Neustadt Das Alte-Musik-Festival „Neustadter Herbst“ geht in die zweite Runde

Henning Wiegräbes Stuttgarter Capricornus-Ensemble eröffnet das Festival am 1. September in der Stiftskirche mit acht Gesangssol
Henning Wiegräbes Stuttgarter Capricornus-Ensemble eröffnet das Festival am 1. September in der Stiftskirche mit acht Gesangssolisten und frühbarocker Musik aus Venedig und Dresden.

Mit einem deutlich höheren Budget als bei der Premiere vor zwei Jahren geht das Alte-Musik-Festival „Neustadter Herbst“ im September an den Start. Mit der „Capella de la Torre“ wurde eines der wichtigsten Renaissance-Ensembles unserer Zeit eingeladen. Aber auch viele gute Bekannte aus Neustadt selbst sind wieder mit im Boot.

Neustadt. „Wir wollen noch mal was draufsetzen“, sagt Hauptinitiator Simon Reichert angesichts des vom 1. bis 14. September über die Bühne gehenden Festivals. Dieses dauert damit diesmal vier Tage länger als die 2017er-Ausgabe, weil das Wochenende 6./7.8 September durch das große Stadtfest zum Jubiläum „50 Jahre kreisfreie Stadt“ geblockt war. Geboten werden wieder acht Termine: Neben zwei großformatigen Konzerten, wovon eines im Saalbau stattfindet, darf sich das Publikum auf sechs durchweg hochkarätige kammermusikalische Ereignisse in wechselnden Besetzungen freuen.

Das Grundkonzept ist dabei das gleiche geblieben: Wie bei der ersten Auflage werden die Neustadter Spezialisten für Alte Musik, darunter unter anderem Organist Simon Reichert, Posaunist Henning Wiegräbe, Blockflötist Norbert Gamm, Cembalist Miklos Spanyi, Dirigent Fritz Burkhardt, die Lautenistin Andrea Baur und die Fagottistin Jennifer Harris gemeinsam mit weiteren international zu Ehren gekommenen überregionalen Interpreten und Ensembles das vielfältige musikalische Programm gestalten.

Das Repertoire reicht von der Renaissance bis zur Klassik

Zum Auftakt entführt das „Capricornus Ensemble Stuttgart“ des an der Stuttgarter Musikhochschule lehrenden Mußbachers Henning Wiegräbe am 1. September in die venezianische Klangwelten des 17. Jahrhunderts. In der dortigen Basilika San Marco wurde seinerzeit das doppelchörige Musizieren erfunden. Auf dem Programm stehen Werke des „Erfinders“ Giovanni Gabrieli und seines deutschen „Nachahmers“ Heinrich Schütz, die das mit historischen Zinken und Posaunen besetzte Ensemble an der Seite von nicht weniger als Gesangssolisten zu Gehör bringen wird.

Der zweite große Termin der Konzertreihe und vermutlich auch der mit dem größten Publikumspotential ist die Aufführung des Oratoriums „Die Schöpfung“ von Joseph Haydn im Saalbau am 10. September. Zu diesem Anlass werden erstmals das Neustadter Vokalensemble von Simon Reichert und der Neustadter Figuralchor von Fritz Burkhardt zu einem 50-köpfigen Oratorienchor fusionieren und das Haydn’sche Opus magnum begleitet von dem auf historischen Instrumenten musizierenden „Ensemble 1800“ präsentieren. Auch die Gesangssolisten Johannes Kaleschke (Tenor), Magdalena Harer (Sopran) und Tobias Berndt (Bass) sind in der Region bereits mehrfach in Erscheinung getreten.

Mit der Verpflichtung der „Capella de la Torre“ ist Simon Reichert ein Coup gelungen

Bei den Kammermusikkonzerten verdient der Termin am 8. September besondere Beachtung – und das nicht nur, weil hier 500 Jahre nach dem Tode Leonardo da Vincis Musikstücke und Klänge präsentiert werden, die das Renaissance-Genie in seiner Zeit umgeben und geprägt haben. Eine Besonderheit ist auch die Verpflichtung des Ensembles „Capella de la Torre“. Bei dem international renommierten Echo-Klassik-Ensemble des Jahres 2016 um die Barockoboistin und Schalmeien-Spezialistin Katharina Bäuml handelt es sich um das wichtigste deutsche Ensemble für Renaissance-Musik, dokumentiert unter anderem durch 20 CDs, die inzwischen bei Sony erscheinen.

Mit der Barocksopranistin Miriam Feuersinger wird eine weitere Echo-Klassik-Preisträgerin am 3. September für internationales Flair in der Stiftskirche sorgen. An der Seite des Gambenquartetts „Les Escapades“ interpretiert die österreichische Starsängerin unter dem Motto „Habe deine Lust an dem Herren“ Werke des deutschen Renaissance-Komponisten Johann Rosenmüller. In die „Abgründe des Fagotts“ begeben sich die in Haardt lebende Jennifer Harris und das „Ensemble Chameleon“ am 4. September im katholischen Teil der Stiftskirche. Harris und ihre Mitstreiter, darunter die gleichfalls aus Neustadt stammende Lautenistin Andrea Baur, möchten am Beispiel von Georg Philipp Telemann das Fagott und andere Basso-Continuo-Instrumente in einem neuen Licht präsentieren.

Ein Crossover-Konzert folgt den Spuren der großen Barockkomponistin Barbara Strozzi

„Talking about Barbara“ hießt es dann am 13. September, wenn im gotischen Chor der alten Johanneskirche in Mußbach das Ensemble „Il Giratempo“ zu einem Jazz-Barock-Crossover einlädt. Im Mittelpunkt steht das Werk der Barockkomponistin Barbara Strozzi, eine der faszinierendsten Frauengestalten der Musikgeschichte. Obwohl sie niemals eine Stelle als Sängerin, Instrumentalistin oder gar Hofkomponistin hatte, hinterließ die Venezianerin ein umfangreiches Werk und trug maßgeblich zur Entwicklung der Kantate bei. Der Jazz-Saxophonistin Magnus Mehl verfolgt im Dialog mit der Sopranistin Laila Salome Fischer die Spuren Strozzis auf ihrem Weg in eine neu musikalische Ära.

Eine One-Man-Show mit ganz intimem Charakter steht am 5. September auf dem Programm , wenn Miklos Spanyi, international gefragter Spezialist für historische Tasteninstrumente, begleitet von einer Weinprobe, ins Wohnzimmer des Weinguts Müller-Catoir einlädt. Der aus Ungarn stammende und seit einigen Jahren in Neustadt lebende Organist und Cembalist ist der führende Clavichord-Spezialist unserer Zeit und hat unter anderem das komplette Klavierwerk von Carl Philipp Emanuel Bach auf CD eingespielt. Auf der Haardt wird er Werke von Carl Philipp Emanuel Bach, Beethoven und Mozart spielen. Da es nur wenige Plätze gibt, sollten sich Interessierte mit dem Erwerb einer Karte beeilen, empfiehlt Reichert.

Auch diesmal gibt’s wieder eine musikalische Weinprobe mit edlen Neustadter Tropfen

Wein gibt’s auch zum Abschluss des Festivals am 14. September bei einer musikalisch-literarischen Weinprobe in der Stiftskirche. Dabei servieren verschiedene Festival-Teilnehmer noch einmal ein buntes Programm erlesener Renaissance- und Barockmusiken parallel zu exklusiven Weinen von sieben Weingütern. Die Stiftskirche verwandelt sich dabei durch ihre Bestuhlung mit Vierertischen in eine Art Lounge, und die Moderation durch Pfarrer Stefan Werdelis, weithin bekannt als gewitzter Wein- und Literaturexperte, sollte ihr Übriges zu einem genussreichen und unterhaltsamen Abend beitragen.

Das Budget liegt bei rund 100.000 Euro

Ergänzend zum Hauptprogramm gibt es wieder Markkonzerte und Mittagskonzerte in der Stiftskirche, die bei freiem Eintritt als „Appetizer“ für die Abendkonzerte dienen. Die genauen Termine und Programme dafür stehen noch nicht fest. Auch laden Andrea Baur und Nicole Klingeberg während des Festival am 6. und 7. September wieder zu einem Tanzkurs ein.

Offizieller Veranstalter des Festivals ist diesmal die Stadt Neustadt. Die Schirmherrschaft übernehmen Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Kirchenpräsident Christian Schad. Für die Durchführung des Festivals zeichnet die protestantische Stiftskirchengemeinde verantwortlich. Das Budget für die Neuauflage fällt gegenüber 2017 deutlich höher aus und beläuft sich laut Reichert auf knapp 100.000 Euro. „So etwas ist natürlich immer ein Risiko für den Veranstalter“, sagt der Bezirkskantor, doch habe sich bereits bei der Premiere 2017 gezeigt, dass das Konzept für dieses einzige Alte-Musik-Festival in Rheinland-Pfalz vom Publikum angenommen werde.

Die Termine:

Sonntag, 1. September, 18 Uhr:

Festliches Eröffnungskonzert „Klangpracht Venedig – Dresden“, Capricornus-Ensemble und Gesangssolisten, Stiftskirche

Dienstag, 3. September, 20 Uhr:

„Habe deine Lust an dem Herren“, Rosenmüller und Zeitgenossen, Ensemble „Les Escapades“ und die Sopranistin Miriam Feuersinger, Stiftskirche

Mittwoch, 4. September, 20 Uhr:

„Abgründe des Fagotts“, Werke von Telemann, Jennifer Harris und das Ensemble Chameleon, Stiftskirche, katholischer Teil

Donnerstag, 5. September, 20 Uhr:

Clavichord solo mit Miklos Spanyi, Weingut Müller-Catoir in Haardt

Sonntag, 8. September, 18 Uhr:

„Soundscape Leonardo da Vinci“ mit Katharina Bäuml und dem Ensemble „Capella de la Torre“, Stiftskirche

Dienstag, 10. September, 20 Uhr:

Joseph Haydns „Die Schöpfung“ – Neustadter Vokalensemble, Neustadter Figuralchor und „Ensemble 1800“, Saalbau

Freitag, 13. September, 20 Uhr:

„Jazz trifft Barock“ mit dem Ensemble „Il Giratempo“ und dem Saxophonisten Magnus Mehl, Gotischer Chor der prot. Johanneskirche in Mußbach

Samstag, 14. September, 20 Uhr:

Musikalisch-literarische Weinprobe, Stiftskirche

Noch Fragen?

Der Kartenvorverkauf startet am 22. Mai. Karten in der Neustadter Bücherstube (06321/2235) oder unter www.neustadter-herbst.de.

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