Neustadt Endgültiges Aus für die Frühlingsakademie

Ein Bild aus besseren Tagen: Abschlusskonzert im Herrenhof Mußbach mit der Solistin Hannah Müller.
Ein Bild aus besseren Tagen: Abschlusskonzert im Herrenhof Mußbach mit der Solistin Hannah Müller.

Im Rahmen der letzten Mitgliederversammlung des Fördervereins „Frühlingsakademie für Streicher e. V.“ wurde die Auflösung des Vereins und der von ihm organisierten Frühlingsakademie beschlossen. Damit geht eine zwanzigjährige Ära zu Ende, die erheblich zum Ruf Neustadts als „Stadt der Meisterkurse“ beitrug.

„Einer der Hauptgründe für die Auflösung des Vereins und die Fortsetzung des Meisterkurses liegt schlichtweg darin, dass es uns nach dem Weggang unseres 1. Vorsitzenden Florian Weisser nicht gelungen ist, einen Nachfolger zu finden, der die organisatorische Arbeit übernimmt“, erläutert Jörg Sebastian Schmidt. Der Vater des Akademieleiters Sebastian Schmidt, weithin bekannt als Primarius des Mandelring Quartetts, hatte diese Aufgabe in den letzten drei Jahre interimsweise übernommen. Ein Kandidat hatte zwar bereits fest zugesagt, sei aber schließlich aus privaten Gründen überraschend abgesprungen, so Schmidt, der darüber hinaus mit Bedauern feststellen musste, dass der Förderverein über die Jahre hinweg unter Mitgliederschwund litt und an Fahrt verlor. Neue Mitglieder zu gewinnen sei schwer und solche, die sich darüber hinaus ehrenamtlich an der organisatorischen Arbeit beteiligen, noch schwerer, bemerkt Schmidt zu einer allgemeinen Tendenz, unter der zurzeit viele Vereine leiden.

Die letzte Akademie stand unter keinem guten Stern

Unabhängig davon stand die letzte Frühlingsakademie auch aus anderen Gründen unter keinem guten Stern, handelte es sich dabei doch um eine der letzten großen kulturellen Veranstaltungen in Neustadt im Coronajahr 2020, die zwar unter Biegen und Brechen noch unterrichtstechnisch (fast) komplett durchgeführt werden konnte, aber auf ihre Konzerte verzichten musste, denn mitten im Kurs erteilte die Stadt das Verbot für das abschließende Wettbewerbskonzert, dem auch die in früheren Jahren neben den Abschlusskonzerten üblichen Schülerkonzerte zum Opfer fielen.

Als äußerst problematisch entpuppte sich zudem die Suche nach neuen Räumlichkeiten zur Durchführung des zuletzt von 19 Meisterschüler/innen besuchten Kurses. Nachdem sich die Unterrichtssituation im Herrenhof mit den Jahren zunehmend verschlechterte und zuletzt nicht mehr genügend Überäume zur Verfügung standen, sah man sich gezwungen, eine neue Location zu finden. Schließlich erwies sich auch das Kloster Neustadt nach hoffnungsvollen Anfängen als kompliziert, wie sich Jörg Schmidt im Nachhinein erinnert. Grundsätzlich sei es in Neustadt sehr schwer, einen geeigneten Ort für die Umsetzung eines Meisterkurses zu finden, erklärt Schmidt. „So signalisierte man uns im Kloster Neustadt, dass wir den großen Saal nicht nutzen dürfen, da dieser den Hotelgästen vorbehalten sei, wozu unsere Kursteilnehmer/innen, die wir traditionell immer privat untergebracht hatten, nicht zählten“.

Zu viel Organisation für den künstlerischen Leiter

Zuletzt sah sich auch Sebastian Schmidt, der zusammen mit seinem Vater neben seiner eigentlichen künstlerischen Arbeit zahlreiche organisatorische Aufgaben übernahm, überfordert. „Ich bedauere das Ende der Frühlingsakademie sehr, aber zuletzt konnte ich die Sache aufgrund meiner zahlreichen anderen Verpflichtungen wie meinem Lehrauftrag in Hamburg und natürlich meiner Arbeit mit dem Mandelring Quartett nicht mehr stemmen“. Er, der normalerweise als Dozent zu Meisterkursen bestellt wird und sich dabei ganz auf seine Schüler/innen und Schüler konzentrieren kann, weiß, was es bedeutet, wenn man sich als Künstler gleichzeitig um vergleichsweise banale Dinge wie Schlüssel wegbringen, Unterkünfte besorgen, um Veranstaltungsorte bis hin zum Auf und Abbau der Schallisolierung und so weiter kümmern muss und wenn es an Leuten fehlt, die einem den Rücken freihalten. „Nachdem der Förderverein im Laufe der Jahre immer mehr geschrumpft ist und kaum mehr neue Mitglieder nachgerückt sind, hing schließlich fast alles nur noch an mir und meinem Vater“, begründet Sebastian Schmidt seine Entscheidung zur Aufgabe.

Auch sei es in den letzten Jahren immer schwerer geworden, an Zuschüsse und Fördergelder zur Finanzierung des Projekts zu gelangen, resümiert Sebastian Schmidt abschließend.

Zur Historie der Frühlingsakademie

Auf Initiative des damaligen Kulturdezernenten Lutz Frisch und des einstigen Oberbürgermeisters Dieter Ohnesorge wurde der Förderverein im Februar 2002 gegründet. Das damals unter „Internationaler Meisterkurs für Violine“ firmierende und von dem armenischen Geiger Gratchia Arutunjan geleitete Unternehmen ging erstmals im August 2002 über die Bühne und hatte von Anfang zum Ziel, begabte junge Musikerinnen und Musikern zu unterstützen und gleichzeitig das Kulturleben mit parallel dazu stattfindenden Meisterschülerkonzerten und Fachvorträgen zu bereichern. Im Jahre 2006 übernahm der in Neustadt aufgewachsene Violinvirtuose Ulf Hoelscher das Amt, welches er 2011 an seinen ehemaligen Schüler Sebastian Schmidt übertrug. Mit der Hinzunahme eines Meisterkurses für Viola, den Sebastian Schmidts langjähriger Quartett-Mitstreiter Roland Glassl übernahm, nannte sich der Kurs in „Frühlingsakademie für Streicher“ um. Nach 20 Jahren erfolgte am 28. September die Auflösung des Vereins und damit das endgültige Aus für die Frühlingsakademie.

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