Neustadt Klangrausch mit Atempausen

„Alles was atmet“ war Motto des Konzerts in der Lambrechter Klosterkirche.
»Alles was atmet« war Motto des Konzerts in der Lambrechter Klosterkirche.

«Lambrecht.» Es war kein Konzert in üblicher Manier, das da am Samstagabend – Fußball-WM-Fieber hin oder her – die Bankreihen in der Lambrechter Klosterkirche proper füllte. Eher schon ein echtes Projekt; ein ökumenisches zudem. „Alles, was atmet“ lautete das weltumspannende Motto, unter dem Andrea Zimmermann, die umtriebige Leiterin des Abends, Mitglieder aus vier Chören nebst Solisten und Instrumentalisten versammelt hatte.

Und um die programmatische Klammer der Vortragsfolge, die „Missa Brevis“ des zeitgenössischen niederländischen Komponisten Jacob de Haan, versammelten sich allerlei elegische bis schwungvolle, vor allem betont sangliche Stücke. Der erste Blick muss den Ausführenden gelten. Aus den katholischen Kirchenchören Esthal und Diedesfeld, dem Gesangverein Gimmeldingen und dem ökumenischen Singkreis „Cantica Nova“ Lindenberg ließen sich 55 Sängerinnen und Sänger zum Mitmachen begeistern, bildeten sozusagen eine ganz neue, indes bestens interagierende Formation. Da die rund 25-minütige Messe-Komposition des Niederländers den Vokalisten einen Bläsersatz zur Seite stellt, empfahl sich mit dem Posaunenchor „Soli Deo Gloria“ aus Appenthal, geleitet von Christa Rottmayer, auch gleich ein attraktiver Partner in Reichweite. Solistische Beiträge schließlich spendierten zusätzlich Würze. Haans kompakte Messe-Komposition strapaziert das Ohr an keiner Stelle mit Atonalität, sondern bewegt sich in meist homophonen Duktus durch die sechs Teile der Ordo Missae, setzt Singstimmen und Bläser, im Block oder korrespondierend, meist opulent, zuweilen, wie beim „Credo“, auch etwas plan in Szene. Freilich stets auf große klangliche Wirkung bedacht. Der Vergleich mit Haans Zeitgenossen John Rutter indes erscheint, jedenfalls in Bezug auf die „Missa Brevis“, etwas vermessen. Die Chorgemeinschaft jedenfalls mit Andrea Zimmermann und Nina Zimmermann am Pult – sie teilten sich die Dirigate – erwies sich als vorzüglich vorbereitet, agierte selbstbewusst und akkurat auf Schlag und trug die Messe-Vertonung mit überzeugend klarer Diktion vor. Und auch dem begleitenden Beiwerk, stilistisch hervorragend korrespondierenden Chorsätzen, lauschte man gerne. Da war das Motto gebende „Alles, was atmet“ aus der Feder des 1944 geborenen Klaus Heizmann, das Halleluja-Lied von Leonard Cohen, oder auch die herrlich schwingende „Vater-unser“-Adaption von Hanne Haller im anregenden Arrangement von Peter Schnur. Das schwungvolle „Ich will dem Herren singen“ von Dieter Golombek schließlich brachte sogar Bewegung ins Publikum. Der Protestantische Posaunenchor Appenthal, der älteste seiner Art in der Pfalz und ganz sicher einer der mitgliederstärksten und fähigsten im weiten Umkreis, ließ ein ums andere Mal aufhorchen. Dem Chor ein ebenso einfühlender wie inspirierender Begleiter, prunkte das fabelhafte Ensemble mit seiner – wie macht sie das nur nach 26 Jahren am Pult? - jugendfrisch agierenden, bildschönen Leiterin Christa Rottmayer mit Blechbläser-Sound vom Feinsten. Mit der „Intrada“ von Ralf Grössler, dem „Handelisan Song“ des 1959 geborenen Robert von Beringen und nicht zuletzt dem prickelnd inszenierten „Joshua fit the battle of Jericho“ – großartig das solistische Zusammenspiel von Bass- und Tenorposaune! – bewiesen die Appenthaler nachdrücklich, das Hochkarätiges auch im ach so oft geschmähten „Tal“ gedeiht. Für die kurzen Momente des Innehaltens, der kammermusikalischen Atempausen im großen Klangrausch sorgten zum Einen die Zimmermann-Töchter Nina und Anna mit kleinen, feinen Ausflügen ins geistliche Liedgut der Romantik. Zweimal Mendelssohn war dabei, „Ein geistlich Lied“, interpretiert von Nina Zimmermann, dann der „Sonntagmorgen“ im anrührenden Duett mit Anna Zimmermann. Die wiederum gefiel mit einer silbrig gerundeten Wiedergabe des wunderbaren „Panis Angelicus“ von César Franck, jeweils am Klavier begleitet von Eva Ganlion. Zum Anderen nahm Martin Groß, seit kurzer Zeit Pfarrer an der Klosterkirche, mit Textimpulsen momentweise das allumfassende Thema „Atem“ in den Blick; inspirierte mit seiner klangvoll sonoren Stimme über das nur scheinbar so selbstverständliche Phänomen des Atemschöpfens. Und schließlich – die Geib-Orgel, das kleine kostbare kirchenmusikalische Barock-Geschenk hoch oben auf der Empore, hatte selbstverständlich auch ihren Auftritt: Ganz im Liturgischen Sinne, zum Eingang und zum Auslass, diesmal allerdings mit zeitgenössischer Literatur, rhythmisch kantigen Sätzen von Reimund Hess in zeitgenössischer Sprache. Unter den kundigen Händen und Füßen von Simone Weber kamen auch die wirkungsvoll zur Geltung. Mit verdient großem Beifall dankte die Zuhörerschar für diesen so besonderen Abend. Termin Nächstes Konzert in der Klosterkirche Lambrecht: 8. Juni, 18 Uhr, „Ayre des España“, Solist: Andrés Cea Galán, Spanien (im Rahmen des Neustadter Orgelsommers); Karten zu 12/8 Euro bei der Neustadter Bücherstube, Landauer Straße 5, 06321/2235.

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