Neustadt Viel mehr als „touristischer Austausch“

„Es bringt nichts, nur Schaufensterreden zu halten“, betont Bürgermeister Lothar Lorch (CDU) im RHEINPFALZ-Gespräch auf die Frage, ob die Konflikte zwischen Deutschland und der Türkei auch ein offenes Thema beim Austausch zwischen Haßloch und Silifke sind. Und: „Natürlich sind gewisse Vorbehalte in der Bevölkerung spürbar“, bestätigt auch der für Partnerschaften zuständige Erste Beigeordnete Tobias Meyer (CDU). Das betreffe genauso den derzeit ruhenden Schüleraustausch, „denn die Eltern machen sich Gedanken“. Aber nach einer Gebietsreform hat sich die Kernstadt Silifkes mit rund 60.000 Einwohnern inzwischen um zahlreiche Ortsgemeinden vergrößert, so dass das Gebiet nun 130.000 Menschen umfasst, erklärt Lorch: Eine Partnerschaft zwischen Silifkes Stadtbezirk Tasucu zur nordrhein-westfälischen Stadt Bergkamen mit vielen türkischstämmigen Bürgern bestehe zudem fünf Jahre länger als die Verbindung zu Haßloch. Allerdings ist die Verwaltungsspitze sicher, dass gerade die bisherige Pflege der Partnerschaft erst den offenen Austausch ermögliche: „Was da so alles passiert, war durchaus auch beim Abendtisch Thema“, berichtet Lorch von der jüngsten Reise nach Silifke. „Aber wir sind sehr dankbar für den Eindruck, dass die Partner offen mit uns reden.“ Mitte Mai hatte eine kleine Abordnung aus Haßloch - laut Lorch und Meyer eine „bewusst und auf gegenseitigen Wunsch sehr klein gehaltene Delegation“- fünf Tage lang Silifke besucht und im Gegenzug kurz darauf sechs Vertreterinnen Silifkes empfangen. Mit der stellvertretenden Bürgermeisterin Esen Tuba Tol (ebenfalls CHP) hätten zwei Stadtratsmitglieder, eine Finanzverwalterin, eine Bauamtsmitarbeiterin und die Pressesprecherin Haßloch besucht, um die Bauverwaltung und administrative Strukturen in einem deutschen Rathaus kennenzulernen. Dezernent Meyer zeigt sich beeindruckt: „Es ist wichtig zu sehen, dass Partnerschaftsbesuche nicht auf Spaß und Freude und Reisegruppen ausgelegt sind. Die türkischen Freunde wollen extrem viel lernen, das sie zuhause in ihrer Kommune einsetzen können.“ Dabei spreche er im Bereich der freiwilligen Leistungen „auf keinen Fall von Unterstützung in Form von Geld“, sondern rein inhaltlicher Natur oder auch mit Fürsprache bei türkischen Behörden: „Wir erwarten derzeit Vorschläge, wie die Partnerschaft weiter gewünscht ist. Selbst möchten wir einen offiziellen, aber auch einen privaten Austausch der Menschen und dazu Projekte wie etwa im Bereich der regenerativen Energien.“ In diesem Sektor könnten die Gemeindewerke über die Umsetzung erfolgreicher Projekte berichten, bejaht Lorch die Frage nach einer thematisch bezogenen Partnerschaftsarbeit. „Weder wir noch die Türken würden akzeptieren, dass diese Partnerschaft nur ein touristischer Austausch ist“, macht Thomas Stumpf als Vorsitzender des Partnerschaftsbeirats klar. Dennoch ist den Beteiligten wichtig, „dass die Menschen sich dabei begegnen“, sagt Elisabeth Metzner als Vorsitzende des Arbeitskreises Silifke.

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