Neustadt Goldener Familienbetrieb Sitzball

HASSLOCH. Die Schwestern Sarah und Elena Roßmer sind Deutsche Meisterinnen im Sitzball. Zu dieser besonderen Sportart sind sie durch ihren Vater Ulrich gekommen: Der 52-jährige Rekordnationalspieler und mehrfache Europameister hat die Länderauswahlmannschaft der Damen 2005 gegründet und ist ihr Trainer.

Bei den Deutschen Sitzballmeisterschaft in Penzberg/Oberbayern war die Haßlocher „Sitzballer-Familie“ Roßmer mit beachtlichem Erfolg vertreten. Mit der Länderauswahlmannschaft der Damen, die von Ulrich Roßmer 2005 im Auftrag des Behinderten- und Rehabilitationssport-Verbands Rheinland-Pfalz (BSV) gegründet wurde und vom ihm trainiert wird, sicherten sich seine Töchter Sarah und Elena die Goldmedaille. Vater Roßmer trainiert auch die Jugend seines Muttervereins BSV Ludwigshafen und spielt selbst noch bei wichtigen Turnieren mit. Der 52-jährige Bankkaufmann hatte als Grundschüler bei einem Unfall ein Bein verloren. Bei der DM holte er sich bei den Herren eine Bronzemedaille, „die eigentlich Gold werden sollte“. Roßmer, der als 14-Jähriger seinen Sport kennenlernte, ist seit 1979 Nationalspieler und stolz auf seine beiden Töchter: Sarah, 24 Jahre und Medizinstudentin, sowie die 20-jährige Elena, die Erziehungswissenschaft studiert, können auch schon auf beachtliche Erfolge zurückblicken: 2005 wurde die neu gegründete Damen-Auswahl mit Sarah sofort Vizemeister. „Und jetzt waren wir 2011 und 2012 Dritte, dann Zweite im Jahr 2013 und 2014 haben wir gewonnen – das zeigt doch, wie es weitergehen soll“, ergänzt ihr Vater schmunzelnd. Von 150 Mannschaften bundesweit seien „acht, maximal zehn“ in Rheinland-Pfalz beheimatet, so Ulrich Roßmer. Deswegen habe man sich damals auch entschlossen, eine Länderauswahlmannschaft bei den Damen zu gründen: „Früher gab es ohnehin nicht viele Frauen in diesem Sport, weil er ja ursprünglich für Kriegsversehrte entwickelt wurde“, erklärt Roßmer. Mittlerweile habe sich die Beteiligung von Frauen erhöht. Paralympisch ist Sitzball allerdings bis heute nicht. Ulrich Roßmer erklärt, dass mit Sitzvolleyball „bereits eine ähnliche Disziplin vertreten“ sei. „Unser Sport ist der dynamischere“, finden auch Sarah und Elena. Die Roßmer-Töchter kamen beide mit Skoliose zur Welt, einer seitlichen Abweichung der Wirbelsäule, die sie allerdings im Alltag nicht merklich beeinträchtigt, wie sie sagen. Sarah, deren Freund Dominik Seitz in der Herren-Nationalmannschaft Sitzball spielt, muss außerdem mit Belastungsasthma klarkommen. Beide Spielerinnen sind aber froh über ihren engagierten Vater, der sich auch durch sein Handicap nie die Motivation verderben ließ, als Sportler aktiv zu sein. „Meine Fußballkarriere war natürlich früh vorbei“, scherzt der gebürtige Ludwigshafener, der bereits über 250 Länderspiele als Sitzballer absolviert hat. „Aber ich wollte trotzdem mit meinen Freunden anspruchsvollen Sport machen.“ Auch gegen „Zweibeiner“, wie Sitzballer nicht beeinträchtigte Mitspieler gern scherzhaft nennen, geht es im Wettkampf rund: „Bei zu vielen Beinen auf dem Spielfeld kann es schon mal zu Verknotungen kommen“, meint Tochter Elena. Denn den Reflex zu unterdrücken, einfach mal hochzuspringen, um noch schnell an einen hohen Ball zu gelangen, will erst gelernt sein. Gegen Druckstellen am Gesäß helfen spezielle, gepolsterte Sitzball-Hosen. Mit handelsüblichen Schonern werden Knie und Schienbeine geschützt. Einmal pro Woche trainiert die Damen-Länderauswahl beim BSV Ludwigshafen in der Mosaikschule. Der Verein selbst habe zurzeit 18 Spieler zwischen 17 und 77 Jahren, sagt Ulrich Roßmer. Ehefrau Gabriele spielt zwar nicht, unterstützt aber bei allen Wettkämpfen. „Ich bin eine echte Schlachtenbummlerin“, sagt sie über ihre Aufgabe im Sitzball-Familienbetrieb. Die nächste Gelegenheit zum Anfeuern wird das Länderpokalturnier im September sein, das die Frauen vor einem Jahr gewonnen haben.

x