Neustadt Neustadt: Ungereimtheiten bei Petition gegen Wäldchen-Rodung

Um diese Grünanlage kämpfen einige Anwohner.
Um diese Grünanlage kämpfen einige Anwohner.

Bei der Petition gegen die Rodung des Wäldchens in Lachen-Speyerdorf gibt es eine zurückgezogene Einwilligung und einen gesperrten Petenten.

Ende Januar teilt ein Joe Schuster aus Frankfurt der RHEINPFALZ-Redaktion per Pressemitteilung mit, dass es für die Initiative „Grün statt Grau – Keine Rodung der Parkanlage Flugplatz-/Haßlocher Straße“ bereits 865 Personen gebe, die im Internet (www.openpetition.de!67435) ihre Unterschrift hinterlassen hätten, davon 640 aus Lachen-Speyerdorf. Gleichzeitig zählt er Argumente gegen den Neubau des Feuerwehrgerätehauses an dem Standort auf. Wie mehrmals berichtet, fordern einige Anwohner, der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und Teile der Neustadter Grünen, die Grünanlage zu erhalten. Die Stadtratsfraktionen von CDU, SPD, FDP und FWG haben bislang an dem Standort festgehalten.

Name auf dem Flyer

Als Petentin für die Lachen-Speyerdorfer Initiative war bis vergangene Woche eine 81-jährige Bürgerin aus Lachen-Speyerdorf genannt, die dafür wohl ihre Zustimmung rein formal gegeben hat, wohl ohne allerdings abzuschätzen, was für eine Rolle sie damit übernimmt. Der Name der Frau taucht auch auf einem Flyer gegen die Rodung auf, der in Lachen-Speyerdorf verteilt wurde. Auf den Flyer war zur Kontaktaufnahme eine Postfachadresse genannt. Die Tochter der Petentin hat in den vergangenen Tagen dafür gesorgt, dass sie ihre Zustimmung zurückgenommen hat. Die Seniorin möchte auch nicht mehr in der Öffentlichkeit in dem Zusammenhang genannt werden. Deshalb verzichtet die RHEINPFALZ an dieser Stelle auf eine Namensnennung. Die 81-Jährige hat weder einen Computer noch selbst eine Internet-Adresse angelegt. Ihre Tochter teilt auf Anfrage mit, „entsprechende Maßnahmen eingeleitet zu haben“. Die Polizeiinspektion Neustadt bestätigte gestern, dass zu dem Vorfall eine Anzeige gestellt worden sei. Es werde derzeit aber noch geprüft, ob es zu Ermittlungen komme. „Wir müssen das Geschilderte erst bewerten“, so ein Polizeisprecher.

Nur technische Hilfe

Neuer Petent auf der Internetseite ist seit wenigen Tagen Joe Schuster. Joe Schuster ist der Schwiegersohn von Manfred Schuster, einem Anwohner aus der Flugplatzstraße. Dieser erklärt auf Anfrage, dass das Wäldchen unbedingt erhalten bleiben müsse, „weil dort so viele Vögel leben“. Auf die Frage, was er mit der Online-Petition zu tun habe, verweist er an seinen Schwiegersohn, der sich darum kümmere, und gibt dessen Nummer weiter. Joe Schuster erklärt gegenüber der RHEINPFALZ, für einige Gleichgesinnte nur technische Hilfe zu leisten. Mit seinem Schwiegervater habe dies nichts zu tun. Diesem habe er nur einen guten Anwalt für Verwaltungsrecht besorgt, damit er sich gegen das Projekt wehren könne. Schuster erklärt, Petenten kostenlos zu beraten. Auf die Frage, warum er seit wenigen Tagen im Internet als Petent genannt werde, sagt Joe Schuster: „Das ist nur vorübergehend. Warum die bisherige Petentin ausgefallen ist, weiß ich nicht.“ Die Dame habe sich zuvor mit enthusiastischen Bemerkungen für den Erhalt des Wäldchens ausgesprochen und die Wortführerschaft als ihr Anliegen bezeichnet. Man habe ihr zugesagt, für relevante Aufgaben Hilfe zur Seite zu stellen. Die Petition sei aber nur mangelhaft geleitet gewesen. Deshalb habe er sich dem Anliegen beratend angenommen.

Petenten-Wechsel komme öfter vor

RHEINPFALZ-Anruf bei Openpetition in Berlin: „Grundsätzlich ist es in Deutschland verboten, sich als eine andere Person auszugeben. In unseren Nutzungsbedingungen nehmen wir darauf Bezug. Petitionen sind nur zulässig, wenn sich der Petent mit seinem eigenen, vollständigen Namen oder im Namen einer juristischen Person unter Angabe der vollständigen Anschrift und der aktiv genutzten E-Mail-Adresse registriert“, erklärt Pressesprecherin Jessica Seip Der Wechsel eines Petenten sei völlig legitim und komme öfter vor, so die Sprecherin: „Wenn wir Zweifel an der Identität des Petenten haben, dann schränken wir die Rechte des Petenten ein und überprüfen die Identität und Adresse. Dazu verschicken wir einen Brief an die Adresse des Petenten, der einen Bestätigungscode enthält, den der Petent auf der Seite eingeben muss, um sein Konto wieder zu reaktivieren. Dieses Verfahren hat die gleichen Sicherheitsstandards wie das der Petitionsplattform des Bundestages.“ Seip bestätigt, dass in dieser Woche der Zugang für Jo Schuster vorübergehend gesperrt war, die Petition aber weiter online stand. Auslöser war wohl die RHEINPFALZ-Anfrage. „Es ist eine Identitätsprüfung im Bezug auf Herrn Joe Schuster durchgeführt worden, die positiv ausgefallen ist. Er hat wieder Zugang“, so Seip am Donnerstag.

Ortsvorsteher ist empört

Lachen-Speyerdorfs Ortsvorsteher Claus Schick bestätigt den Fall. Er habe sich selbst persönlich mit der Seniorin darüber ausgetauscht. Seitdem ist der SPD-Politiker empört: „Hier werden offensichtlich alte Leute, die sich nicht wehren können, missbraucht, um politische Stimmung zu machen.“ Er habe unter anderem auf Openpetition.de den Eintrag eines 85-Jährigen gefunden, der im Rollstuhl sitze und von dem er wisse, dass er die digitale Unterschrift nicht geleistet haben könne. Er sei grundsätzlich für Bürgerbeteiligung. „Aber die Wertigkeit der Petition ist bei diesen Indizien massiv beschädigt“, so Schick. Er sei auch erschrocken darüber, wie einfach es sei, Mitmenschen zu manipulieren, um ungefiltert und ungeprüft Druck auf die Kommunalpolitik auszuüben.

Die aktualisierte Internetseite von Openpetition in dieser Woche.
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