Über den Kirchturm hinaus Eine unbequeme Frage

Peter Nirmaier
Peter Nirmaier

Über die Verantwortung, selbst hinzusehen und hinzuhören, wenn andere leiden.

Jetzt ist er da, der nächste Missbrauchsbericht aus einem Bistum, dieses Mal aus Mainz. Wieder einmal zeigt sich, wie Bistumsleitungen versagt haben, mehr die Täter als die Opfer geschützt haben. Man hatte nicht genug auf dem Schirm, was Kindern da angetan wurde. Man interessierte sich oft auch nicht dafür, welches unsägliche Leid da verursacht wurde.

Inzwischen frage ich mich auch manchmal selbst: Wovor machst du Augen, Ohren und Herz zu, was dann mit dem Leid anderer Menschen verbunden ist? Das ist ja nicht nur die Gefahr damals und heute bei den Bistumsleitungen, sie zieht sich durch die ganze Menschheitsgeschichte und jedes Menschenleben. Augen, Ohren und Herz zu verschließen, damit mein Ansehen gewahrt bleibt, mein Lebensstandard erhalten bleibt, ich in Ruhe und Frieden leben kann – und das auf Kosten anderer. Derzeit auf Kosten der Hungernden, der Armen, der Flüchtlinge, der Frauen und Kinder sowie derer, die mit den Folgen des Klimawandels leben müssen.

Ich weiß, das ist keine einfache Frage, und sie ist auch nicht leicht auszuhalten. Da ist es viel leichter, (nur) mit dem Finger auf andere zu zeigen. Und der Verstand ist auch schnell dabei, Gründe zu finden, warum ich so denke, rede und handle. Intelligente Menschen sind da besonders gefährdet. Was wurde (scheinbar) nicht alles schon vom Verstand her gerechtfertigt!

Das soll keine Rechtfertigung des Geschehenen in meiner Kirche sein. Das ist nicht zu rechtfertigen. Genauso wie ich für das Meinige verantwortlich bin. Die Fastenzeit ist für mich so eine Zeit, mich dieser Frage zu stellen, aber nicht nur diese Zeit. Eine gewaltige Herausforderung …

Der Autor

Peter Nirmaier ist 65 Jahre alt und Pfarrer in Maikammer

.

x