Neustadt Der Schweizer und seine Schrauber
SPEYER. „Sieben von zehn Einsätzen unter drei Sekunden. Zwokommasieben ist die Bestzeit.“ Mit einem Gesicht, als hätte er nichts anderes erwartet, teilt Rosberg-Teamchef Arno Zensen mit, wie blitzartig seine sieben Boxenstopp-Männer die vier wuchtigen Reifen bei der Vorführung im Technikmuseum gewechselt haben.
50 Zuschauer staunten, wie das Neustadter Motorsport-Team des früheren finnischen Formel-1-Weltmeisters Keijo „Keke“ Rosberg, mit dem Schweizer Rennfahrer Nico Müller in der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft (DTM) unterwegs, am Sonntag den Ernstfall probte – an einem von Rosbergs Ex-Kollegen Kimmo Liimatainen gefahrenen Simulatorauto, das dem 500 PS starken und bis zu 260 Stundenkilometer schnellen Audi nachempfunden ist. Das Original soll heute in Speyer eintreffen. Mit ihm wollen Pilot Müller und die Boxenstopp-Crew auf dem Flugplatz Reifenwechsel bei schnellen An- und Abfahrtsbedingungen demonstrieren. Das war vor der Raumfahrt-Halle des Technik-Museums „aus Sicherheitsgründen nicht machbar“, sagte Teamkoordinator Ramon Hämmerle. Er nennt die Namen und die Fachbezeichnungen der Reifenaustauscher, von denen die meisten andere Berufe haben und nur an den Renn-Wochenenden wie Wechselprofis Hand anlegen. Die Begriffe hören sich irgendwie lustig an, kennzeichnen jedoch exakt und in der Reihenfolge die Tätigkeiten der Crew. Also: Johannes Bingen und Marcel Ullrich sind Radstecker, Michael Geuze und Armin Jörß Schlagschrauber. Die Luftschlauchlanze bedient Andreas Haag. Lucca Basic und Theo Ziminski sind Fänger. Für Nico Müller aus Bern ist „ein Traum in Erfüllung gegangen“, erzählt er im RHEINPFALZ-Gespräch. Höflich und gleichzeitig lässig verneint er die etwas provozierende Frage, ob er sein Engagement in der DTM nicht lieber gegen einen Formel-1-Einsatz tauschen würde. Der 22-Jährige: „Klar, als Junge hat man das im Kopf. Aber da sich das Sichtfenster zur DTM immer weiter geöffnet hat, ist das bei mir nicht mehr der Fall.“ Zudem: „Ein Testtag in der Formel 1 kostet zwischen 250.000 und 300.000 Euro. Das rechnet sich leicht auf vielleicht zehn Millionen Euro hoch, mit denen ein Einsatz in dieser Klasse erkauft werden kann.“ Er kenne niemand, der das für ihn hinlegen würde. „Und beim Abbezahlen muss man daran denken, halt mal, von was kannst du eigentlich noch leben?“ Zwölf war Müller, als er im Kart-Rennsport begann. 2008 wechselte er ins Formelfach. Zu Saisonbeginn 2014 kam er für die DTM zum Team Rosberg. Für die Neustadter fuhr er bisher sieben Rennen. Drei stehen noch bevor. Sein nächster Einsatz ist am Wochenende auf dem Lausitzring – nach der Durchgangsstation Speyer.