Neustadt Die Neustadter Leser kaufen Krimis und Thriller wie nie

Was geschieht, wenn Temperaturen um die 40 Grad in Deutschland nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel sind? Diese Frage beha
Was geschieht, wenn Temperaturen um die 40 Grad in Deutschland nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel sind? Diese Frage behandelt Wolf Harlander in seinem Zukunftsthriller »42 Grad«.

Das gab’s noch nie: Auf den Bestsellerlisten der fünf Neustadter Buchhandlungen nehmen im Juli Krimis und Thriller 8 der 15 Plätze ein. Dass diese Genres im Sommer Hochkonjunktur haben, überrascht nicht, doch mit diesem Ausmaß hätten selbst die Buchhändler kaum gerechnet. Diese sind derzeit ansonsten intensiv mit dem Schulbuch-Geschäft beschäftigt.

Jean-Luc Bannalecs neuer Kriminalroman „Bretonische Spezialitäten“ ist Spitzenreiter in drei Läden. Weitere Titel kommen aus den USA, Frankreich, Portugal und Deutschland.

Da wir Bannalecs neuesten Bretagne-Krimi bereits im Juni an dieser Stelle hervorgehoben haben, sei heute Wolf Harlanders Zukunftsthriller „42 Grad“ vorgestellt, der besonders erfolgreich bei Osiander lief. Darin zeichnet der 1958 in Nürnberg geborene Journalist und Autor ein alarmierendes Zukunftsszenario, das die Probleme des Klimawandels – angesichts der Corona-Pandemie derzeit eher aus dem Bewusstsein verdrängt – konsequent weiterdenkt. Was geschieht, wenn Hitzerekorde wie im Juli 2019 in Deutschland keine Ausnahme bleiben? Genau dieses Szenario zeichnet der Autor in seinem Debüt. Die Hitze sorgt für Wasserknappheit, Flüsse und Talsperren trocknen aus, Waldbrände können nicht mehr gelöscht werden. Und als wäre das alles nicht genug, dealen Mafiosi mit Trinkwasser, und eine internationale Terrorzelle verübt Anschläge auf Wasserreservoirs. In dieser brisanten Lage versuchen der Hydrologe Julius Denner und die IT-Spezialistin Elsa Forsberg verzweifelt, die Katastrophe abzuwenden. Damit Harlanders Fiktion nicht Realität wird, ist dieser Roman durchaus ein Appell an die Leser, auf ihre Weise gegenzusteuern.

Inhaltlich weniger brisant, aber deswegen nicht minder lesenswert ist der Roman „Die langen Abende“ von Elizabeth Strout, Originaltitel „Olive, again“, der bei Hofmann erfolgreich lief. Es ist die Fortsetzung ihres mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Romans „Olive Kitteridge“, deutsch „Mit Blick aufs Meer“. Auch mit 70 Jahren mischt sich die Protagonistin, eine pensionierte Lehrerin, noch in alles ein. Inzwischen ging sie nach dem Tod ihres Mannes eine neue Beziehung mit dem ehemaligen Harvard-Professor Jack Kennison ein. Beide vermissen ihre Kinder, die ihnen fremd geworden sind, Die 1956 in Portland geborene Autorin erzählt von Einsamkeit und Alter, von Liebe und Verlust und von der Möglichkeit eines Neuanfangs.

Auch die Pfalz kommt bei den Neustadter Lesern nicht zu kurz: Katja Edelmann stellt „Glücksorte in der Pfalz“ vor, und unter diesen darf Neustadt natürlich nicht fehlen. Aber auch das allbeherrschende Thema Corona schafft es auf die Bestsellerliste: in Form eines Sachbuchs des Mediziner-Ehepaars Karina Reiss und Sucharit Bhakdi, dem von Kritikern allerdings vorgeworfen wird, es verharmlose die Pandemie.

Die Bestseller im Juli

Bahnhofsbuchhandlung

1. Dr. Karina Reiss/Dr. Sucharit Bhakdi: Corona Fehlalarm? Zahlen, Daten und Hintergründe

2. Jean-Luc-Bannalec: Bretonische Spezialitäten

3. Tess Gerritsen: Das Schattenhaus

Hofmann

1. Jean-Luc Bannalec: Bretonische Spezialitäten

2. Elizabeth Strout: Die langen Abende

3. Gil Ribeiro: Schwarzer August – Lost in Fuseta. Ein Portugal-Krimi

Neustadter Bücherstube

1. Liz Moore: Long Bright River

2. Daniel Mason: Der Klavierstimmer ihrer Majestät

3. Delia Owens. Der Gesang der Flusskrebse

Osiander

1. Guillaume Musso: Ein Wort, um dich zu retten

2. Wolf Harlander: 42 Grad

3. Frank Thelen: 10 x DNA – Das Mindset der Zukunft

Quodlibet

1. Jean-Luc Bannalec: Bretonische Spezialitäten

2. Katja Edelmann: Glücksorte in der Pfalz

3. Regina Porter: Die Reisenden

Buchtipp des Monats: Der schwarzhumorige Krimi „Achtsam morden“ von Karsten Dusse

Karin Hünninghaus von der Bahnhofsbuchhandlung empfiehlt Karsten Dusses ungewöhnlichen Kriminalroman „Achtsam morden“ (Heyne, Taschenbuch, 413 Seiten, 10,99 Euro) als ihr Buch des Monats:

„Mit seinem ersten Roman landete Karsten Dusse gleich einen Volltreffer. Das Genre ist schwer einzuordnen. Bezeichnet wird das Buch als ,ein entschleunigter Kriminalroman’. Allerdings warten Krimi-Freunde hier vergeblich auf Who-done-it-Situationen, auch taucht kein verschrobenes Ermittler-Duo auf, um in letzter Minute das Gute aus den Händen des Bösen zu befreien. Hier ist der Bösewicht der Gute (oder umgekehrt), und er nimmt den Leser mit auf seinen skurril-komischen Weg vom Anwalt und Familienvater zum Kopf eines Verbrechersyndikats.

Protagonist und Ich-Erzähler ist der erfolgreiche Anwalt Björn Diemel, der ein fürstliches Gehalt mit seinem Mandanten Dragan verdient. Dafür fordert der Mafioso von ihm bedingungslose Erreichbarkeit. Björns Noch-Ehefrau dagegen verlangt mehr Aufmerksamkeit und Zeit für die gemeinsame Tochter Emily. Ein scheinbar unlösbares Dilemma. Ein Achtsamkeitsseminar könnte weiterhelfen. Und tatsächlich, mit diesem neuen Input gelingt es Björn nach und nach, seine Probleme abzuschaffen.

Der Autor spielt in seinem Roman mit Gegensätzen, die das Tempo und die Erzählsprache bestimmen. Der Leser weiß manchmal nicht, ob er sich gruseln oder schmunzeln soll, Alle Kapitel werden mit einem Zitat aus dem fiktiven Ratgeber ,Entschleunigt auf der Überholspur – Achtsamkeit für Führungskräfte’ eingeleitet. Das Buch seines Therapeuten Joschka Breitner begleitete Björn durch die absonderlichsten Lebenslagen und gibt ihm immer wieder scheinbar wertvolle Ratschläge. ,Achtsam morden’ ist ein gelungenes Buch für Menschen, die Freude an tief-schwarzem Humor haben und und vielleicht nebenbei noch etwas zum Thema Achtsamkeit erfahren möchten.

Karsten Dusse ist übrigens selbst Rechtsanwalt und als Autor unter anderem für die TV-Comedy ,Ladykracher’ tätig. Er wurde mit dem Deutschen Fernsehpreis und dem Deutschen Comedy-Preis ausgezeichnet. Mittlerweile ist schon ein Folgeroman erschienen: ,Das Kind in mir will achtsam morden’.“

Karin Hünninghaus von der Neustadter Bahnhofsbuchhandlung empfiehlt Karsten Dusses ungewöhnlichen Kriminalroman „Achtsam morden“
Karin Hünninghaus von der Neustadter Bahnhofsbuchhandlung empfiehlt Karsten Dusses ungewöhnlichen Kriminalroman »Achtsam morden« als ihr Buch des Monats.
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