Neustadt Digitale Umkleidekabine kein Patentrezept
Einige Hausaufgaben hat der rheinland-pfälzische Wirtschafts- und Verkehrsminister Volker Wissing gestern mit nach Mainz genommen: In einer von der FDP Neustadt organisierten Runde diskutierte der FDP-Politiker mit Vertretern der Willkomm im Scheffelhaus. Dabei wurde Wissing vermutlich auch klar, dass zumindest bei der Digitalisierung nicht alles so funktioniert, wie er es sich erhofft.
Auch wenn der Wahlsonntag 26. Mai vor der Tür steht: Neustadts FDP-Chef Matthias Frey wollte den Besuch Wissings und seines Staatssekretärs Andy Becht nicht als reinen Wahlkampftermin verstanden wissen. Daher hatte er von der Willkomm Sabine Omlor, Inhaberin der Boutique „Laufsteg“ in der Kellereistraße, Silvia Dumont vom Sport-Corner in der Friedrichstraße und den Geschäftsführer der Hambacher Schloss-Kellerei, Martin Laible, eingeladen. Indes hatte auch sein Parteifreund, der Winzer Steffen Christmann, als früherer Aufsichtsratsvorsitzender der Tourist, Kongress und Saalbau (TKS) GmbH Vorschläge für die Landespolitik parat. Das Thema lautete, man ahnt es: Innenstadt-Entwicklung. Wie verändert sich der Handel überhaupt, so eine Frage, die Wissing mit Blick auf die große Konkurrenz durch den Online-Handel aufwarf. Die fortschreitende Digitalisierung könnte aber auch eine Chance gerade für kleinere Geschäfte bieten. Das Stichwort laute virtuelle Umkleidekabinen: So könnte der Kunde auch auf kleinem Raum das Gesamtsortiment eines Anbieters anprobieren, statt Standorte mit einem größeren Direktangebot anzusteuern. Die Online-Konkurrenz könnte eingedämmt werden, wenn ein fairer Wettbewerb vorgeschrieben würde, machten Omlor und Dumont klar. Portofreie Retouren – das gehe gar nicht. Die virtuellen Umkleidekabinen hat Dumont bereits in Berlin unter die Lupe genommen: Zum einen sei das noch sehr teuer, zum anderen werde es von jenen Kunden, die ein Einkaufserlebnis wollten, nicht angenommen. Denn virtuell anprobieren könnten sie auch zu Hause. „Und wenn das schon in Berlin nicht geht, wie soll es dann in Neustadt funktionieren“, fragte sie den Minister. Die Standards der rheinland-pfälzischen Gaststättenverordnung, vor allem, was die Toiletten angeht, beschäftigen Steffen Christmann seit seiner TKS-Zeit. In Neustadts Altstadt mit engen Räumen seien diese kaum umsetzbar und hätten schon manchesmal das Aus für kleine Weinhändler und Bistros mit Ausschank – zuletzt die Weinhandlung „Rohstoff“ – bedeutet. In Hessen sei das anders – Wissing sagte zu, die dortigen Regelungen zu prüfen. Wenig Hoffnung machte er indes beim Brandschutz: Eine von ihm eingesetzte Arbeitsgruppe mit Gastronomen, Touristikern und anderen Betroffenen sollte die Vorschriften prüfen und Standards abbauen. Letztlich habe die Gruppe auf nichts verzichten wollen. Einig waren sich Willkomm-Vertreter, Minister und die Neustadter FDP darin, dass das Parken in der Innenstadt immer ein Thema bleiben wird. Das Auto werde nicht an Bedeutung verlieren, auch wenn Radwege ausgebaut werden und andere Möglichkeiten kämen, Stichwort E-Tretroller, so Wissing. Die Politik könne den Menschen keine Mobilitätsvorschriften machen. Daher habe sein Ministerium keine Präferenzen, alle Verkehrsarten seien gleich wichtig. Neben weiteren Parkhäusern sei es wichtig, eine große Parkfläche analog zum Landauer Messeplatz anzulegen, unterstrich Omlor. Am besten im Westen nahe des Bahnhofs, um die Menschen in die obere Hauptstraße zu lenken. Wochenspiegel