Neustadt Bestseller: Der neue Ken Follett liegt auch in Neustadt vorn

Da stehen die Flaggen noch schiedlich-friedlich nebeneinander: Ken Follett schildert in seinem neuesten Bestseller aber auf 880
Da stehen die Flaggen noch schiedlich-friedlich nebeneinander: Ken Follett schildert in seinem neuesten Bestseller aber auf 880 Seiten, wie sich China und die USA in naher Zukunft an den Rand eines Atomkriegs bringen.

Ein neuer Polit-Thriller von Ken Follett und Bernhard Schlinks neuer Roman, der die Folgen der deutschen Teilung behandelt und ins rechte Milieu Ostdeutschlands führt, sind die Topseller des Monats in Neustadt. Aber auch Florian Illies legt nach seinem Hit „1913“ mit einem weiteren Epochengemälde erfolgreich nach.

Anders als im Oktober, dem Monat der Frankfurter Buchmesse, sind im November zahlreiche Neuerscheinungen auf den Bestsellerlisten der hiesigen Buchhandlungen zu entdecken. Darunter sind der soeben erschienene umfangreiche neue Roman von Ken Follett, „Never – Die letzte Entscheidung“, Bernhard Schlinks „Die Enkelin“ sowie das Sachbuch „Liebe in Zeiten des Hasses“ von Florian Illies. Passend zur Weihnachtszeit eroberte sich auch Rafik Schamis kleiner Band „Die Geburt“ einen Listenplatz. Antje Rávik Strubels mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichneter Roman „Blaue Frau“ findet sich dagegen auch diesmal nicht auf den Verzeichnissen, was den Schluss nahelegt, dass die Strahlkraft dieses wohl bedeutendsten deutschen Literaturpreises zumindest in Neustadt nicht übermäßig hoch ist.

China und die USA am Rande eines Krieges?

In drei Läden, der Bahnhofsbuchhandlung, bei Hofmann und bei Osiander, war Folletts „Never“ der Hit, der deshalb hier etwas detaillierter hervorgehoben sei. Der 1949 in Cardiff geborene Autor zeichnet darin ein düsteres Zukunftsszenario und zieht den Leser tief in die Verstrickungen der globalisierten Welt hinein. Gefährliche politische Konfrontation ist in den mächtigsten Ländern der Welt, den USA und China, unvermeidbar. Pauline Green, Amerikas erste Präsidentin, führt ihre Amtsgeschäfte souverän und das trotz terroristischer Anschläge, illegalen Waffenhandels und der aggressiven Kampagne ihres politischen Gegners. Aktiv setzt sie sich dafür ein, dass ihr Land nicht in einen zu befürchtenden Krieg hineingezogen wird.

In China kämpft ein hoher Regierungsbeamter, Chang Kai, gegen kommunistische Hardliner. Er fürchtet, dass die Kriegstreiber das Land auf einen gefährlichen Weg lenken. Die Situation ist brisant, denn wenn die Aggressionen eskalieren, sind auch die mächtigsten Staaten der Welt in ihren Bündnissen gefangen. Gibt es noch einen Ausweg aus der sich abzeichnenden Katastrophe? In seinem Roman wirft Follett die Frage auf, was der Einzelne noch in einer vor dem Abgrund stehenden Welt tun kann. In diesem Sinn ist „Never“ ein alarmierender Mahnruf.

Florian Illies knüpft an „1913“ an

Neben dieser düsteren literarischen Zukunftsvision bietet sich den Lesern aber auch ein Blick zurück – auf eine nicht minder düstere Zeit. In seinem Epochengemälde „Liebe in Zeiten des Hasses“ beleuchtet Florian Illies die Jahre 1929 bis 1939, also das folgenschwere Jahrzehnt, in dem Deutschland und Europa auf die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs zusteuern. Der 1971 in Schlitz geborene Journalist, Autor und Kunstkritiker, der im Jahr 2000 mit seinem Roman „Generation Golf“ berühmt wurde, stellt dabei aber vorrangig international bekannte Liebespaare der Kulturgeschichte vor, die trotz des drohenden Untergangs ihre Liebe leben. Darunter sind Bertolt Brecht und Helene Weigel, Katja und Thomas Mann, die aus Deutschland ins Exil fliehen, Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir, Henry Miller und Anais Nin sowie Ernest Hemingway und F. Scott Fitzgerald, die in Paris beziehungsweise New York leidenschaftliche Affären erleben.

Die Besteller im November

Bahnhofsbuchhandlung

1. Charlotte Link: Ohne Schuld

2. Vinum Weinguide

Deutschland 2022

3. Ken Follett:

Never – Die letzte Entscheidung

Hofmann

1. Ken Follett:

Never - Die letzte Entscheidung

2. Florian Illies:

Liebe in Zeiten des Hasses.

Chronik eines Gefühls 1929–1939

3. Bernhard Schlink: Die Enkelin

Neustadter Bücherstube

1. Anthony Doerr:

Wolkenkuckucksland

2. Lars Mytting:

Rätsel auf blauschwarzem Grund

3. Bernhard Schlink: Die Enkelin

Osiander

1. Nele Neuhaus:

In ewiger Freundschaft

2. Ken Follett: Never

3. Florian Illies:

Liebe in Zeiten des Hasses

Quodlibet

1. Rafik Schami: Die Geburt

2. Jean-Yves Ferri/Didier Conrad:

Asterix und der Greif

3. Ludwig Burgdörfer: Menschenkinder – Gute Leute zu allen Zeiten

Buchtipp: Alina Bronskys Roman „Barbara stirbt nicht“

Jutta Laubersheimer, Leiterin der Buchhandlung Hofmann in Neustadt, hat Alina Bronskys neuen Roman „Barbara stirbt nicht“ (Kiepenheuer & Witsch, 256 Seiten, 20 Euro) mit großem Vergnügen gelesen und empfiehlt ihn als Buch des Monats:

„Walter Schmidt ist seit Jahren im wohlverdienten Ruhestand. Als er nach über 50 Ehejahren eines Morgens aufwacht, wundert er sich, dass ihm nicht der übliche Kaffeeduft entgegen strömt. Seine Frau Barbara liegt nicht neben ihm im Bett, und auch in der Küche sind keine Geräusche zu hören. Herr Schmidt spekuliert, was passiert sein könnte. Er macht sich auf die Suche nach ihr und findet Barbara auf dem Boden des Badezimmers. Mit größter Mühe bringt er sie zurück ins Bett. Sie behauptet, nur müde und von einem kurzen Schwindel erfüllt gewesen zu sein.

Ihr Mann, der Küche und Haushalt immer als Barbaras Reich betrachtet hat, ist nun auf sich selbst gestellt. Unter den wachsamen Augen seines Hundes erforscht er die Schränke und versucht, Kaffee zu kochen. Doch dieses Unternehmen scheitert. Schnell geht er zur Bäckerei, um Kaffee und Brötchen zu besorgen. Barbara trinkt einen Schluck des lauwarmen Kaffees, möchte aber nichts essen. Ihr Mann hadert mit sich, ob er Tochter Karin in Berlin oder Sohn Sebastian, der um die Ecke wohnt, um Rat fragen soll. Als alter Nörgler und Besserwisser ist er bei seinen Kindern nicht besonders beliebt.

Inzwischen steht das Mittagessen an. Barbara bleibt noch immer im Bett. Zum Glück ist die Kühltruhe mit Mahlzeiten gut bestückt. Doch das Chaos in der Küche wird immer größer. Als Sebastian anruft, merkt er gleich, dass etwas nicht in Ordnung ist, denn sein Vater geht sonst nie ans Telefon. Er verständigt seine Schwester, und beide sind sehr besorgt, wie der Patriarch den Alltag meistern wird. Dieser versucht, sich abzulenken und schaltet die Sendung des Fernsehkochs Medinski ein. Er ist begeistert und besucht auch dessen Facebook-Seite. Die Schritt-für-Schritt-Anleitungen und die Kommunikation mit anderen Nutzern sind für ihn eine große Hilfe. Manchmal kommen auch böse Kommentare, wie ahnungslos und hilflos er in seinem Alter doch ist. Sein Respekt vor Barbara wächst, aber auch der Ehrgeiz packt ihn.

Die Kinder besuchen ihre Mutter und bestehen auf einem Arztbesuch. Herr Schmidt versucht weiterhin, ihre Krankheit zu verdrängen, denn Barbara stirbt nicht …

Alina Bronsky ist ein amüsanter und zugleich mit schwarzem Humor gespickter Roman gelungen. Charaktere wie Herr Schmidt und seine Familie kennt jeder von uns. ,Barbara stirbt nicht’ ist ein wunderbar unterhaltendes, herzerwärmendes Buch, bei dem man einfach mal entspannen kann. Die 1978 im sowjetischen Swerdlowsk geborene Autorin lebt in Berlin und hat schon mehrere erfolgreiche Romane veröffentlicht, darunter ,Scherbenpark’, der auch verfilmt wurde, ,Baba Dunjas letzte Liebe’, der für den Deutschen Buchpreis nominiert war, sowie ,Der Zopf meiner Großmutter’. Neustadts Literaturfreunde erlebten die Autorin 2009 in der Stadtbücherei bei der Lesung aus ,Scherbenpark’.“

Jutta Laubersheimer empfiehlt Alina Bronskys Roman „Barbara stirbt nicht“ als ihr Buch des Monats.
Jutta Laubersheimer empfiehlt Alina Bronskys Roman »Barbara stirbt nicht« als ihr Buch des Monats.
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