Neustadt Vor dem Abi ein Leben retten

Er würde es jeder Zeit noch mal machen, selbst wenn er sein Abitur wiederholen müsste. Die Rede ist von dem 19-jährigen Daniel Frech aus Diedesfeld, der in der Hauptlernzeit für das Abitur Knochenmark gespendet hatte.

Es begann harmlos: Daniel Frech war einer der 152 freiwilligen Spender des Leibniz-Gymnasiums, die sich bei der Registrierungsaktion „Leben spenden macht Schule“ Anfang Februar 2014 in die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS) aufnehmen ließen. Und wie es der Zufall wollte, passte Daniel Frechs Profil genau zu einem 53-jährigen Mann aus Italien, der an Blutkrebs erkrankt war. Nach intensiven Gesprächen mit seiner Familie, vor allem seiner Mutter, die Krankenschwester am Hetzelstift ist, und einer Vertrauensperson an der Schule, dem Studiendirektor Christof Miszori, kam Daniel Frech zu dem Entschluss, sich auf die Knochenmarkspende einzulassen. Im November schrieb er noch die letzte Kursarbeitswoche. Am 12. Dezember fuhr er zur Voruntersuchung nach Frankfurt ins Blutspendezentrum. Dort begannen die Voruntersuchungen, wie noch mal Blut nehmen, Ultraschall von Milz und Leber, die gesund sein müssen, weil bei der Behandlung die Milz anschwillt, was bewirkt, dass sich dort die Stammzellen vermehren. Fortan durfte der junge Mann keinen Sport mehr treiben, was ihm besonders schwer fiel, und musste sich morgens und abends insgesamt neun Spritzen ins Unterbauchgewebe setzen, was die Stammzellenproduktion anregt. Mindestens vier Liter Flüssigkeit galt es am Tag zu trinken. Daniels Mutter kochte Tee, kaufte Saft oder stellte ihm Sprudel auf den Schreibtisch. Bauch- und Rückenschmerzen, Symptome wie bei einer Grippe und nächtliches Schwitzen nahm Daniel Frech in Kauf. Die letzte Nacht vor der Entnahme am 22. Dezember verbrachte er schon in Frankfurt im Hotel mit seiner Freundin Selina Moth. „Nein, so aufgeregt war ich gar nicht“, erinnert sich Daniel Frech, der sich für eine Entnahme ohne Vollnarkose entschied. Dreimal lief sein Blut innerhalb von fünfeinhalb Stunden durch eine Maschine, die die Stammzellen separiert. In beiden Armen steckten fünf bis sechs Zentimeter lange Kanülen. Daniel musste dafür sorgen, dass sein rechter Arm ganz still lag, wobei er in der Hand einen Ball hielt, den er drücken musste, um ihn dann wieder loszulassen. Seine Freundin war die ganze Zeit dabei. Sie machte Fotos und schickte sie zur wartenden Familie nach Hause. Gemeinsam schauten sie Fernsehen, damit die Zeit schneller vergeht. Danach ging es dem tapferen jungen Mann eigentlich ganz gut, abgesehen von einem Absinken des Calciumspiegels, das sich in Kribbeln in Händen und Lippen äußerte. „Extrem niedriger Blutdruck und Schmerzen im rechten Arm waren aber auszuhalten“, so Daniel Frech. Kuriere mit der Kühltasche standen bereit, um das gespendete Material nach Italien zu fliegen – zu einem Mann, der damit wohl das schönste Weihnachtsgeschenk seines Lebens erhielt. Daniel würde ihn gerne kennenlernen und will das noch angehen. Eine anonyme Kontaktaufnahme ist möglich. Die Entnahme der Stammzellen fand zu Beginn der Weihnachtsferien statt, in der heißen Lernphase fürs Abitur. Die schriftlichen Abiturprüfungen mit den Leistungskursen Sozialkunde, Englisch und Deutsch bestand Daniel wenige Wochen später. Mit dem Abizeugnis erhielt er auch den Preis der Schulgemeinschaft für besonderes soziales Verhalten. Jetzt möchte er erst mal ausspannen, bei einem Ferienjob Geld verdienen und mit seiner Freundin nach Mallorca fliegen. Er denkt über ein duales Studium in den Bereichen Sport, Medien, Kommunikation oder Werbung nach. (utge)

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