Neustadt Noch viel zu jung für die Rente

77 ist Mani Neumeier inzwischen, doch bei dem, was der Drummer in Ruppertsberg ablieferte, kannt man nur sagen: Rockmusik hält o
77 ist Mani Neumeier inzwischen, doch bei dem, was der Drummer in Ruppertsberg ablieferte, kannt man nur sagen: Rockmusik hält offensichtlich jung.

«Ruppertsberg». Beim Auftritt der Gruppe „Guru Guru“ am Donnerstag in der Halle des TV Ruppertsberg gab es nur strahlende Gesichter: Hans Jürgen Holle, Organisator der neuen Kulturtage Ruppertsberg, konnte sich über mehr als 200 Besucher freuen. Diese wiederum waren durchweg positiv angetan von der musikalischen Darbietung, und die Band selbst, die den Auftakt ihrer „Legendary“-Jubiläumstour und die Veröffentlichung ihrer neuen Langspielplatte „Rotate!“ feierte, konnte sich keinen besseren Verlauf des Gigs, den sie erst nach mehreren Zugaben beenden durfte, wünschen.

Schon ein halbes Jahrhundert lang führt Schlagzeuger Mani Neumeier die Gruppe mit wechselnder Besetzung durch alle Höhen und Tiefen des Geschäfts. Mit Roland Schaeffer an Gitarre, Nadaswaram und Saxophon sowie Peter Kühmstedt am Bass spielte er bereits in den 70er Jahren und dann wieder ab den frühen 90ern zusammen. Gitarrist Jan Lindqvist ist erst 2016, nach dem Tod seines Vorgängers und Mentors Hans Reffert, zur Truppe gestoßen. Er stand in Ruppertsberg natürlich unter besonderer Beobachtung, da alle gespannt waren, wie sich der „Neue“ schlagen würde. Um es vorweg zu sagen: Der gebürtige Schwede machte seine Sache sehr gut, ist ein ausgezeichneter Musiker und passt hervorragend ins Bandgefüge. Schon bei „Dark Blue Star“, dem Stück mit dem die „Gurus“ ihre Show eröffneten, hatte er Gelegenheit, seine Kunst zu zeigen. Standesgemäß beginnt der Titel mit einem Schlagzeug-Intro von Neumeier, geht dann aber schnell in eine lautstarke Gitarrenorgie über, bei der sich Lindqvist und Schaeffer die Führungsrolle teilen. Schaeffer, der ein T-Shirt mit der Aufschrift „Who the fuck is Mick Jagger?“ trug, wechselte im Anschluss bei „Iddli Killer-Easy“ zum Nasdawaram über, einem exotischen Blasinstrument, das er Anfang der 80er Jahre im Rahmen seines Studiums der südindischen Musik erlernte und dann in die Rockmusik einführte. Auch Lindqvist tauschte danach zwischenzeitlich das Instrument und griff bei „Wonderland“ erstmals zur Lap-Steel- statt zur E-Gitarre. Hier wurden bei vielen langjährigen „Guru Guru“-Fans zwangsläufig Erinnerungen an Hans Reffert wach, der die Slide- oder Hawaii-Gitarre ebenfalls oft und gerne spielte. „Guru Guru“ ließen ihren Zuhörern aber keine Zeit, solchen Gedanken nachzuhängen, sondern luden jetzt mit „Read Air“ zum Tanz vor der Bühne ein, einer Aufforderung, der viele gerne Folge leisteten. Doch gerade als der Stimmungspegel ganz oben war, schnappte sich Neumeier seine Stand Tom, eine Trommel auf Standfüßen, kam damit hinter seinem Schlagzeug hervor und stimmte damit die ruhigere, fast sogar ein wenig düstere Nummer „Living In The Woods“ an. Solche Aktionen sind typisch für „Guru Guru“. Eintönigkeit, Routine und Klebenbleiben an nur einem Stil gibt’ bei ihnen nicht. Nicht zuletzt deshalb konnte das Quartett über 50 Jahre so erfolgreich sein und zur Paradeband des Krautrock werden. Diesen, der experimentellen deutschen Musikbewegung der frühen 70er von englischen „Experten“ als Abwertung zugedachten Begriff, hefteten sich Gruppen wie „Guru Guru“ damals und heute voller Stolz ans Revers. Wie abgefahrener Krautrock zu klingen hat, führten Mani & Co. beim von Schaeffer gesungenen „Spacebaby“ vor, das ebenso gut ankam wie das einzige Stück der neuen CD, das an diesem Abend gespielt wurde: „Magic Tree“, eine flotte Rocknummer, die bei genauem Hinhören stellenweise leichte Ähnlichkeiten mit „Radar Love“ von „Golden Earring“ aufweist. Zu absoluten Highlights des Konzerts aber wurden, wen wundert’s, die ältesten „Guru“-Nummern „Ooga Booga“ und der heimliche Hit der Band, „Der Elektrolurch“, der heute „Elektrolurch Mutation“ heißt. Auf „Ooga Booga“ hatten sich schon vorher alle gefreut, da, wie den meisten bereits bekannt war, Mani Neumeier zu diesem Song immer mit einem Sack voller Kannen und Topfdeckel auf die Bühne kommt, diese auf den Boden schüttet und darauf ein Schlagzeugsolo improvisiert. Showtime ist natürlich auch beim „Elektrolurch“ angesagt. Hier erscheint der rüstige 77-Jährige mit einer Kombination aus Maske und Kopfbedeckung, an der kleine Lämpchen angebracht sind, die ihm auf der schwach beleuchteten Bühne das Aussehen eines außerirdischen Wesens verleihen. So maskiert, verwickelt er seine Bandmitglieder in dem sehr rhythmisch gehaltenen Song in ein Zwiegespräch. „Was bedeutet eigentlich der Name ,Guru Guru’?“, fragt er Roland Schaeffer, und meist erhält er von dem diese Antwort: „Der Name ,Guru Guru’ ist zum Beispiel prähistorisch. Er soll, kann und zeigt aber nichts.“ So umfangreich aufgeklärt, wollte die Band ihre Anhängerschaft jetzt eigentlich verabschieden. Die zeigte sich aber den Rockdinos gegenüber gnadenlos und verlangte von ihnen noch zwei weitere, kraftraubende Zugaben.

Einstand gelungen: Die TV-Halle erwies sich beim ersten großen Konzert der neuen „Kulturtage Ruppertsberg“ mit „Guru Guru“ als g
Einstand gelungen: Die TV-Halle erwies sich beim ersten großen Konzert der neuen »Kulturtage Ruppertsberg« mit »Guru Guru« als gute Location.
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