Neustadt Land bei Schwarzen zugeknöpft

Saatkrähen sind während der Brutzeit ein Problem in Landau.
Saatkrähen sind während der Brutzeit ein Problem in Landau.

Das für Landau erstellte Saatkrähen-Vergrämungskonzept ist nicht finanzierbar. Trotzdem müsse punktuell etwas gegen die Vögel unternommen werden, sagt die Landauer CDU – nicht zuletzt deshalb, weil der Saatkrähenkot laut Medienberichten gesundheitlich bedenklich sein könnte. Als erste Maßnahme wollen die Christdemokraten, dass Bäume auf Schulhöfen so beschnitten werden, dass die Krähen darin keine Nester mehr bauen können. So hatte ein Gastwirt neben dem Landauer Rathaus das Krähen-Problem auf seiner Terrasse gelöst. Einschränkungen für Schulkinder, wie sie im Vergrämungskonzept vorgeschlagen worden sind, will Stadtrat Ralf Eggers nicht hinnehmen. Er meint damit Vorschläge wie die, dass die Kinder im Schulhaus frühstücken sollen, dass die Schulen mit Klimaanlagen ausgestattet werden könnten, damit die Fenster zu bleiben können, oder dass auf den Höfen Segel gegen den Dreck von oben aufgespannt werden. Eggers will den Bewegungsdrang der Kinder nicht beschnitten wissen, nur damit die Saatkrähen ihren Schutzraum uneingeschränkt nutzen könnten. Es müsse möglich sein, Nester entfernen zu lassen, sagt der Fraktionsvorsitzende Peter Lerch. Eggers geht einen Schritt weiter und fordert die Bejagung außerhalb der Siedlungsflächen – wie sie bei manchen anderen Krähenarten möglich ist. Gefährdet seien die Vögel nicht mehr, sie vermehrten sich stark. Auf die Rote Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten gehörten sie jedenfalls nicht mehr, bekräftigt Stadträtin Susanne Höhlinger. Die CDU sieht aber auch das Land in der Pflicht: Sie argumentiert, dass das Land Ausnahmen vom hohen Schutzstatus der Saatkrähen per Rechtsverordnung zulassen könne. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hatte im April 2018 befunden, dass entsprechende Verordnungen trotz des internationalen und deutschen Schutzes der Vögel möglich wären. Doch davon will das Umweltministerium nichts wissen. Es sehe darin keinen Mehrwert, teilte es auf Anfrage mit: Alles was rechtlich möglich sei, könne bereits heute von den Naturschutzbehörden per Einzelfallgenehmigung erlaubt werden. Für Rechtsverordnung und Ausnahme im Einzelfall seien dieselben Voraussetzungen erforderlich: das zwingende öffentliche Interesse oder die Wahrung der menschlichen Gesundheit. Und es müssten grundsätzlich alle zumutbaren Alternativen ausgeschlossen sein – wie die Umsetzung eines Vergrämungskonzeptes. Was gar nicht geht, betont das Ministerium, ist eine Reduzierung des Vogelbestandes. Das verhindere das Bundesnaturschutzgesetz, und auch eine Rechtsverordnung könnte nichts an dem Umstand ändern, dass die Saatkrähe laut Vogelschutzrichtlinie in Deutschland nicht bejagt werden darf. Aber auch dabei gibt es eine Ausnahme: Das Umweltministerium räumt ein, dass eine Rechtsverordnung einen Abschuss im Rahmen einer „letalen (tödlichen) Vergrämung“ ermöglichen könnte. Das sei allerdings nicht in Ortslagen oder befriedeten Bezirken möglich. Anders ausgedrückt: Innerorts kann nur nicht-letal vergrämt werden – was aber auch per Ausnahmegenehmigung möglich sei. Als machbare Alternativen gegen die Vogelplage schlägt das Ministerium vor, den Lebensraum der Saatkrähen in der freien Landschaft wieder zu verbessern. Dort seien sie ursprünglich heimisch gewesen. Erst Störungen sowie Nistplatz- und Nahrungsmangel hätten zu einer Verlagerung in den Siedlungsbereich geführt. Möglicherweise habe auch die Bejagung von Rabenkrähe und Elster die Saatkrähen in die Städte gedrängt. Dieser Effekt könnte möglicherweise durch eine bessere Steuerung der Bejagung vermieden werden. Weiter schlägt das Ministerium vor, potentielle Brutbäume in der freien Gemarkung, also außerhalb des Stadtgebiets, zu pflanzen und im Siedlungsbereich selbst für Saatkrähen eher ungeeignete Baumarten mit kleiner Krone und wenig ausladenden Ästen zu fördern, wie etwa Linden oder sogenannte Säulenbäume. Der Kreis schließt sich mit der Abschlussbemerkung des Ministeriums: Es hält ein gesamtstädtisches Vergrämungskonzept mit fachlicher Begleitung durch Artexperten für sinnvoll – also genau das, was in Landau an der Kostenfrage gescheitert ist. Das Ministerium bestätigt, dass die Kosten für die Umsetzung dieses Konzepts „tatsächlich hoch“ ausfallen würden. Es empfiehlt daher, das Konzept durch die Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland prüfen zu lassen. Auch die ist nicht zum ersten Mal in Landau eingebunden: Dagmar Stiefel von der Vogelschutzwarte hatte schon im November 2016 bei einem Expertenforum zum Problem Rede und Antwort gestanden und unter anderem zur Suche von Ersatzbäumen geraten, um die Vögel anschließend von den wirklich problematischen Plätzen neben Seniorenheimen, Krankenhäusern, Schulen oder Kindergärten mit legalen Mitteln zu vertreiben – was jedoch aufwendig und langwierig sei.

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