Neustadt Besuch im Gewächshaus der Kunst

Eingespieltes Team: Ralf Rudolph, Solotubist der Staatsphilharmonie, und sein Schüler Thomas Förster arbeiten schon seit 2013 zu
Eingespieltes Team: Ralf Rudolph, Solotubist der Staatsphilharmonie, und sein Schüler Thomas Förster arbeiten schon seit 2013 zusammen. »Es hat einfach von Beginn an Spaß gemacht«, schwärmt der 17-Jährige.

Wenn aus einem Keim – sorgsam gehegt, gedüngt, gewässert – nicht nur ein Pflänzchen, sondern ein opulenter Busch erblüht, hat der Gärtner wohl alles richtig gemacht. Und auch Äußeres wie Sonne, Wind, Regen und nicht zuletzt den individuellen Wuchs seines Schützlings klug einkalkuliert. Zwei, auf die das Bild passt, sind der Instrumental-Pädagoge Ralf Rudolph und sein mittlerweile preisgekrönter Schüler Thomas Förster. 40 Jahre trennen den „Gärtner“ von seinem „Sprössling“, keine wirkliche Barriere im künstlerischen Gewächshaus.

Sie zählt nicht eben zu den Handgepäck-Instrumenten, macht ihrer „fundamentalen“ Funktion auch rein optisch raumgreifend Ehre: Die Tuba, mit der der 17-jährige Neustadter Gymnasiast Thomas Förster nicht nur selbstbewusst hantiert, sondern die er auch so trefflich beherrscht, dass er im Herbst 2018 auf Anhieb einen dritten Bundespreis bei „Jugend musiziert“ abräumte, ist sozusagen die konzertante Bodenplatte im Blechbläser-Ensemble wie im großen Sinfonieorchester. Und sie hat, was vor allem die Tondichter des 20. Jahrhunderts entdeckt haben, in ihrer ungemein geschmeidigen Wendigkeit auch im Tiefenreich der Tonskalen ganz exzellentes Solo-Potential. Thomas Förster hatte in der Grundschule zunächst die Posaune zur Hand. Im häuslichen Umfeld fehlte es nie an musikalischer Unterstützung und Motivation – auch sein Vater spielt (ebenso wie der Zwillingsbruder) ein Blasinstrument und ist zudem nebenamtlicher Kirchenmusiker. Doch dass der Sohn dann zur Tuba fand, war eher Zufall. Als er sich 2011 als Sextaner in der Bläserklasse des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums für ein Instrument entscheiden musste, habe er „als einziger einen halbwegs brauchbaren Ton aus der Tuba herausgekriegt“. Damit war klar: die Tuba wird’s. Und bis heute hat er das nicht bereut, denn ziemlich rasch kam da Ralf Rudolph ins Spiel. Der organisierte damals gemeinsam mit den Schulmusikern die Bläserausbildung der Schule. „Es hat einfach von Beginn an Spaß gemacht“, schwärmt Förster, der sich vor der Oberstufe dann für einen Wechsel ans Leibniz-Gymnasium entschied, was zumindest partiell ebenfalls mit seiner Leidenschaft fürs tiefe Blech zu tun hat. Es war vor allem die von Michael Gilb und Mosch Himmler professionell geleitete Bigband, die ihn reizte. „Und gleichzeitig konnte ich dort noch E-Bass lernen, was ich sowieso vorhatte.“ Der Weg, der sich dazwischen dehnt, war einer mit vielen Etappen und nicht zuletzt einem hochkompetenten unbeirrbaren Lenker durch Unwägbarkeiten, über Stolpersteine, technische wie gestalterische Klippen. Für Ralf Rudolph, seit 1984 Solotubist der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, Gründer und erster Leiter der Musikschule Hambach, Kammermusiker erster Sahne („Rennquintett“), Hochschul-Professor und Fundamentalpädagoge an Schulen, ist Thomas Förster nicht der erste Shootingstar seiner Eleven-Gemeinde. Etliche – etwa 20, meint er nach kurzem Nachdenken – hat er auf den Weg gebracht, die heute in überregionalen Orchestern an den Führungspulten sitzen. Bei Thomas Förster hat er früh Potential entdeckt. Ihn geschult, aber auch bestärkt, mit sanften Druck, aber wiederum nicht überambitioniert. „Üben musste er schon selbst.“ Förster wiederum bekräftigt ein ums andere Mal sein Urvertrauen in die Persönlichkeit seines Meisters. „Ich wusste einfach immer: So, wie er das macht, ist es richtig. Seine Technik, seine Art zu spielen, zu gestalten, darauf konnte ich bauen.“ Und der Erfolg gibt ihm Recht. Auch dass Rudolph ihn früh zum Ensemblespiel ermuntert, ihn auch für stilistische Bandbreiten geöffnet habe, rechnet er seinem Lehrer hoch an. Ab 2013 wurde Thomas Förster an der Hambacher Musikschule unterrichtet, spielt auch seither in der Kolpingskapelle Hambach, hat dabei nie aufgehört, den evangelischen Posaunenchor Hambach-Winzigen mit seinem markigen Basisklang zu unterstützen. Und ist aktuell obendrein Mitglied des Landesjugendorchesters Rheinland-Pfalz, der jungen Südwestdeutschen Philharmonie, der Bläserphilharmonie Deutsche Weinstraße, die ihn auch schon aufs Solo-Podium gehievt hat, und der Rheinischen Orchesterakademie Mainz. Seit 2017 wird er als Jungstudent an der Musikhochschule Saar, wo Ralf Rudolph eine Professur bekleidet, geführt. Wann schickt man seine Schäflein an die Front, sprich: meldet sie bei Wettbewerben an? „Wenn sie so weit sind“, antwortet Ralf Rudolph ganz lakonisch. Natürlich sei es wichtig, auf Ziele hinzuarbeiten, und die jungen Leute sollten sich ausprobieren können, ihre Befindlichkeit in Extremsituationen testen. „Aber das muss in stetem Abgleich geschehen – und nicht der Lehrer, sondern in erster Linie der Schüler muss es wollen.“ Thomas Förster kann nach eigener Aussage mit seiner Nervosität vor Auftritten gut umgehen; „Schon mal eine gute Voraussetzung für künftige Vorspiel-Situationen“, wirft sein Lehrer ein. Zu „Jugend musiziert“ sei er angetreten, um einfach dabei zu sein, „den Betrieb mal auszutesten“. „Als ich dann beim Landeswettbewerb Erfolg hatte, war ich überglücklich und wäre es auch ohne Bundessieg geblieben“, bekräftigt er. Ob sich etwas am Umgang miteinander geändert habe, seit der Schüler so sichtbar senkrecht startet? Beide lachen. „Nein, im Unterricht ist Ralf ebenso streng und unerbittlich, wie ich das gewohnt bin – gut so.“ Der wiederum achtet darauf, dass keines seiner Küken zu früh abhebt. „Wer heute Orchestermusik studiert – und bei Thomas deutet alles darauf hin –, der weiß, wie breit die Konkurrenz aufgestellt ist. Auf eine Ausschreibung in einem renommierten Orchester bewerben sich 40, 50 wirklich gute Leute. Zumal bei der Tuba, wo die Stellen dünn gesät sind. Da reicht es nicht, gut spielen zu können.“ Ein breites Literaturspektrum – „meine Schüler müssen auch Bachs Solo-Suiten spielen, sehr schwer, aber gute Schule“, schmunzelt der Meister – und nicht zuletzt soziale Kompetenzen stehen ganz oben auf der pädagogischen To-do-Liste. Klassik, Bigband, Kammermusik, evangelischer Choral, Jazz und Pop, das sei alles auf seine Weise stilbildend. Im kommenden Jahr lautet das Nahziel für Thomas Förster erst einmal Abitur. Und fürs erste, ganz unmittelbar, die nächste Tuba-Stunde.

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