Neustadt „Neustadt ist mir sehr vertraut“

Annette Postel in ihrem Garten in Edenkoben.
Annette Postel in ihrem Garten in Edenkoben.
Frau Postel, Ihr aktuelles Programm, das Sie im Saalbau präsentieren werden, trägt die Überschrift „inteam“. Was gibt es darüber zu sagen?

„inteam“ halte ich für mein bisher großartigstes Programm, und das nicht nur inhaltlich, sondern auch tatsächlich aufgrund der großen und großartigen Besetzung mit dem Salonorchester Schwanen. Die Musiker sind nicht nur Instrumentalisten, sie sprechen, singen und agieren bei der Vorstellung auch mit. Vergleiche mit Max Raabes Palastorchester sind hier durchaus berechtigt. Kleiner Unterschied: Wir setzen weniger Blech, dafür mehr Streichinstrumente ein. Übrigens, bei einer Rundfunksendung beschrieb mich der Moderator einmal mit den Worten: „Wie Raabe, nur schöner.“ Ich bilde mir darauf natürlich nichts ein, fand den Spruch aber sehr lustig. Was passiert während der Vorstellung? Wir produzieren Spaß auf hohem Niveau. Wir können einfach gut miteinander und besitzen die Fähigkeit, über uns selbst lachen zu können. „inteam“ ist ein Programm, das wir nicht nur für das Publikum, sondern auch für uns selbst zusammengestellt haben. Wir haben dafür tatsächlich unsere Lieblingslieder ausgesucht. Was hat die Zahl „10“ damit zu tun? Es ist mein zehntes Programm, ich schreibe seit zehn Jahren eigene Texte, arbeite seit zehn Jahren mit dem Salonorchester zusammen und – Achtung Kalauer – wir treten am zweimal Zehnten-Zehnten, also am 20. Oktober, vor hoffentlich mindestens zehn mal zehn mal zehn Zuschauern auf. In Ihrem Genre sind Sie eigentlich konkurrenzlos. Fast niemand sonst traut sich, sogenannte E-Musik zwar ernsthaft zu präsentieren, aber dennoch mit vielen U-Elementen zu durchsetzen. Sie selber scheinen keine Berührungsängste zu verspüren. Ich liebe es zu parodieren, was mir unter die Finger kommt, und entwickle so die Ideen für meine Projekte. Ich finde, es muss nicht immer alles so bierernst genommen werden. Man sollte sich mal eine Auszeit gestatten, um herzlich lachen zu können. Viele Ihrer Lieder stammen aus den Bereichen der 1920er-Jahre, der Oper oder Operette. Heißt das, Sie machen in weitestem Sinn Covermusik? Nein, ich wollte nie „covern“, sondern stets eigene Interpretationen von bekannten und weniger bekannten Stücken erstellen. Mittlerweile schreibe ich dafür immer mehr eigene Texte. Allmählich fließen auch Stücke mit ein, die vom Orchester selbst komponiert werden. Verfolgt man Ihre Laufbahn, fällt auf, dass sich ihr musikalischer Kosmos mehrfach verändert hat. Die Annette Postel von heute hat sich gegenüber der von vor zehn Jahren beträchtlich weiterentwickelt. Alles begann mit Parodien von Liedern aus den 1920er-Jahren und meinem ersten Programm „Benjamin, ich hab’ nichts anzuzieh’n“, setzte sich fort mit Opernparodien in „Sing oder stirb – operette sich wer kann“, ging dann etwas jazziger weiter mit „Auszieh’n“ und wendet sich demnächst sogar dem Tango zu. Premierentermin für dieses neue Programm ist am 16. Februar im Karlsruher Tollhaus. Danach komme ich mit der Show, die unter dem Motto „Alles Tango oder was?“ steht, auch nach Edenkoben und Mußbach. Wie einfach war der Weg von Opernparodien zu mehr jazziger Musik? Gar nicht so leicht, wie man sich das vielleicht vorstellt. Man darf nur parodieren, was man kann. Oper habe ich gelernt, kein Problem. An Jazz musste ich mich erst heranarbeiten. Deshalb habe ich mir mit „Auszieh`n“ lange Zeit gelassen. Ich kann swingen, habe ein gutes Rhythmusgefühl und hatte trotzdem Zweifel, ob ich mich im Jazz behaupten kann. Die wurden mir aber von den Orchestermitgliedern – alles studierte Musiker, auf deren Meinung ich großen Wert lege – genommen. Es dauert einfach, bis man soweit ist, sich so sicher zu fühlen, um gesanglich improvisieren zu können. Wenn man aber am Ziel ankommt, ist es ein herrliches Gefühl, die musikalische Freiheit zu genießen. Wo sind die Unterschiede zwischen „inteam“ und den Vorgängern zu suchen? Im neuen Programm und auf der neuen CD sind Songs aus allen Richtungen vertreten, die wir sorgfältig ausgewählt und anschließend „with a little help from my friends“ bühnenreif gemacht und auf CD gebrannt haben. Wolfgang Heinzel, Dirigent am Staatstheater Karlsruhe, ist es gelungen, ein tolles Arrangement des Stones-Klassikers „Satisfaction“ für uns zu erarbeiten. Hans-Georg Wilhelm, musikalischer Leiter des Staatstheaters Baden-Baden, hat uns beispielsweise „Dein ist mein ganzes Herz“ von Franz Lehár, in unserer Version „Dein war mein ganzes Herz“ auf den Leib geschrieben. Er hat auch „Im Theater ist nichts los“ von Georg Kreisler, der uns zu Lebzeiten sogar persönlich die Erlaubnis dazu gab, so verändert, dass der Song sich nahtlos in unsere Darbietung einfügt. Warum hat es so lange gedauert, bis „inteam“ auf die Bühne und in die Plattenläden kam? Die Idee zu der CD wurde schon geboren, als Kreisler noch lebte. Aber Klassiker brauchen lange, um ein Projekt so umzusetzen, dass alle damit zufrieden sind. Deshalb dauerte es insgesamt fast sechs Jahre, bis Programm und Scheibe, so wie sie heute vorliegen, im Kasten waren. Gott sei Dank bin ich keine politische Kabarettistin, deren Texte – immer der jeweiligen Situation angepasst – ständig überarbeitet oder neu gestaltet werden müssen, sondern kann meine Programme sehr lange spielen. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit dem „SOS“, wie das Salonorchester Schwanen gerne genannt wird? Der Kontakt kam damals über Elektropost zustande. Ich bin zu der Zeit öfter mit verschiedenen Salonorchestern, darunter die Kölner Capella Amalfi, aufgetreten. Ich tourte sozusagen als Salondiva, das ist der weibliche Part des Salonlöwen, wie ich es gerne ausdrücke. Da erreichte mich eines Tages eine E-Mail-Nachricht: „Warum denn in die Ferne schweifen, wenn das Gute spielt so nah?“ Das Salonorchester hatte sich in Bruchsal gegründet und von mir gehört, da ich damals häufig im Karlsruher Raum unterwegs war. Die Musiker fragten also bei mir an, wir probten zusammen, alles passte wunderbar und seither bilden wir ein Team und haben mittlerweile, inklusive „inteam“, bereits drei Alben gemeinsam aufgenommen und ebenso viele Programme zusammen gespielt. Und wie kam es jetzt zum Konzert in Neustadt? Neustadt ist mir sehr vertraut. Ich habe einen meiner ersten Auftritte da absolviert und den Kontakt zu meinem Publikum und Freunden hier trotz zahlreicher Auftritte im gesamten Bundesgebiet und darüber hinaus immer aufrechterhalten. So wirkte ich gerade letztes Jahr wieder bei einem Benefizkonzert für die Tagesbegegnungsstätte „Lichtblick“ mit, was mir sehr viel Freude bereitet hat. Darüber kam schließlich der Kontakt zum Kulturverein „Wespennest“ zustande, der mich jetzt für das Konzert im Saalbau eingeladen hat. Info Annette Postel mit dem Salonorchester Schwanen am 20. Oktober, 20 Uhr, im Saalbau/Neustadt. Eintrittskarten in der Buchhandlung Quodlibet, Kellereistraße, bei Tabak Weiß, Hauptstraße, in allen RHEINPFALZ-Geschäftsstellen und Vorverkaufsstellen oder unter www.reservix.de. | Interview: Hans Kraus

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