Neustadt Die gefährlichste Stadt Deutschlands?

Laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Focus“ ist die Anzahl der Körperverletzungen nirgendwo in Deutschland höher als in Kaiserslautern: 175 pro 10.000 Einwohner, errechnet für das Jahr 2012. Die Polizei widerlegt die Daten des Magazins nicht, relativiert aber bei Einwohnerzahl und Tathintergründen.

„Die Anzahl der Körperverletzungen bewegt sich sicherlich auf einem sehr hohen Niveau“, räumt der Sprecher der Polizei Kaiserslautern, Wolfgang Denzer, ein. „Da dementieren wir auch nichts.“ Der „Focus“ hatte vergangene Woche berichtet, dass in Kaiserslautern pro 10.000 Einwohner „beinahe 175 Körperverletzungen“ im Jahr 2012 registriert wurden. In absoluten Zahlen gesprochen, registrierte die Polizei 2012 1697 Körperverletzungen. Geht man von einer Einwohnerzahl Kaiserslauterns von rund 100.000 aus, dann passt der im „Focus“ berichtete Wert von 175 Körperverletzungen pro 10.000 Einwohnern in etwa. „Darunter fallen natürlich auch Delikte, die in engen familiären Beziehungen begangen werden“, sagt Denzer. Diese zu verhindern, sei kaum möglich. „Darauf haben wir keinen Einfluss.“ Außer Acht gelassen werde bei den berichteten Zahlen außerdem die Tatsache, dass die Polizei in Kaiserslautern „zwischen 85 und 90 Prozent Aufklärungsquote bei Körperverletzungsdelikten“ habe, berichtet Denzer. Denzer lenkt – Stichwort Sicherheitsgefühl – den Blick auf Körperverletzungsdelikte, die in der Öffentlichkeit begangen werden. Die Polizeistatistik weist für 2012 260 gefährliche oder schwere Körperverletzungen aus, die in der Öffentlichkeit begangen wurden. „Rechnet man das auf die 10.000-Einwohner-Marke runter, dann landen wir bei 26“, erklärt Denzer. Zudem gehe die Anzahl der Körperverletzungen an öffentlichen Plätzen seit 2009 (320 Fälle) kontinuierlich zurück (2013: 253 Fälle). Der „Focus“-Bericht und die Diskussion im Haupt- und Finanzausschuss am Montag haben die Polizei gestern „intensiv beschäftigt“, sagte Denzer und zählt drei Punkte auf, die die 175 Fälle pro 10.000 Einwohner möglicherweise beeinflussen oder relativieren könnten. Zum einen werde dabei wohl – bei der zugrunde gelegten Einwohnerzahl – außer Acht gelassen, dass in Kaiserslautern auch viele US-Amerikaner leben, die in der Statistik nicht auftauchten. Zudem habe die Stadt mit Fachhochschule und TU viele Studenten, die womöglich ebenfalls aus der Einwohnerstatistik herausfielen, weil sie hier nicht gemeldet sind. „Das soll nicht heißen, dass US-Amerikaner und Studenten viele Straftaten begehen, aber sie zählen auch dazu“, unterstreicht Denzer. Und: Kaiserslautern diene im ländlich geprägten Umland als „Zentrum der Vergnügungsindustrie“ und ziehe an den Wochenenden „viele Leute aus dem Umkreis bis zu 50 Kilometer an“, so Denzer. Zu vernachlässigen ist laut Denzer die Rolle des Fußballs. Hier erfasst die Polizei Körperverletzungsdelikte nach Spielzeiten sortiert. In den beiden Erstliga-Saisons 2010/11 und 2011/12 registrierte die Polizei 62 und 54 Delikte, im Zweitliga-Spieljahr 2012/13 waren es dann 36 Körperverletzungen. (bld/Foto: Seebald)

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