Neustadt Luft für den Weiher

Gestern Vormittag wartete der 200 Meter lange, blubbernde Schlauch darauf, ins Wasser gelassen zu werden.
Gestern Vormittag wartete der 200 Meter lange, blubbernde Schlauch darauf, ins Wasser gelassen zu werden.

Immer wieder haben Kommunen Probleme mit Schlamm am Boden eines stehenden Gewässers. Das Sediment aus verfaulten Blättern, Entenkot und Algen entzieht dem Wasser Sauerstoff – und den darin lebenden Tieren ihre Lebensgrundlage. In der Verbandsgemeinde Maikammer hatten diesen Sommer Feuerwehrleute zwei Weiher mit Frischwasser und damit mit Sauerstoff versorgt, um diese vorm Umkippen zu bewahren. Auch der Weiher im Deidesheimer Stadtgarten hat während der Hitze gelitten. Deshalb wurde etwa die Laufzeit der Fontäne verlängert. Die Stadt geht nun einen neuen Weg – und setzt auf Luft. Schlauch unter Wasser, Luft rein, sauberer Weiher. Stark vereinfacht ist das die Vorgehensweise, die Mitarbeiter der Firma Drausy GmbH aus Schweigen-Rechtenbach gerade im Weiher des Stadtgartens anwenden, um den Faulschlamm dauerhaft aufzulösen. Etwas komplizierter ist es in der Praxis dann schon, wie Isolde Kerst von Drausy erklärt: In den U-förmigen Schlauch wird über einen Kompressor Luft mit sechs Bar Druck gepumpt. Dann wird der Schlauch auf das Wasser gelegt, in Position gebracht und der Luftdruck auf ein Bar verringert. Ein Stahlseil zieht den Schlauch nach unten. „Allerdings auf die Sedimentschicht und nicht tiefer auf den Grund. Schließlich wollen wir das Wasser belüften und nicht den Schlamm“, betont Kerst. Über die kleinen Löcher – Drausy-Geschäftsführer Nikolaus Weth ließ sich dieses Schlauchsystem übrigens patentieren – kann dann kontinuierlich Luft zugeführt werden. „Wenn ich das biologische Milieu ändere, passt sich die Biologie an. Das wusste schon Chemiker, Physiker und Biochemiker Louis Pasteur vor über 100 Jahren. Wir verändern Milieus großflächig und linear, also gleichmäßig“, sagt Weth. „Wenn alles klappt, haben wir voraussichtlich im Sommer einen sichtbaren Effekt“, sagt seine Mitarbeiterin Kerst. Faulbakterien, die sich vom organischen Schlamm am Boden ernähren und zu einem starken Verbrauch des Sauerstoffs beitragen, sollen durch die Belüftung nun im besten Fall Mikroorganismen aktiviert werden, die den Schlamm abbauen und mineralisieren, erklärt Claudia Breuer, bei der Verbandsgemeinde Deidesheim zuständig für den Bereich „Natürliche Lebensgrundlagen und Bauen“. Dadurch werde dann weniger Sauerstoff gebunden und das Umkippen des Sees verhindert. „Das Gewässer wird wieder gesund und durch den Abbau des organischen Faulschlamms tiefer. Denn die biologischen Abbauprodukte werden zu Feinsand umgewandelt, der das Sediment des Gewässers verdichtet“, erklärt Breuer. Mit der Zeit werde auch der Algenbestand im Weiher reduziert und das Wasser geklärt. Neu eingetragenes organisches Material wie Laub werde zügiger abgebaut. Gefahr für Enten, Fische und andere Lebewesen bestehe nicht: „Durch das System werden die im Gewässer lebenden Tiere nicht beeinträchtigt.“ Das System der Firma Drausy ist laut Breuer erfolgreich in verschiedenen Gewässern zum Beispiel in Baden-Württemberg, Hessen und Thüringen installiert worden. Sie habe sich bei einigen Städten über die Zufriedenheit mit Drausy erkundigt. „Die Rückmeldungen waren positiv“, so Breuer. In Rheinland-Pfalz sei Deidesheim die erste Stadt, die bereit sei, diesen Weg zu gehen, sagt Kerst. Der gestern verlegte Schlauch soll dauerhaft im Weiher bleiben und beständig Luft abgeben. Die Einrichtung kostet nach Angaben von Breuer rund 20.000 Euro. „Hätten wir den Weiher ausgebaggert und den Schlamm entsorgen müssen, hätten wir mindestens das Doppelte bezahlt“, sagt Breuer. Die Aktion ist Teil des Sanierungskonzeptes für den Landschaftsweiher und seine Umgebung. Die Stadt wolle den Garten wieder schön und nutzbar machen. Zu dem Konzept gehört auch die Erneuerung der Brücke. Weil sie nicht mehr sicher war, musste sie ab 2014 gesperrt werden. Im August dieses Jahres wurde die Brücke saniert und wieder freigegeben. Gleichzeitig fingen die Stadtgärtner an, am mediterranen Hügel die Bepflanzung zu ergänzen, die in den vergangenen Jahren unter anderem durch Vandalismus Schaden genommen hatte. „Wir können uns glücklich schätzen, dass wir mit der Bahn und dem Steigenberger Hotel so gut zusammenarbeiten“, betont Breuer. So hätten Mitarbeiter der Deutschen Bahn Bäume an der Böschung zurückgeschnitten, damit kein Laub mehr in den Weiher fällt. Der Grundstücksbesitzer des Hotels habe zugestimmt, dass der Bodenfilter auf seinem Areal installiert werden durfte. Als Nächstes stünde die Sanierung des westlichen Weges im Stadtgarten an, dann der östliche, kündigt Breuer an.

x