Neustadt Gericht stärkt Ordnungsamt

Ein Neustadter Sportschütze, den das Ordnungsamt für „nicht zuverlässig“ hält, muss seine Waffenbesitzkarten abgeben. Der Mann war wegen Nötigung im Straßenverkehr rechtskräftig verurteilt worden. Im Gegensatz zum Stadtrechtsausschuss sieht das Verwaltungsgericht ausreichenden Anlass, um dem Mann die Karten zu entziehen. Wie berichtet, hatte das Ordnungsamt gegen den Neustadter vor etwas mehr als einem Jahr eine sogenannte waffenrechtliche Verfügung erlassen: Wegen eines Strafbefehls wegen Nötigung im Straßenverkehr sei er im Sinn des Waffenrechts unzuverlässig und dürfe keine Waffen mehr besitzen. Dagegen hatte der Mann Widerspruch eingelegt. Ende 2017 hatte ihm der Stadtrechtsausschuss Recht gegeben und damit die Entscheidung des Ordnungsamts aufgehoben. Das wollte Neustadts Ordnungsdezernent Georg Krist nicht akzeptieren und bat die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), eine Beanstandungsklage beim Verwaltungsgericht einzureichen, was diese tat. Von einem Waffenbesitzer sei zu erwarten, dass er sich „in jeder Weise rechtsgetreu“ verhalte, sagte die ADD-Vertreterin bei der Gerichtsverhandlung. Und das sei bei dem Mann wegen des Strafbefehls nicht der Fall. Daher müsse die Entscheidung des Stadtrechtsausschusses aufgehoben werden. Das Waffenrecht sieht vor, dass der Inhaber einer Waffenbesitzkarte als unzuverlässig eingestuft werden kann, wenn er wegen einer Straftat zu mindestens 60 Tagessätzen verurteilt worden ist. Das trifft in diesem Fall zu: Vom Amtsgericht Landau hat der 47-jährige Sportschütze 60 Tagessätze à 40 Euro wegen Nötigung im Straßenverkehr aufgebrummt bekommen. Er soll mit seinem Fahrzeug in der Südpfalz einen anderen Verkehrsteilnehmer, über den er sich geärgert habe, überholt und ausgebremst haben. Allerdings hatte der Mann vor dem Stadtrechtsausschuss bestritten, dass er das Auto gefahren habe. Das wiederholte er vor dem Verwaltungsgericht: Er besitze drei Autos, das besagte Fahrzeug sei ein Kombi, den er oft verliehen habe. Er wisse nicht mehr, wer das Auto an diesem Tag gefahren habe – er selbst sei es jedenfalls nicht gewesen, da er mit seiner Frau anlässlich ihres Hochzeitstags mit seinem Cabrio unterwegs gewesen sei. Auf Nachfragen, ob er denn wirklich nicht wisse, wer gefahren sei, oder ob er nur jemanden schützen wolle, beharrte der 47-Jährige auf seiner Aussage: „Mir war das immer wurscht, wer damit fährt, ich bin halt großzügig.“ Es könne fast jeder aus dem Schützenverein gewesen sein, da kämen über 100 Leute in Frage. Inzwischen sei er wegen der Sache aber vorsichtiger und verleihe sein Auto nicht mehr einfach so. Warum er damals gegen den Strafbefehl keinen Einspruch eingelegt habe, fragte die Richterin. Er habe einen Einspruch per Fax an seinen Anwalt geschickt – das Schreiben sei jedoch nie angekommen. „Unser Fax ist so alt, wir bekommen keine Empfangsbestätigung“, meinte der Mann. Dass es nicht funktioniert habe, sei ihm erst klar geworden, als die Widerspruchsfrist verstrichen gewesen sei. Bei seiner Entscheidung, dem Mann die Waffenbesitzkarten zu entziehen, hatte sich das Ordnungsamt noch auf zwei weitere Fälle berufen: Der Mann habe sich 2013 mit einem Lkw-Fahrer geprügelt, der vor seinem Haus geparkt habe, und er habe sich auch wegen eines angeblichen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz verantworten müssen. Im ersten Fall hatten aber Zeugen bestätigt, dass der 47-Jährige von dem Lkw-Fahrer verprügelt worden sei und nicht umgekehrt. Er hatte in einem Zivilverfahren auch Schmerzensgeld zugesprochen bekommen. Und im zweiten Fall wurde das Verfahren eingestellt. Beide Sachen dürften also nicht zu seinen Ungunsten angeführt werden, sagte der Mann – das sah Ende 2016 auch der Stadtrechtsausschuss so, und das Verwaltungsgericht schließt sich dieser Sichtweise ebenfalls an. Ihrer Ansicht nach komme es auf die beiden Fälle auch gar nicht an, sagte ADD-Vertreterin Wierzejewski. Die Geldstrafe von 60 Tagessätzen habe Bestand, somit gehe es jetzt nur noch darum zu klären, ob die im Waffenrecht verankerte Regel, dass ihm deshalb die Waffenbesitzkarten entzogen werden können, nun greife oder ob genug Gründe für eine Ausnahme vorlägen. 60 Tagessätze seien eine Strafe im mittleren Bereich „und nicht mehr untergeordnet“, sagte die Richterin: „Es sollten nur Menschen Waffen in der Hand haben, die nicht mit dem Strafrecht in Konflikt kommen“, betonte sie. Anhaltspunkte dafür, dass die Verurteilung auf einem offensichtlichen Irrtum beruhe, sah die Richterin nicht. Es sei aber auch nicht Aufgabe der Stadtverwaltung, den strafrechtlich relevanten Vorgang nachträglich zu beurteilen. Der Stadtrechtsausschuss sei anderer Meinung gewesen als die Behörde, das sei legitim. Sie und ihre beiden Beisitzerinnen schlossen sich aber der Ansicht des Ordnungsamts an – somit muss der Mann seine Waffenbesitzkarten abgeben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Sportschütze kann Berufung beim Oberverwaltungsgericht Koblenz beantragen. Ob er diesen Schritt gehe, sei noch offen, so sein Anwalt. Er bezeichnete das Urteil zudem als kurios. Denn: Nach wie vor besitze sein Mandant nun eine sprengstoffrechtliche Erlaubnis, um Munition herzustellen. Die ADD habe vergessen, auch gegen diese Entscheidung des Stadtrechtsausschuss vorzugehen.

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