich leer stehende große Lagerareal der Raiffeisenbank. Seit fünf Jahren präsentiert sich dieses ehemalige Lager als Ferienhaus mit fünf barrierefreien Ferienappartements. Was den dortigen Straßenbereich auszeichnet, ist das Blumen- und Blütenmeer mit mediterranen Pflanzen. Jährlich wird in der Ruppertsberger „Weedgasse“ das Hoffest des Weingutes Zimmermann gefeiert. So auch wieder vom Freitag, 21., bis Montag, 24. Juli.

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