Neustadt Alice in Hell

Neustadt. Während sich am Freitag in Brasilien Weltmeister Spanien gegen die Niederlande eine 5:1-Klatsche einhandelte, ging auf dem Marktplatz der zeitgleich stattfindende musikalische Wettstreit zwischen den Hardrockern „Voltage“ aus Landsberg am Lech gegen die Softrocker „Smokie Revival Band“ aus Mannheim unentschieden aus.

Wie im Vorfeld erhofft, brachten beide Gruppen ihre eigenen Fanlager mit, in denen musikalische Hooligans Gott sei Dank keinen Platz finden, so dass trotz unterschiedlicher Ausrichtung beide Combos auch von der jeweils anderen Gruppierung entsprechend gut gelaunt angefeuert wurden. Unerwarteterweise hatten aber nicht die kleinen Brüder von „Smokie“ die Aufgabe übernommen, als erste auf die Bühne zu gehen, sondern es fiel den bayerischen Starkstromrockern „Voltage“ zu, den undankbaren Job des Anheizers zu übernehmen. Die gingen pünktlich um 19 Uhr, ungeachtet dieser für einen Gig ungewöhnlich frühen Tageszeit, mit „Rock ’n’ Roll Damnation“ gleich in die Vollen. Leadgitarrist Peter Hampl tobte in der typischen Angus-Young-Schuluniform im Duckwalk über die Bühne und brachte damit die AC/DC-Fans – die mit wilden Tanzeinlagen mindestens ebenso viel Aufmerksamkeit erregten wie die Akteure auf der Bühne – schon hier zum kollektiven Ausrasten. Christian Schweikart, der den „Barzi-Bon“ (Scott) gab und sich in späteren Songs auch in den „Bayern-Brian“ (Johnson) verwandelte, schöpfte gleich im ersten Song 90 Prozent seines außergewöhnlichen Stimmpotenzials aus. Die fehlenden 10 Prozent rief er wenig später, nun richtig warm gesungen, ab. Schweikart und Hampl machten die Show, während ihre Kollegen, Rhythmusgitarrist Christian Müller, Bassist Christoph Kantsberger und Schlagzeuger Michael Waibl, im Hintergrund für den notwendigen Druck sorgten. Schweikart, genannt „Goodman“, schaffte es schnell, das Publikum auf seine Seite zu ziehen. Den Song „Have a Drink On Me“ aus dem 1980er Album „Back In Black“ machte er zu einem virtuellen „Prost“, bei dem der ganze Marktplatz mit anstieß. Im Song „Dirty Deeds Done Dirt Cheap“ wiederum brauchte er den Refrain gar nicht selbst zu singen, sondern konnte sich darauf beschränken, den lautstarken Publikumschor zu dirigieren. Hampl setzte dem im „Bad Boy Boogie“ einen Striptease entgegen, bei dem zweimal kurz sein nacktes Hinterteil zum Vorschein kam. Massenhysterie unter den anwesenden Frauen löste er damit zwar nicht aus, trotzdem gab es für die Einlage viel Beifall und fröhliches Gelächter. Zu „Let There Be Rock“ ließ er sich schließlich von Schweikart, auf dessen Schultern sitzend, durch die Zuschauermenge zum Marktplatzbrunnen tragen, wo er ein tolles Gitarrensolo zum Besten gab. Kurzum, „Voltage“ ließen es ordentlich krachen und machten sich sehr viel neue Freunde. Schade nur, dass das Glockengeläute zu „Hells Bells“ aus der Konserve und nicht aus dem hinter der Bühne liegenden Stiftskirchturm kam ... Von AC/DC zu Smokie – ein schwieriger Übergang? Nicht für Tonmischer Jürgen „Soundler“ Baum, der die Umbaupause auf der Bühne dazu nutzte, das aufgeheizte Publikum mit dem sehr gewählten „Una Festa Sui Prati“ von Adriano Celentano wieder auf Normal-Null herunterzufahren. Und tatsächlich ging sein Plan auf, denn als die „Smokie Revial Band“ ihre Show mit „I’ll Meet You At Midnight“ eröffnete, zeigten die anwesenden Headbanger, dass ihnen das Parkett auch im Discofox-Rhythmus nicht zu glatt ist. Sänger Matthias Beringer, der optisch weder an Original-Smokie-Frontmann Chris Norman noch an dessen Nachfolger Alan Barton und Mike Craft, sondern eher an Status Quo-Gründer Francis Rossi erinnerte, erschien in weißer Hose und weißen Seidenhemd auf der Bühne und brachte die Herzen seiner meist weiblichen Fans optisch und stimmlich zum Schmelzen. Unterstützt wurde er dabei von Kirsten Beran (Akustikgitarre), Glenn Müller (E-Gitarre), Joe Ventes (Keyboards), Sal Nurito (Bass) und Armin Scherf (Schlagzeug). Wie es sich für eine Smokie-Tribute-Band gehört, beteiligten sich alle sechs Musiker am typischen Chorgesang, wobei man das Problem mit den ganz hohen Tönen so löste, dass mit Kirsten Beran eine Frau diese Parts übernahm. Außerdem schlug man mit Berans Einsatz gleich zwei Fliegen mit einer Klappe, denn sie gab später im Duett mit Beringer im Song „Stumblin’ In“ auch noch die Suzie Quatro. Mit gut gemachten Kopien von Klassikern wie „Don’t Play Your Rock ’n’ Roll To Me“, „Wild Wild Angels“, „Oh Carol“ und natürlich „Living Next Door To Alice“ begeisterte die „SRB“ und durfte erst nach mehreren Zugaben, darunter die berühmte „Midnight Lady“, vom Platz gehen.

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