Neustadt Niederkirchen: Warum musste das Rind sterben?

Zebus gelten als genügsam. Sie werden aber unberechenbar, wenn sie aufgeschreckt werden, sagt der Besitzer der ausgebüxten Herde
Zebus gelten als genügsam. Sie werden aber unberechenbar, wenn sie aufgeschreckt werden, sagt der Besitzer der ausgebüxten Herde.

Zwei Jugendliche haben mit angesehen, wie ein entlaufenes Rind erschossen wurde - war Einfangen nicht möglich?

Zwei Jugendliche aus Niederkirchen haben mit angesehen, wie ein Rind von Jägern erschossen wurde. Es gehörte zu den Tieren, die vergangene Woche in Forst ausgebüxt waren (wir berichteten). Die beiden fragen sich: Musste das sein? Es war doch eine friedliche Kuh. Der Besitzer erklärt, warum Einfangen für ihn nicht infrage kam. Finn Rautenberg wollte am vergangenen Donnerstagabend mit seinem besten Freund und den Hunden eine Runde in Niederkirchen drehen. „Ein bisschen Sonnenuntergang schauen“, sagt er. Bis da plötzlich diese Kuh stand. Mitten im Gelände, gemütlich grasend. Der 16-Jährige und sein Freund hatten davon gehört, dass Rinder ausgebrochen waren und aufwendig gesucht wurden, deshalb verständigten die beiden die Feuerwehr. Es habe kaum zwei Minuten gedauert, bis Jäger kamen. „Sie haben sofort geschossen und sind einfach weitergefahren“, erinnert sich Rautenberg, den das Erlebte spürbar mitnimmt. Er und sein Freund waren davon ausgegangen, dass jemand kommen würde, der die Kuh einfängt. Mit einem Schuss hatten sie nicht gerechnet. „Das war echt eine süße Kuh, die hat keinen gefährlichen Eindruck gemacht“, schildert er die Situation.

"Auch handzahme Rinder werden da unberechenbar"

Dass der Eindruck einer handzahmen Kuh entstanden ist, kann Mathias Klug verstehen. Ihm gehören die entlaufenen Zwergzebus. Doch der Schein trüge, sagt er: Das Tier sei unberechenbar gewesen und habe nur eine kurze Rast eingelegt. Einfangen sei nicht möglich gewesen. „Solange kein Druck von außen kommt, bleiben die ruhig. Aber es bleiben Lebewesen, es sind keine Computer, die man ein- und ausschalten kann. “ Pferde sind das Hauptgeschäft des Hochdorf-Assenheimers, die Zebus hält er zur Landschaftspflege. Weil diese Rinderrasse sehr genügsam ist und beinahe alles frisst, was wächst, hatte er sie auf einer seiner Flächen in Forst eingesetzt. Die Herde hatte am vergangenen Mittwoch ihren Dienst getan und sollte deshalb eingefangen und abtransportiert werden. Doch dabei sei es schwierig geworden, berichtet Klug. Er vermutet, dass der Hund eines Spaziergängers die Herde aufgeschreckt und nachhaltig verunsichert hatte. „Auch handzahme Rinder werden da unberechenbar“, sagt er. Es sei nicht möglich gewesen, sie anzulocken oder einzufangen.

"Da ist keine Zeit zum Reden"

Irgendwann hätten fünf Tiere Anlauf geholt und seien losgerannt. „Kopf runter und unterm Zaun durch“, sagt Klug. Er habe direkt die Polizei verständigt und gesagt, welche Gefahr von den Tieren ausgeht. Er wollte verhindern, dass die Rinder auf die Bundesstraße rennen, wo sie mit einem Auto zusammenstoßen und Menschenleben gefährden könnten. Die Polizei suchte am späten Abend mit Hubschrauber und Wärmebildkamera nach den Tieren. Eines war bereits mit einer Regionalbahn zusammengestoßen und musste erschossen werden. Ein weiteres ist bis jetzt noch in der Gegend unterwegs und die drei übrigen wurden von Jägern erschossen. Darunter das Rind, das Finn Rautenberg und sein Freund am Donnerstag haben sterben sehen. Dass niemand etwas erklärt, niemand mit ihnen geredet habe, habe diese Situation noch schwerer für sie gemacht, sagt Rautenberg. „Da ist keine Zeit zum Reden“, sagt Klug dazu. Die Jäger hätten sofort handeln müssen. Und die nächste Kuh sei zu diesem Zeitpunkt schon gesichtet worden, deshalb sei auch danach keine Zeit für ein Gespräch geblieben.

Ihre News direkt zur Hand
Greifen Sie auf all unsere Artikel direkt über unsere neue App zu.
Via WhatsApp aktuell bleiben
x