Neustadt Heile Orgelwelt

«Hassloch». 26 Jahre ist es her, dass die Johann-Michael-Hartung-Orgel in der Haßlocher Christuskirche restauriert wurde. Für die protestantische Kirchengemeinde ein schöner Anlass, das 1754 gebaute Instrument in den Mittelpunkt einer „Geburtstagsfeier“ zu stellen. Die Gäste hatten dabei die Gelegenheit, einem von Miklós Spányi gespielten rein barocken Konzert zu lauschen.

Der Organist Miklós Spányi, geboren in Ungarn, derzeit in Neustadt lebend, und weit über die grenzen Deutschlands hinaus bekannt, hat sich für die Veranstaltung als Komponisten „die vier großen Bs“ ausgesucht: Dietrich Buxtehude, Georg Böhm, Nikolaus Bruhns und Johann Sebastian Bach. In chronologischer Reihenfolge beginnt er mit der Toccata d-Moll von Buxtehude mit mächtigen, sich wie Wellenberge auftürmenden Akkorden. Das Stück ist ein Spiel mit Gegensätzen auch von Passagen, die an ein gemächliches, feierliches Schreiten erinnern, und von hohen, klaren, voneinander abgegrenzten Tönen, gerade so, als wollten sie die Dunkelheit vertreiben. Als sakrales Beispiel lässt der Organist diesem Vorspiel Buxtehudes „Christ unser Herr zum Jordan kam“ folgen. Faszinierend gestaltet er dabei vor allem das Nebeneinander von sehr weichen Tönen und klagenden, härteren Klängen, wie sie auch einem Dudelsack entspringen könnten. Lebhaft mit beinahe übermütigen Akkorden in den höheren Tonlagen, setzt Böhms „Capriccio D-Dur“ ein. Tänzer könnten sich dazu bewegen oder Figuren eines Musikautomaten. Doch die Klänge werden schwerer und behäbiger, münden zunächst in helle Akkorde mit vielen filigranen Verzierungen, um dann wie auf einer Treppe stufenweise nach unten zu purzeln. Womit gleichzeitig der Übergang zu Böhms „Vater unser im Himmelreich“ eingeleitet ist, das zumindest an einer Stelle vage an ein altes englisches Weihnachtslied erinnert. Für das musikalische Schaffen von Bruhns, Lieblingsschüler Buxtehudes, ist das „Präludium e-Moll“ ein schönes Beispiel. Spányi kann allein daran die Vielseitigkeit der barocken Orgelmusik und ihre Lust an Verzierungen und Gegensätzen in Tempo und Lautstärke, von volltönenden Bässen und ganz filigranen Tönen, von komplizierten Tonfolgen und Passagen wie Fingerübungen noch einmal zeigen. Bei den beiden christlichen Werken „Jesus meine Freude“ und „Erbarm’ dich mein, o Herre Gott“ von Bach besticht vor allem das zweite mit seinem durchgehenden Rhythmus. Als wolle Bach damit den Herzschlag des Hörers oder Betenden regulieren, unterlegt er damit die gesamte Komposition und erweckt zudem den Eindruck der völligen Niedergedrücktheit des Christen, der auf Erbarmen hofft. Zwischen diese beiden Werke setzt Miklós Spányi Bachs „Canzona in d“, die mit ihren auffallenden chromatisch absteigenden Tonfolgen wunderbar auf das „Erbarm’ dich mein“ hinleitet. Geschickt wird die Spannung dann auch wieder gelöst. Denn als krönenden Abschluss entscheidet sich Spányi für Bachs Toccata C-Dur BWV 566 und nicht für die so oft gehörte Toccata in d-Moll. Dabei kann er noch einmal das ganze Potenzial der Orgel ausspielen, zwischen mächtigen Akkorden und ganz leisen Tönen wechseln, mit Verzierungen, Läufen und Wiederholungen glänzen sowie mit ganz schlichten Passagen, so beschwingt und heiter wie ein Tanz im Sonnenlicht in einer hellen, heilen Welt. Miklós Spányi gibt mit seinem Konzert nicht nur einen schönen und abwechslungsreichen Einblick in die Vielseitigkeit barocker Musik, er berührt mit seiner Musik ebenfalls die Herzen der Zuhörer und erhält dafür viel Beifall.

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