Neustadt Geld sichern, Wiesen kaufen
Neustadt. Wenn Leute ihren Abend mit der Europäischen Zentralbank (EZB), dem Bruttoinlandsprodukt und der Staatsverschuldung verbringen, sind sie entweder Finanzexperten – oder Laien, die Angst vor einem Zusammenbruch des Finanzsystems haben, und folglich um ihren eigenen Besitz. Beide Parteien kamen am Donnerstag in der Neustadter Buchhandlung Osiander zusammen. Matthias Weik stellte seinen gemeinsam mit Marc Friedrich verfassten Bestseller „Der Crash ist die Lösung – Warum der finale Kollaps kommt und wie Sie Ihr Vermögen retten“ vor.
Um es vorweg zu sagen: Der Ökonom gab dem vorwiegend älteren Publikum im voll besetzten Haus einige Anregungen zur Vermögenssicherung. Ein Patentrezept hatte er aber nicht parat. Sind die Renten sicher? Und: „Wie geht’s mit dem bisschen Geld weiter, das ich gespart habe?“ Diese Fragen sind für eine Seniorin im Publikum der Grund für ihr Kommen. Doch Weik hat sich diesen Punkt für den Schluss der Veranstaltung aufgehoben. „Wenn ich das am Anfang mache, ist danach niemand mehr da“, begründet er den Aufbau seiner Präsentation. Die ist alles andere als eine klassische Lesung, beginnt stattdessen mit der vollen Zahlendröhnung. Und die erzeugt, untermalt von Charts und Bildern, immer mehr wohlkalkulierte Zukunftsangst bei den Zuhörern. Weik zelebriert geradezu genüsslich sein Horrorszenario vom kompletten Finanz-Zusammenbruch, bombardiert sein Publikum mit in diesem Moment natürlich nicht nachprüfbaren Fakten, mit Furcht schürenden Schlagwörtern wie „Finanzdiktatur“, „Enteignung“ oder „Goldverbot“. Und er scheut auch vor der größten Horrorvokabel für alle nicht zurück: „Währungsreform“. Weik erklärt nicht alle Fachbegriffe. Stattdessen fallen plakative Formulierungen wie „Die Banken sind das System“, „Schulden werden mit Schulden bezahlt“ oder „Gewinne werden privatisiert, Verluste sozialisiert“. Dabei beteuert Crash-Prophet Weik gebetsmühlenartig, dass er die komplexen wirtschaftlichen Zusammenhänge „für alle Zielgruppen“ transparent machen und auch „kein primitives Bankerbashing“ betreiben will. Wohl jeder, der hier sitzt, hat angesichts von Euro-Rettungsschirmen, wachsender Staatsverschuldung und Gelddruck-Aktionen der EZB das unangenehme Bauchgefühl, dass das Geldsystem irgendwie nicht mehr so vertrauenswürdig ist wie einstmals gedacht. Mancher hat sich da auch schon eingelesen, wie der Herr aus Reihe eins, der mit seinen eloquenten Ausführungen dem Referenten zur Erheiterung des Publikums beinahe das Heft aus der Hand zu nehmen droht. Weiks These zum Zusammenbruch: Der finale Kollaps wird tatsächlich kommen, weil die wahre Ursache der Krise nicht beseitigt wurde, nämlich die Finanzindustrie und das exponentielle Geldsystem mit Zins und Zinseszins selbst. „Wir alle haften für das, was Mutti und der Schäuble auf den Bierdeckel schreiben.“ Weiks Fazit: Alle Maßnahmen zur Banken-, Länder- und Eurorettung laufen auf volkswirtschaftliche Schadensmaximierung hinaus, eine Enteignung der Bürger für den Fall der Fälle sei längst vorbereitet und laufe bereits mit der Niedrigzinspolitik. Portugal, Spanien, Griechenland, Zypern, Italien, ja sogar Irland und Frankreich, stünden am Abgrund, die USA seien faktisch pleite. „Und was macht der Deutsche? Er rennt in völlig überteuerte Immobilien, die er sich nicht leisten kann, auf Pump“, kritisiert Weik. Seine Prognose: „Die werden uns komplett ausziehen.“ Seine Tipps zur Vermögensrettung: „Rein in die Sachwerte und keine Schulden machen.“ Wichtig sei auch die Diversifikation. „Maximal ein Drittel in eine Anlageform“, rät der Vermögensberater. Edelmetalle seien nur sinnvoll als Beimischung. „Gold ist so etwas wie Ihre Lebensversicherung“, so Weik. Weitere Vorschläge: eine Solaranlage aufs eigene Dach sowie Wald, Ackerland und Wiesen kaufen. „Soll man sich sein Bankguthaben jetzt ausbezahlen lassen?“, will eine Zuhörerin wissen. Weik nickt. „Sonst gehört es der Bank“, erklärt er. „Und wenn die Bank pleite geht, sind meine Schulden dann weg?“ Gelächter im Publikum. Am Ende hat sich die von einer Osiander-Mitarbeiterin in der Begrüßung geäußerte Hoffnung, Weik möge den Zuhörern „die Ängste nehmen, die wir alle haben“, nicht erfüllt. Das Gegenteil ist der Fall. Fakt ist aber auch: Niemand kann wirklich in die Zukunft sehen. Zwei Dinge hat der Crash-Prophet erreicht: Er hat seine Zuhörer stärker für Finanzfragen sensibilisiert – und den Verkauf seines Buchs angekurbelt.