Neustadt Drei Absturzstellen lokalisiert
Seit 25 Jahren arbeiten Uwe Benkel aus Heltersberg und seine Mitstreiter daran, die Schicksale von im Zweiten Weltkrieg abgestürzten Piloten und Besatzungen zu klären. Dazu hat die „Arbeitsgruppe Vermisstenforschung“ über 400 Absturzstellen von verschollenen Flugzeugen lokalisiert, 40 allein in der Pfalz. Nach 140 Wracks wurde gegraben, dabei wurden sterbliche Überreste von 45 Soldaten gefunden. Auch 70 Jahre später kann es für Nachkommen ein tröstlicher Gedanke sein, dass der im Krieg ums Leben gekommene Angehörige eine Grabstätte bekommt: „Opfern einen Namen geben“ – das treibt die Vermisstenforscher an. Wie am 7. März und 4. April berichtet, gehen sie auch in Haßloch auf Spurensuche – und Peter Berkel aus Schifferstadt, der für unsere Region zuständige Aktive der Arbeitsgruppe, ist optimistisch, dass Teile mindestens eines Flugzeugwracks gefunden werden. Denn nach den beiden Berichten in der RHEINPFALZ haben sich bei ihm zahlreiche Zeit- und Augenzeugen gemeldet, die wertvolle Hinweise auf mögliche Absturzstellen von Flugzeugen in der Nähe von Haßloch gegeben haben. Derzeit wertet Berkel die Angaben aus – und er erhofft sich weitere Informationen aus einer Reihe von Gesprächen mit Zeugen, die noch ausstehen. Klar ist für ihn aber jetzt schon: Die Hinweise haben Licht ins Dunkel gebracht. So sind sich die Vermisstenforscher sicher, an welcher Stelle am 28. August 1943 ein deutscher Nachtjäger vom Typ Messerschmitt (Me) Bf 110 abgestürzt ist. Bei einem Luftkampf über Ludwigshafen war die Maschine in Brand geschossen worden und wenig später bei Haßloch heruntergekommen. An Bord des zweimotorigen Flugzeugs, das zur 6. Staffel des im Stuttgarter Raum stationierten Nachtjagdgeschwaders gehörte, hatten sich drei Besatzungsmitglieder befunden, von denen sich zwei mit Fallschirmen hatten retten können. „Aufgrund der Hinweise können wir die Absturzstelle relativ genau eingrenzen“, sagte Berkel im Gespräch mit der RHEINPFALZ: Zwischen dem Ortsrand und dem Badepark, links vom Lachener Weg, dürfte die Maschine aufgeschlagen sein. Dort befindet sich heute ein Ackergelände, das Mitglieder der Arbeitsgruppe mit Metalldetektoren bereits oberflächlich sondiert haben. Ausschläge und Signale haben laut Berkel angezeigt, dass sich im Boden Metallteile befinden: Für die Experten ein klarer Hinweis darauf, dass sich mit hoher Wahrscheinlichkeit an jenem 28. August 1943 die Me 110 tief ins Erdreich gebohrt hat. Die Arbeitsgruppe will nun den Eigentümer des Geländes ausfindig machen, denn dessen Einverständnis ist Voraussetzung für weitere Untersuchungen. Berkel hofft, dass die Suche nach dem Wrack beginnen kann, sobald das Feld abgeerntet ist. Doch einfach wäre das nicht: „Die Me 110 kann einige Meter tief im Boden stecken“, weiß Berkel aus Erfahrung. Auch im Falle des Absturzes eines amerikanischen B 17-Bombers zwischen Haßloch und Speyerdorf sind die Vermisstenforscher dank vieler Hinweise einen großen Schritt weitergekommen. Wie am 4. April berichtet, hatte der Haßlocher Roland Bub jahrzehntelang ein besonderes Zeitzeugnis jenes Ereignisses vom 9. September 1944 aufbewahrt: eine Uhr ohne Zifferblatt und mit Brandspuren sowie der Namensgravur „Donal Laird“. Dieser US-Sergeant hatte sie getragen, als die Maschine bei einem Einsatz über Ludwigshafen getroffen und schließlich in der Nähe von Haßloch abgestürzt war. Fast die ganze Crew der zur 91. Bomberstaffel, 323. Schwadron, gehörenden B 17 hatte an jenem 9. September 1944 ihren ersten Einsatz geflogen. Alle neun Männer, darunter Sergeant Laird, kamen bei dem Absturz ums Leben. Aus den Zeugenhinweisen hat sich laut Berkel ergeben, dass der „Fliegende Festung“ genannte Bomber wohl den Flugplatz Lachen-Speyerdorf zu einer Notlandung ansteuerte, dort aber von der deutschen Luftabwehr unter Beschuss genommen wurde und abstürzte. Berkel geht nicht davon aus, dass heute noch Wrackteile auf dem Flugplatzgelände oder in der Nähe zu finden sind. Wie berichtet, steht die Arbeitsgruppe Vermisstenforschung mit der Familie von Donal Laird in Kontakt. Und Roland Bub hat bereits zugesagt, den Angehörigen die Uhr wieder zu überlassen. Bei vielen Zeitzeugen, die damals noch Kinder waren, ist ein weiterer Flugzeugabsturz in lebhafter Erinnerung geblieben. Zu einem noch unbekannten Zeitpunkt, vermutlich aber eher in den Anfangsjahren des Kriegs, kam in der Nähe des Erbsengrabens zwischen Haßloch und Speyerdorf eine Maschine herunter, die offenbar noch relativ intakt war; Rumpf und Tragflächen sollen noch vorhanden gewesen sein. Das ist für Berkel ein Indiz dafür, dass das Flugzeug nicht abgestürzt ist, sondern der Pilot eine Notlandung versuchte. Die Besatzung war nach den Schilderungen bis auf einen verletzten Soldaten in der Heckschützenkanzel verschwunden. Die Wrackforscher waren zunächst davon ausgegangen, dass es sich bei dem Flugzeug um den erwähnten B 17-Bomber handelte. Aus den Angaben der Zeugen ging jedoch hervor, dass Stabbrandbomben an Bord waren, die nicht von der US-Luftwaffe eingesetzt wurden, sondern von der britischen Royal Air Force. Zudem soll die Maschine mit Holzboden ausgestattet gewesen sein: „Da war für mich klar: Das war eine Lancaster.“ Die viermotorige Maschine war der bekannteste Bomber der britischen Streitkräfte. Berkel glaubt die Absturzstelle anhand der Angaben relativ genau lokalisieren zu können.