Neustadt Große Kunst

Neustadt. Die koreanischen Musiker sind eine Macht auf den deutschen Konzertpodien. Als Solisten ebenso wie in den Orchestern. Dieses Bild spiegelte auch das jüngste Orchesterkonzert in der Reihe der „Kurpfalzkonzerte“ am Dienstag im Saalbau wider. Im Sinfonieorchester der Musikhochschule Mannheim saßen etliche Musiker aus Südkorea, und auch die beiden Solistinnen des Abends kommen aus diesem asiatischen Land, in dem die musikalische Ausbildung einen sehr hohen Stellenwert hat.

Prüfungskonzerte im Rahmen ihrer künstlerisch solistischen Ausbildung waren es für beide. Den Anfang machte die Pianistin Min-Ae Kim, die sich mit Franz Liszts Bearbeitung von Schuberts „Wanderer-Fantasie“ empfahl. Ein veritables Klavierkonzert machte Liszt aus dieser Sonate, bei welcher Schuberts Noten auf Klavier und Orchester aufgeteilt und mit eigenen Ideen des Virtuosen Liszt angereichert wurden. Große, souveräne Kunst eröffnete Min-Ae Kim, die in der Klasse von Oki-Hi Lee und Rudolf Meister studiert. Große Tiefe gab sie dem langsamen Satz, entfaltete mit samtig warmem Klang eine innig blühende Romantik, bei der man traumhaft ineinander verwobene Geflechte mit dem Orchester geboten bekam.

Ganz hinreißend traf die Pianistin den Schubert’schen Ton, das Wienerische und Ländlerhafte. Daneben steigerte sie sich in die rauschhaften Visionen hinein, die Liszt vorschwebten. Glasklares Laufwerk und filigrane Diskantpassagen ließen ebenso aufhorchen wie die große Dringlichkeit, die Min-Ae Kim dem Finale verlieh. Klangsatt trumpfte dazu das Orchester unter der Leitung von Prof. Klaus Arp auf: In den dramatischen Aufgipfelungen hörte man unmissverständlich den triumphalen Liszt’schen Ton, der auch seine Klavierkonzerte prägt.

Das 1. Violinkonzert von Béla Bartók ist im Konzertsaal eher selten zu hören. Der ausgedehnte solistische Beginn der Geige ist heikel und auch gefürchtet. Die Geigerin Jee-Hye Kim, Studierende in der Klasse von Susanne Rabenschlag musizierte diesen expressiven Solobeginn noch etwas vorsichtig und zurückhaltend, intonatorisch nicht ganz auf der Höhe. Dann aber steigerte sie sich rasch zu intensiv gestalteter Gesanglichkeit. Warm im Ton und ausdrucksvoll formulierte sie im weiteren Verlauf, ließ mit feinen, irisierenden Tönen ebenso aufhorchen wie mit der großen Ruhe, die sie ihrem Part verlieh. Seidig timbrierte Innigkeit gab sie dem heiteren Finalsatz, den sie daneben ausgesprochen lustvoll musizierte, wobei sie die nötige Attacke und einen aufgeweckten Vorwärtsschwung nicht missen ließ. Kostbare Töne entwickelte Jee-Hye Kim dabei, bei exquisiten Passagen, in denen sie etwa von zwei Harfen begleitet wurde. Saftig und vital musizierte sie daneben, hingebungsvoll und in geschmeidigem Fluss. Und auch das Orchester vereinte hier stellenweise große Intensität in den expressiven Aufgipfelungen, hörte man treffliche Blechbläser.

Im Orchester der Musikhochschule herrscht naturgegeben reiche Fluktuation. Das bekam man an diesem Abend öfters zu spüren, gab es doch geglückte Passagen neben weniger geglückten. Wie sehr Franz Schubert in seiner großen C-Dur-Sinfonie Nr. 9 den Idealen Beethovens verpflichtet ist, wurde in der Wiedergabe nach der Pause unmissverständlich deutlich. Lieblich und entspannt war der Beginn. Hier wurde eine sonnig heitere Atmosphäre geschaffen, die sich im Weiteren zu triumphaler Größe steigerte. Sehr vital wurde das Scherzo auf Touren gebracht, in reigenhafte Tanzlaune versetzt. Ins Finale brachte das Orchester schwungvollen Tanzimpuls ebenso wie heroischen Aplomb. Große Stringenz erhielten die dynamischen Entwicklungen, bei denen sich die aufgestauten Energien wunderbar entladen konnten.

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