Neustadt Elsässisch versteht man überall
Der elsässische Dialekt macht eine Verständigung in Frankreich wie in Deutschland möglich. Aber Elsässisch ist eine aussterbende Sprache. Sie wird von 59 Prozent der Rentner und nur einem Viertel der Schüler und Jugendlichen gesprochen. Das ist ein Ergebnis des interdisziplinären Projektes „Grenzland“ von Studenten der Geografie und Architektur am Karlsruher Institut für Technologie (KIT).
Das Publikum der Präsentation im Alten Zollhaus forderte vor allem der Punkt „Sprache“ zu Diskussionen heraus. An den Zahlen der Studie zeige sich ein Generationenproblem, so die Teilnehmer. In den Familien werde der Dialekt nicht mehr weiter gegeben, stellten die Studenten in ihrer Studie fest. Darüber hinaus dominiere Englisch als Weltsprache. Dazu gehen sogar die Meinungen innerhalb des seit 2008 bestehenden Eurodistricts Pamina auseinander: Während in der Pfalz und im Nordelsass jeweils die Sprache des Nachbarn in die bilinguale Bildung einfließt, habe sich die Region Mittlerer Oberrhein für Englisch als Zweitsprache entschieden. Sehr unterschiedlich ist das Angebot der Sprachausbildung an den Schulen. In Frankreich beginne die zweisprachige Erziehung bereits in der Kindertagesstätte und setze sich in der Grundschule fort. Immerhin, 84 Prozent der Pendler aus Frankreich sprechen deutsch. Bei den in Lauterbourg lebenden deutschen Pendlern seien 67 Prozent bilingual. Ein ähnliches Bild zeigte die Erhebung zur mehrsprachigen Erziehung. Während gut die Hälfte der Pendler aus Frankreich ihre Kinder mehrsprachig erziehen, tun das nur 41 Prozent der deutschen Pendler. Insgesamt gesehen erfahren die Kinder von 84 Prozent der Franzosen eine mehrsprachige Bildung. „Die sprachlichen Möglichkeiten des Grenzlandes sind sehr hoch, werden aber weniger genutzt“, heißt es in der Studie. Das werde vor allem in einem Punkt deutlich: Wer in Deutschland arbeiten will, muss die Sprache beherrschen. Einfache Tätigkeiten, für die ein paar Worte ausreichen, gebe es immer weniger. Geografie-Student Matthias Bogner stellte drei „Ebenen der Identität“ der elsässischen Bevölkerung vor. Darin spiegelt sich die bedeutende Rolle der Sprache anschaulich wider: 32 Prozent der Befragten in Lauterbourg sehen sich als Elsässer. Nur je ein Viertel fühlt sich als Europäer beziehungsweise Franzosen. Gleichzeitig sprechen die meisten Franzosen auch elsässisch. Die Deutschen, die in Lauterbourg leben sähen sich in gleichem Maße als Europäer. In Frankreich gilt Elsässisch übrigens nicht als Dialekt, sondern als Regionalsprache. Seit 2003 gibt es sogar eine standardisierte Schreibweise, die Orthal genannt wird. (mldh)