Neustadt Die Sache mit dem Gummi

René Rast und sein neuer, diesmal weißer Dienstwagen: Seine Startnummer 33 hat der Pilot des Neustadter Teams Rosberg behalten.
René Rast und sein neuer, diesmal weißer Dienstwagen: Seine Startnummer 33 hat der Pilot des Neustadter Teams Rosberg behalten. Er rechnet damit, dass die Reifen künftig im Rennen mehr leiden werden.

«Neustadt.» Wenn am Freitag um 13.10 Uhr die ersten DTM-Rennwagen zum freien Training in Hockenheim auf die Piste gehen, dann ist dies ein Neuanfang für die Tourenwagenserie. Statt eines alten Achtzylindermotors arbeitet nun ein modernes Vierzylindertriebwerk mit Turboaufladung unter der Motorhaube. Dieses Aggregat leistet etwa 620 PS. Das sind 100 PS mehr als bei den alten Motoren. Verantwortlich dafür ist das Class-one-Reglement, das nun gemeinsam in der DTM und in dem Super-GT-Championat in Japan angewandt wird. Gespannt geht auch das Team Rosberg in diese neue Ära. Wobei sich beim Neustadter Rennstall nichts Entscheidendes gegenüber dem vergangenen Jahr verändert hat. Vizemeister René Rast und Jamie Green sind nach wie vor die Piloten. Sie gehen in ihre dritte gemeinsame Saison. „Unser ultimatives Ziel ist es, das Maximale aus beiden Autos rauszuholen“, sagt Rast. „Wir würden am liebsten wieder um die Titel fahren“, sagt Teamchef Arno Zensen. „Auf alle Fälle wollen wir wieder bestes Audi-Team werden.“ Wenn am Ende der Saison nach dem letzten Rennen am 6. Oktober sogar ein Pokal für die Vitrine herausspränge, wäre er überglücklich. Es wäre das passende Präsent zum 25. Geburtstag, den der Rennstall aus Neustadt im Oktober feiert. Rast: Die Reifen neigen noch mehr zum Durchdrehen Voller Vorfreude sind die beiden Piloten. „Mehr Leistung bedeutet mehr Spaß“, sagt Rast. Dann wird der 31-Jährige ein wenig nachdenklich. „Bei der Leistung, die du jetzt mehr hast, neigen die Reifen noch mehr zum Durchdrehen“, berichtet er. „Denn wenn die Power auf einmal einsetzt, geht das Heck dramatisch weg.“ Nicht nur das. Auch wenn nur beschleunigt wird, leiden die Reifen. Denn DTM-Exklusivlieferant Hankook hat an der Gummimischung gegenüber dem vergangenen Jahr nichts geändert. „Die Karkasse bleibt gleich und die Mischung auch“, bestätigt Rast. „Da ist es doch klar, dass der Reifen mehr leidet. Daher glaube ich schon, dass die Reifen an der Hinterachse mehr einbrechen werden.“ Denn während in der vergangenen Saison die Reifen eher unterfordert waren, verspricht die Mehrbelastung spannendere Rennen. Zumindest wenn es Richtung Rennende zugeht. Deshalb wird im Umfeld spekuliert, ob statt des einen Pflichtboxenstopps künftig ein zweiter, freiwilliger eingelegt werden könnte. Dies hält Rasts Renningenieur Florian Rinkes für sehr unrealistisch. „Dazu fehlen uns die Reifen“, erklärt er. „Wir haben für die zwei Rennen lediglich fünf Sätze.“ „Der Speed unseres neuen Autos ist vielversprechend“, sagte Rast nach den Testfahrten auf dem Lausitzring, „die größte Herausforderung sind die Long-Runs.“ Bei diesen Fahrten über eine Renndistanz sind die Fahrer im Vorteil, die pfleglich mit ihren Pneus umgehen können. So wie Rast und Green. Was muss der Fahrer tun, damit er in der Endphase des Rennens nicht zur leichten Beute für seine Konkurrenten wird? „Da die Power bei den Turbomotoren jetzt schlagartig kommt, kannst du natürlich nicht mitten in der Kurve aufs Gas gehen“, erklärt Rast. „Du musst jetzt deinen Kurvenausgang ein bisschen vorbereiten, indem du das Auto mehr geradestellst und weniger Lenkwinkel hast.“ So kann man die auf den Reifen einwirkenden Kräfte gering halten. Zumal der Mindest-Reifendruck von 1,3 Bar auch bleiben wird. Green: Nachlassende Reifen bieten die Gefahr von Patzern Denn wenn die Kraft gleichzeitig der Länge nach – wie beim Bremsen und Beschleunigen – und seitlich – wie beim Lenken – auf die Reifen einwirkt, leidet der Pneu am meisten. Das bedeute eben auch, so Rast, „dass du deinen Fahrstil ein bisschen umstellen musst. Wichtig ist es jetzt vor allem, die Leistung auf den Boden zu bringen“. Dies alles hat zur Konsequenz, dass es Wettfahrten wie die von Rast im vergangenen Jahr in Zandvoort, als er bereits nach einer Runde zum Räderwechsel an die Box gekommen war und dadurch das Rennen hatte gewinnen können, nicht mehr geben wird. „Wenn ein Fahrer mit nachlassenden Reifen kämpft, dann wird es einfacher, ihn zu überholen“, prognostiziert Jamie Green. Und es bietet auch die Gefahr von Patzern. „Das Auto könnte über die Distanz instabiler werden, was zu mehr Fehlern führt“, glaubt Rast. „Derjenige, der seinen Reifen am besten managt, hat am Ende des Rennens einen Vorteil. Und dann kann er auch besser überholen.“ Der Meister von 2017 hält die Strategie der DTM, die Rennen über den Reifenabbau ähnlich wie in der Formel 1 spannend zu machen, grundsätzlich für „nicht so verkehrt“. Und weil in den letzten fünf Rennrunden auch noch alle Piloten außer dem Führenden den Flügel flach stellen, also das Drag-Reduction-System DRS einsetzen dürfen, könnten sich die Ereignisse auf den letzten Metern überschlagen. „Da ist eine neue Qualität beim Fahrer gefragt“, lautet das Fazit von Routinier Green. Bis zu 300 Sachen sind die neuen DTM-Wagen schnell Die stärkeren Motoren ermöglichen auch eine höhere Endgeschwindigkeit. Bis zu 300 Sachen sollen sie schnell sein. Aber auch das geht auf die Reifen. Zumindest, wenn vor der nächsten Kurve verlangsamt werden muss. Denn an der Aerodynamik hat sich ansonsten nicht viel verändert. „Die Fahrer sind wieder mehr gefordert“, fasst Rosberg-Teamchef Arno Zensen zusammen. Und bleibt zuversichtlich. Denn von den Qualitäten seiner beiden Piloten ist er überzeugt. Hundertprozentig. Information DTM-Renntermine: 4./5. Mai Hockenheim; 18./19. Mai Zolder (Belgien); 8./9. Juni Misano (Italien); 6./7. Juli Nürnberg Norisring; 20./21. Juli Assen (Niederlande); 10./11. August Brands Hatch (Großbritannien); 24./25. August Lausitzring; 14./15. September Nürburgring; 5./6. Oktober Hockenheim. Internet: www.dtm.com, www.rosberg.de Karten: im Internet unter www.dtm.com/de/tickets-2019

Jamie Green, hier 2018 in Ungarn: „Wer die Reifen am besten managt, hat Vorteile.“
Jamie Green, hier 2018 in Ungarn: »Wer die Reifen am besten managt, hat Vorteile.«
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