Neustadt Haßloch: „Schiltchen“ ist ein Schandfleck

Alles andere als vorzeigbar: das „Schiltchen“. Foto: Mehn
Alles andere als vorzeigbar: das »Schiltchen«.

Von Gras überwuchert, Kleidercontainer zugewachsen, Mülleimer von Hundekotbeuteln überquellend, Bürgersteige und Rinnen ungereinigt, abends zugeparkt und eine Litfaßsäule mit Plakaten in Fetzen: Seit Monaten präsentiert sich das „Schiltchen“als Schandfleck.

„Ich wohne seit 1957 in der Schmähgasse, und noch nie hat das Schiltchen schlimmer ausgesehen als jetzt. Früher gab es Blumenkübel, die von Anwohnern gepflegt wurden, die Straße wurde gekehrt und die Ablaufrinnen sauber gehalten. Heute gibt es Wildwuchs und Hundekot. Das Gelände dient als Abstellplatz für Anhänger aller Art und Geschäftsfahrzeugen am Wochenende“: Mit diesen Worten ihrer 81-jährigen Mutter Anna Deutsch, die in der Schmähgasse wohnt, hat sich Birgit Hütter an die RHEINPFALZ gewandt. Auch wenn zur Zeit alle Bebauungs- und Nutzungspläne auf Eis lägen, könne die Verwaltung doch wenigstens dafür sorgen, dass das Gelände in unmittelbarer Nähe des Kulturvierecks nicht vollends verwahrlost. Es entstehe der Eindruck, dass man die Anwohner, die sich gegen eine massive Bebauung wehren, „bestrafen“ wolle, nach dem Motto: Das habt ihr jetzt davon!“, sagt Hütter im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Frühere Pläne mit kleinteiliger Bebauung seien für die Anwohner durchaus vorstellbar gewesen, die Planung, die im Frühjahr im Bauausschuss vorgestellt wurde, dagegen nicht. Die massive Bebauung mit Mehrfamilienhäusern und Tiefgarage, die sich nicht in die Umgebung einfüge, sei unakzeptabel. Von jedem Bürger werde verlangt, dass er sein Grundstück in Ordnung halte, das gelte für die Gemeinde anscheinend nicht. Hütter führt als Beispiel an, dass an der östlichen Spitze des Schiltchens vor einiger Zeit ein Baum entfernt worden sei. Jetzt wuchere dort ein Strauch, der die Sicht auf den Verkehr in der Straße behindere.

Beschwerden bei der Ordnungsverwaltung

Auch Kurt Merkel setzt sich bereits seit Jahren für die Umgestaltung des Schiltchens ein. Hier befand sich einst der Dorfpranger, an dem Delinquenten öffentlich vorgeführt und von jedermann gescholten werden durften (daher „Schiltchen“) und Schmähungen (Straßenname Schmähgasse) aushalten mussten. Für passend hält er die Gestaltung eines Platzes, der an den historischen Hintergrund erinnert. In diesem Jahr habe er sich bereits mehrmals bei der Ordnungsverwaltung beschwert. Der Mülleimer an der „Dog-Station“, wo kostenlos Plastikbeutel für die Entsorgung von Hundekot zur Verfügung stehen, sei überfüllt gewesen, unzählige gefüllte Hundekotbeutel seien daneben abgelegt worden. Monatelang seien entgegen früherer Jahre, weder Bürgersteig noch Regenablaufrinne gereinigt worden. Erst nach seiner Beschwerde habe der Bauhof die Hundekotbeutel entfernt und die Rinnen gesäubert. Die Litfaßsäule mit alten Plakaten, die in Fetzen herunterhängen sowie die seit Monaten andauernde Absperrung des desolaten Bürgersteigs tragen zu einem „unschönen“ Gesamtbild bei, nicht nur für die Anwohner, sondern auch für Besucher und Gäste des Kulturvierecks oder bei Hochzeiten in den Kirchen am Ende der Gillergasse.

Am Mittwoch „diverse Pflegemaßnahmen“

Nach mehrmaligen Nachfrage der RHEINPFALZ hat die Verwaltung am Freitag mitgeteilt, dass Mitarbeiter des Bauhofes am Mittwoch, 21. August, „diverse Pflegemaßnahmen“ vornehmen. Ein früherer Pflegeeinsatz sei in diesem Jahr aufgrund der Witterungsverhältnisse der letzten Wochen nicht möglich gewesen. Die ständige Bewässerung der Grünflächen habe vor der Pflege von Grundstücken gestanden. Die Gemeinde teile aber die Beobachtung, „dass es sich beim Schiltchen um kein optisches Aushängeschild handelt“. Lange Zeit sei die Frage nach der zukünftigen Nutzung ungeklärt gewesen, „sodass das Areal zumeist lediglich extensiv bewirtschaftet wurde“. In Bezug auf die künftige Nutzung liege dem Fachbereich „Bauen und Umwelt“ inzwischen ein Bauantrag zur Bebauung des Areals vor, den sowohl die Bauverwaltung in Haßloch als auch die Kreisverwaltung Bad Dürkheim derzeit prüfe. Als zuständige Behörde werde die Kreisverwaltung über den Bauantrag entscheiden.

Umstrittene Bebauung des Geländes

Seit Jahren ist die Zukunft des Schiltchens immer wieder Beratungsgegenstand im Bau-, Verkehrs- und Entwicklungsausschuss (BVE). Fünf Flurstücke der knapp 1500 Quadratmeter großen Fläche gehören der Haßlocher Immobilien GmbH & Co KG (HIK), ein Flurstück der Gemeinde. In den vergangenen Jahren gab es viele Vorschläge von der Gestaltung eines historischen Dorfplatzes über die Anlage einer Boule-Bahn und eine kleinteilige Haus-Hofbebauung wie in der Schmähgasse bis zu einer Grünfläche zur Verbesserung des Kleinklimas. Dieses Frühjahr präsentierten die Frick Bau GmbH mit ihrem Architekten Andreas Fröhlich im BVE im März und April mehrere Varianten einer Bebauung. Mehrheitlich präferiert wurde zuletzt eine Variante, die eine Bebauung mit Mehrfamilienhäusern im westlichen Bereich und eine Tiefgarage vorsieht. Im Mai gründete sich der Verein „Schiltchen-Haßloch“, der sich für die Wiederherstellung und Erhaltung des historischen „Schiltchens“ zur Erinnerung für nachfolgende Generationen einsetzt. Die Mitglieder des Vereins wenden sich gegen die Pläne der Verwaltung, da sich die geplante, massive Bebauung nicht in die Umgebung einfüge.

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