Neustadt Spiel, Spaß und Dramatik

Upps: Beim Verlassen des Zauberschranks stellen André Caiser (Jonathan Steffen) und Jessy Biedermann (Lucie Peter) fest, dass si
Upps: Beim Verlassen des Zauberschranks stellen André Caiser (Jonathan Steffen) und Jessy Biedermann (Lucie Peter) fest, dass sie im alten Ägypten gelandet sind.

«Hassloch». Temporeiches Spiel, Spaß und Dramatik in verschiedenen Zeitaltern bot am Samstag die Premiere von „Die Zeit rennt – zwei Familien, eine Legende“, dem neuen, interaktiven Bühnenstück der „KuK“-Gruppe der Haßlocher WWP-Theaterakademie im Kulturviereck.

Die Familien Biedermann mit der quirligen Oma Bernadette (Marvin Becker, Sophia Switala, Lucie Peter, Maida Niksic und Désirée Wöhrle) und Caiser mit der gediegenen Großtante Rosalinda (Anika Zabler, Jonathan Steffen, Anina Krill, Pascal Strobl und Ronja Zabler) beanspruchen am Anfang, sorgsam getrennt, je eine Bühnenhälfte für sich. Man mag sich nicht und ist auch ziemlich gegensätzlich: Bei Biedermanns wird nach einem „Piep, piep, piep, wir haben uns alle lieb“ ordentlich am Tisch gegessen, während die Caisers auf der Couch lümmeln. Oma und Tante bilden dabei jeweils einen witzig zur Schau gestellten Gegenpol. Noch ahnen sie alle nicht, dass sie in Kürze ein geheimnisvoller Schrank beschäftigen wird, den die zwei Schreinerinnen (Christina Gein und Ellen Amendt), eifersüchtig streitend, mit Liebesinitialen des gleichen Freundes beschnitzt haben. In ihm befinden sich Kleider unterschiedlicher Epochen zur Reise in längst vergangene Zeiten. Und dann geht es los ... Arabische Musik erklingt, die ägyptische Pharaonin Hatschepsut betrauert den Tod ihrer Lieblingskatze (Alex Krill). Ein Mordanschlag wird vermutet. Tatverdächtig ist eine bisher unbescholtene Heilerin, die nun zum Tode verurteilt wird. Wie wird sie sterben? Die Szene stoppt, die Uhr läuft, zwei Darsteller ziehen eine Leine mit Buchstabenschildern in die Höhe. Wer von den Zuschauern bringt sie in die richtige Reihenfolge, um die Todesart zu erfahren und die Szene zu beenden? Zwei junge Gäste beginnen, auf Zuschauerzurufe hin vor der Bühne zu sortieren. „Strangulation“, die Heilerin bangt um ihr Leben, doch Jessica Biedermann erscheint überraschend auf Zeitreise, entreißt das bereits um den Hals der Heilerin geschlungene Tuch, verhindert so das Äußerste und verschwindet wieder im Schrank. Die nächsten Szenen folgen. Wer durch den Schrank in eine andere Zeit läuft, findet sich oft in weiteren Rollen mit erhöhter Spielanforderung wieder. So ist Pascal Strobl nicht nur Vater Caiser, sondern auch anklagender Pfarrer bei einem Hexenprozess. Marvin Becker, sonst Vater Biedermann, wird im Foyer zu Ludwig XIV., der seine Diener schikaniert, bis endlich ein goldener Prachtumhang Gnade vor seinen Augen findet. Ob in der bunten Hippie-Zeit oder im Weltkrieg, die Zuschauer bringen das Geschehen durch ihre Fragen voran und suchen nach weiteren Tüchern, so dass sowohl Jessica Biedermann (Lucie Peter) als auch André Caiser (Jonathan Steffen) zu Hause, bei ihren Familien, eine stolze Sammlung anlegen können. Durch unterschiedliche Spielebenen und Bühnenaufbauten entwickelt das Stück zusätzliches Tempo, so dass die Stopps, deren Längen durch das Abfragen von Tipps begrenzt werden können, nicht lähmen. Zum Schluss können die 13 „Avatare“ und Regisseurin Katerina Gein dann zu Recht viel Applaus für ihr bühnentauglichen Computerspiel entgegen nehmen. Zum heimlichen Liebling avancierte dabei Alex Krill als geheimnisvolle, kleine Katze, die in nahezu jeder Szene mit unterschiedlichen Namen auftritt. Zum Schluss ist er sogar der Schlüssel zur Lösung eines Tücher-Puzzles, das die zerstrittenen Familien endlich versöhnt.

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