Neustadt Mit Spontaneität hat das wenig zu tun

Der Text ist wichtig, aber die Performance auch: Im Michel‘schen Hof weist Dozent Alex Geiger Poetry-Slam-Neuling Maria Eisenber
Der Text ist wichtig, aber die Performance auch: Im Michel‘schen Hof weist Dozent Alex Geiger Poetry-Slam-Neuling Maria Eisenberg und die anderen Workshop-Teilnehmer in die Geheimnisse der Vortragskunst ein.

«Neustadt». Die Verbindung scheint nahezu perfekt: Beim „Querfällteinfestival“ und dem zugehörigen Demokratiefest auf dem Hambacher Schloss im September wird es auch einen Spot für Poetry Slam geben – und dabei die Meinungsfreiheit eine zentrale Rolle spielen. Acht „Neu-Slammer“ bereiten sich seit diesem Samstag in einem Workshop auf ihren großen Auftritt vor.

Kursleiter Alex Geiger aus Landau war beim ersten Zusammentreffen positiv überrascht: Vom Zwölfjährigen über junge Frauen im Teenageralter bis hin zu einer Lehrerin und einem Techniker – die Gruppe ist von Alter und Erfahrungshorizont her bunt gemischt. „Poetry Slam ist eben nicht nur was für die Jugend, wie viele glauben“, betont Geiger. Vielmehr komme es darauf an, sich mit seinem Text zu identifizieren. Vorkenntnis bringen die meisten der Workshop-Teilnehmer keine mit. „Man muss aber bereit sein, sein Innenleben nach außen zu kehren“, weiß Geiger. Er selbst veranstaltet regelmäßig Poetry Slams im Gloria-Kulturpalast in Landau, ist im „wahren Leben“ aber Lehramtsreferendar. Sein Mitstreiter Julian Wieder vom Heidelberger Dichterkollektiv „Kamina“ verfasst derzeit seine Doktorarbeit. Beide waren schon 2016 bei der „Querfälltein“-Premiere dabei und halten eine Regel des Poetry Slams hoch: „ein Text pro Bühne“ – was heißt: Kommt ein Slammer an einen Ort zurück, muss er einen neuen Beitrag dabei haben. Was den ein oder anderen überraschen mag: Mit Spontaneität hat Poetry Slam wenig zu tun. „Das wirkt vielleicht so, so ist es aber nicht“, macht Geiger deutlich. Kein Slammer gehe unvorbereitet auf die Bühne. Daher standen beim ersten Workshop am Wochenende erst einmal Geschichtsunterricht („Woher kommt der Poetry Slam eigentlich?“) und einfache Schreibübungen auf dem Programm. Teilnehmer Benjamin Edrich aus Neustadt, der schon in der Vergangenheit privat kleine Texte verfasste, hat nach Tag eins schon die wichtigsten Regeln des Poetry Slams verinnerlicht: „Maximal fünf Minuten Redezeit und keine Hilfsmittel wie etwa Requisiten.“ Und obwohl man sich in einem Wettbewerb befinde – „klar, will man besser sein als der andere“, so Edrich – sei der gegenseitige Respekt besonders wichtig. „Man kann man selbst sein, also nichts falsch machen“, beschreibt Daniel Beck von der „Engagierten Jugend Neustadt“ seine Begeisterung für den Poetry Slam. Er habe sich schon Dichterwettstreite in Heidelberg, Landau und natürlich bei „Youtube“ angeschaut, jetzt wolle er einmal selbst mitmachen, so Beck. Der zwölfjährige Malik hat vorher ein Buch über bekannte Slammer gelesen, „das war einfach cool“, sagt er. Und Lehrerin Irmhild Pfeifer-Schütz hofft auf Anregungen für den Schulunterricht. Gerade für Schüler sei der Poetry Slam eine wertvolle Erfahrung, bestätigt Workshop-Leiter Geiger: „Weil es darum geht, seine eigene Meinung kund zu tun, dann aber auch mit der Rückmeldung, nämlich Zustimmung oder Ablehnung, umzugehen.“ Der aktive Part des Publikums mache den Poetry Slam so besonders, betont Geiger: „Die Zuschauer entscheiden, wer als Sieger von der Bühne geht.“ Gleichzeitig müsse man sich seiner Verantwortung bewusst sein. Die verdichtete Sprache könne Massen bewegen, deshalb müsse man sorgsam mit seinen Worten umgehen. Daran, aber auch an Gestik, Mimik, Intonation und am Sprechrhythmus arbeiten Geiger und Wieder mit den Workshop-Teilnehmern auch noch an zwei weiteren Samstagen. „Wir verfeinern nach und nach die Auftrittskompetenz“, erläutert Geiger und gibt schon die ersten Verbesserungstipps: „nicht leiser werden und mehr Aggressivität in die Stimme legen“, fordert er auf. Denn klar ist: In ihren Beiträgen beim Demokratiefestival treten die Nachwuchs-Slammer für die Grundwerte des Hambacher Festes ein. Kultur-Magazin

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