Neustadt Die Sache mit den Autogrammen

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Neustadt. Arno Zensen kann sich noch gut an den Ausflug der DTM im Jahr 1995 nach Helsinki erinnern. Keke Rosberg, Gründer des Rennteams Rosberg in Neustadt, fuhr noch selbst einen der beiden Opel Calibra. Bei seinen Landsleuten stand der Formel-1-Weltmeister des Jahres 1982 hoch im Kurs. Der Publikumsliebling musste, wenn er gerade nicht im Auto saß, ununterbrochen Autogramme schreiben. An seiner Seite hatte er damals seinen Sohn Nico dabei.

Auch der zehnjährige Blondschopf wurde um die eine oder andere Unterschrift gebeten. Nach kurzer Zeit, so erinnert sich Rosberg-Teamchef Zensen heute noch, sagte der Filius: „Wenn ich bedenke, dass ich mein ganzes Leben Autogramme schreiben muss, dann will ich nicht so bekannt werden wie mein Vater.“ Diese Chance ist vertan. Momentan ist Nico Rosberg, mittlerweile 31 Jahre alt, auf dem besten Weg, es seinem Vater gleichzutun und ebenfalls Formel-1-Weltmeister zu werden. Im Silberpfeil von Mercedes führt er drei Rennen vor Saisonschluss die Gesamtwertung an. Weit hinter sich hat der Junior seinen Vater bereits in der Statistik der Grand-Prix-Siege gelassen: 23 von Nico stehen lediglich fünf von Keke gegenüber. An jedem Formel-1-Wochenende drücken die Mitglieder des Teams Rosberg dem Junior ihres Chefs die Daumen. „Ich leide immer wie ein Hund“, verrät Arno Zensen. Vor allem in den ersten Runden nach einem Boxenstopp. „Wenn Nico die ersten zwei, drei Runden nach dem Reifenwechsel langsam fährt, ist es besonders schlimm“, gesteht Zensen. Um dann umgehend anzufügen: „Das macht er natürlich mit Bedacht, denn so schont er die Reifen am Anfang, dass sie hinten raus länger Leistung bringen.“ Während das Team Rosberg seit elf Jahren nur noch in der DTM tätig ist, war das Programm in den Jahren davor umfangreicher. Ein Grund dafür war Nico Rosberg. Als der Junior nach seinem Karrierestart im Kart 2002 in die Formel BMW wechselte, stellten Vater Keke und Teamchef Zensen eine entsprechende Mannschaft zusammen. Gemeinsam waren sie sehr erfolgreich. Nico Rosberg gewann neun von 20 Rennen und wurde überlegen Meister. Als Belohnung gab’s von BMW eine erste Testfahrt in einem Formel-1-Rennwagen des Williams-BMW-Teams. Im Jahr darauf stieg Nico Rosberg in die neu gegründete Formel-3-Euroserie auf. Und mit ihm das Team Rosberg. Oft war Rosberg zu dieser Zeit in Neustadt, zur Schule ging er aber in Monaco, wo er noch heute lebt. Übernachtet wurde in der Pfalz in Zensens Gästezimmer oder im Hotel, erinnert sich der Teamchef. Mit einem Sieg kam Rosberg damals lediglich auf den achten Platz in der Gesamtwertung. 2004, in seiner zweiten Formel-3-Saison, lief es besser. Und zwar von Anfang an. In Hockenheim gewann der Blondschopf die ersten beiden Rennen. Auf dem Nürburgring kam ein weiterer Erfolg dazu, so dass Rosberg die Saison auf Platz vier abschloss. Neben der Euroserie fuhr Nico Rosberg noch bei drei Formel-3-Sonderrennen. Beim Bahrain Superprix belegte er Platz zwei. Hinter Lewis Hamilton übrigens, seinem heutigen Teamkollegen bei Mercedes. Danach trennten sich die Wege des Rennfahrers Nico Rosberg und des Teams Rosberg. Über die GP2-Serie schaffte der Pilot 2006 den Sprung in die Formel 1. Der Kontakt zum Rennteam aus Neustadt ist jedoch nie abgebrochen. Zwei- bis dreimal im Jahr begegnet Arno Zensen seinem ehemaligen Fahrer, auch wenn der Vater einer Tochter in Monaco lebt. Diese Treffen finden allerdings nicht in Neustadt statt, sondern auf Ibiza, wenn der Teamchef den Teambesitzer Keke Rosberg besucht. Ansonsten beschränkt sich die Kommunikation auf die schriftliche Form. „Ich bekomme immer wieder Mails von Nico“, erzählt Arno Zensen, „daraus lese ich, dass er uns auch aus der Ferne aufmerksam beobachtet und ziemlich gut informiert ist.“ Möglicherweise tut der Rennfahrer, der neben Deutsch und Englisch auch noch Französisch, Italienisch und Spanisch, jedoch nicht Finnisch spricht, dies auch mit Blick auf seine eigene Zukunft. Schließlich wäre nach seiner Formel-1-Karriere ein Engagement im väterlichen Rennteam ein interessantes Betätigungsfeld. Als Arno Zensen nach dem DTM-Saisonfinale in Hockenheim, bei dem Rosberg-Fahrer Jamie Green seinen dritten Platz in der Endabrechnung bestätigt hat, sein Fazit aus Teamsicht zog, konnte er sich eine Bemerkung Richtung Nico Rosberg nicht verkneifen. „Hoffentlich macht es Nico besser“, sagte er. Doch Zensen ist optimistisch. „Nico hat in der Sommerpause unheimlich an sich gearbeitet, auch mit Hilfe eines Mentaltrainers.“ Danach konnte er vier von sechs Rennen gewinnen. Nicht nur deshalb sind seine Autogramme mittlerweile so begehrt wie die seines Vaters. Glücklich schätzen kann sich jedoch derjenige, der heute noch die Unterschrift des jungen Nico Rosberg aus dem Jahr 1995 hat ...

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