Neustadt Aufstieg und Niedergang

Neustadt-Mussbach. Eine außergewöhnliche Industriellen-Familie stellt Karl Scherer morgen in seiner Reihe „Lebendige Pfalz in Geschichte(n)“ im Herrenhof vor: die Ludowicis, die sich im 19. und 20. Jahrhundert als Ziegelfabrikanten, Rebenzüchter, Archäologen und Wohltäter um die Pfalz und ihre Menschen verdient gemacht haben.

Den Firmengründer Carl Friedrich Ludowici (1827–1881) verschlug es von Schleswig-Holstein in die Pfalz. Angezogen vom Bauboom in Ludwigshafen, kaufte er in Mundenheim eine Ziegelhütte, fiel seinem Metier aber letztlich zum Opfer: Er starb nach einem Sturz von einem Ziegelofen. Sein Sohn Wilhelm (1855-1929), der Maschinenbau studiert hatte, übernahm mit seinem Bruder Franz Carl (1858-1925) die Firmenleitung. Er war ein leidenschaftlicher Erfinder und entwickelte den weltberühmten Ludowici-Doppelfalzziegel „Z 1“. Da die Ziegelerde bei Ludwigshafen knapp wurde, siedelte das Unternehmen nach Jockgrim über. Darüber hinaus gründeten die geschäftstüchtigen Brüder Zweigwerke in Chicago und Frankreich. 1896 zahlte Wilhelm seine Geschwister aus und wurde alleiniger Eigentümer der Firma. Erst 1925 wurde bekannt, dass der jüngste Bruder August (1866-1945) 600000 Mark seines Anteils anonym für den Bau der Jugendstil-Festhalle in Landau stiftete. Später machte er sich um die Bekämpfung der Reblaus verdient. Die Ludowici-Falzziegel fanden derweil reißenden Absatz. 1903 brannten 700 Arbeiter 25 Millionen Ziegel. Neben seiner unternehmerischen Tätigkeit widmete sich Wilhelm leidenschaftlich der Archäologie und führte im Raum Jockgrim-Rheinzabern umfangreiche Ausgrabungen durch. Seine Römer-Funde stellte er dem Historischen Museum in Speyer zur Verfügung, das dadurch eine höchst bedeutsame Terra-Sigillata-Sammlung aufbauen konnte. Unter Führung des Sohnes Johann Wilhelm (1896-1983) entwickelte sich die Firma zum weltweit größten Unternehmen der Branche. Aufgeschlossen für soziale Projekte, ermöglichte er seinen Arbeitern, zu Eigenheimen zu kommen. Politisch war er wie sein Onkel August ein begeisterter Anhänger Hitlers. Nach dem Bauboom der 1950er Jahre folgte mit dem Auslaufen der Patente der Niedergang. Nur ein Werk überlebte, das Johann Wilhelms Sohn Helmo nach einem Brand dann aber auch dicht machte. Helmo engagierte sich als Förderer von Kunst und Kultur in der Pfalz. Unheilbar erkrankt, nahm er sich 1995 das Leben. Auf dem Werksgelände in Jockgrim wurde im selben Jahr ein Museum eröffnet, das die Erinnerung an die Ludowicis wach hält.

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