Neustadt Modern, vielleicht sogar zeitlos

Das „Ludwig Hornung Trio“ präsentierte im Steinhäuser Hof (allerdings nicht in Originalbesetzung) die Stücke seiner Debüt-CD „Sp
Das »Ludwig Hornung Trio« präsentierte im Steinhäuser Hof (allerdings nicht in Originalbesetzung) die Stücke seiner Debüt-CD »Spieler«.

«Neustadt». Beinahe hätte das Konzert mit dem „Ludwig Hornung Trio“ am Dienstagabend im Steinhäuser Hof gar nicht stattfinden können. Bassist Phil Donkin verhindert, der Schlagzeuger Bernd Oezsevim ohne Schlagzeug-Set – und das ausgerechnet in Neustadt, wo der inzwischen in Berlin beheimatete Ludwig Hornung herkommt, genauer gesagt aus Mußbach, und am Kurfürst-Ruprecht-Gymnasium „musikalisch aufgewachsen“ ist.

Aber es klappte doch: Für Donkin sprang Bassist Johannes Felscher ein, als ob er schon immer Bestandteil des Trios gewesen wäre. Und wie gut, dass der zweite Vorsitzende des Neustadter Jazzclubs, Florian-Alexandru Zorn, selbst Schlagzeuger, in Neustadt eine Musikschule betreibt und ein feines Gretsch-Drumset ausleihen konnte, an dem Schlagzeuger Bernd Oezsevim – Berliner mit saarländischen Wurzeln und beispielsweise mit der Freejazz-Legende Gunter Hampel unterwegs – dann doch seine Arbeit verrichten durfte. Ein Klavier gab’s zum Glück auch noch. Hornung startet den viel zu kurzen Abend mit der Komposition „Echos“: im Kern zwei seltsam verschleppte, hängende Akkorde im Wechsel, über die dann improvisiert wird. Hornung liefert einen weichen, angenehmen, singenden Ton, nimmt sich zurück und gibt damit Raum für Bass und Schlagzeug, lässt sich so von den Mitmusikern inspirieren und nimmt dann wieder selbst Fahrt auf. Stilistisch fängt seine Musik irgendwo hinter Hardbop an. „Ja, Hardbop muss man gelernt haben“, bestätigt er im Gespräch, erst danach geht es für ihn richtig los. Die Musik ist zweifelsfrei modern, vielleicht sogar zeitlos, lässt aber genügend Raum, um folgen zu können. Beim „Triebwerk Hornung“, einer anderen eigenen Formation, schmunzelt der sympathische Pianist, „wäre es noch freier“. „Ich könnte den ganzen Abend eigene Kompositionen spielen, möchte aber nicht angeberisch sein“, sagt der Musiker irgendwann. Deshalb hat er Wayne Shorters Stück „Dolores“ umgeschrieben zu „Kokolores“. Auch an Thelonius Monk, „ein verschrobener Typ“, und seiner „Ugly beauty“, die im Original ein Walzer im Dreiviertel-Takt ist, will er nicht vorbeigehen. Hornung verschiebt die Melodie behutsam zum Vierviertel-Takt, ohne ihren Charakter zu zerstören. Beide Stücke sind ebenso wie schon „Echos“ auch auf der ersten, im vergangenen Jahr in der renommierten Reihe „Jazz thing – Next Generation“ erschienenen Debüt-CD des Hornung-Trios mit dem Titel „Spieler“ erschienen. Danach wieder ganz Eigenes: Bei „Im Wald“ grummelt es in der linken Hand, während die rechte den Bass mit Akkorden aus den 20er Jahren begleitet. Hornung – Jahrgang 1986 – wurde, wie er berichtet, „eigentlich erst in den letzten Jahren mit eigener Musik aktiv“. Bereits mit sechs lernte er klassisches Piano und Schlagzeug, heimste Preise bei „Jugend musiziert“ und „Jugend jazzt“ ein, beschäftigte sich als Teenager mit Electronic-Beats und studierte dann zum einen Jazz-Piano mit Auszeichnung, parallel aber auch klassisches Klavier. Vermutlich ist es dieser Mix, aus dem sich die entspannende Ruhe erklärt, die er ausstrahlt, diese lockere Gelassenheit, sich ganz seinen Inspirationen hingeben zu können, weil er das Instrument in all seinen Facetten und Möglichkeiten verinnerlicht hat. Auch das Titelstück der CD, „Der Spieler“ nach dem gleichnamigen Roman von Dostojewski, ist an dem Abend natürlich zu hören, und man versteht, warum Hornung von manchem Kritiker mit internationalen Größen verglichen wird. Hoher Standard ist das auf jeden Fall. Das letzte Stück des offiziellen Teils trägt dann einen programmatischen Titel: „Nach Hause wanken“. Es bietet eine verwirrende Metrik, bei der man als Zuhörer selbst ins Wanken gerät. Mit wirbelnden Soli entlässt Hornung ein zufriedenes Publikum, darunter natürliche viele Wegbegleiter aus vergangenen Tagen, nach Hause.

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