Neustadt Glanzlichter zum Sommeranfang

„Atos“ steht für die Anfangsbuchstaben der Mitglieder Annette von Hehn (Violine), Thomas Hoppe (Klavier), Stefan Heinemeyer (Cel
»Atos« steht für die Anfangsbuchstaben der Mitglieder Annette von Hehn (Violine), Thomas Hoppe (Klavier), Stefan Heinemeyer (Cello).

«Neustadt-Hambach.» Vom Duo bis zum Sextett reicht das Besetzungsspektrum des 23. Hambacher Musikfestes, das vom 19. bis 23. Juni 2019 wieder sieben Konzerte im Hambacher Schloss, der katholischen Pfarrkirche St. Jakobus und den beiden Weingütern Naegele und Müller-Kern bietet. Als zweites Hauptensemble neben dem gastgebenden „Mandelring Quartett“ soll das international renommierte „Atos-Trio“ hochkarätige kammermusikalische Akzente setzen.

Einigen Klassikfans ist das „Atos Trio“ sicher noch durch seinen Auftritt vor zehn Jahren in der städtischen Abo-Reihe im Saalbau in guter Erinnerung. „Jugendliches Temperament“ titelte die RHEINPFALZ damals, und der Kritiker hob besonders die „traumwandlerische Sicherheit“ hervor, mit der „die Balance zwischen Feinsinn und feuriger Spiellust“ gewahrt bleibe. Der Name „Atos“ steht dabei für die Anfangsbuchstaben seiner Mitglieder Annette von Hehn (Violine), Thomas Hoppe (Klavier) und Stefan Heinemeyer (Cello). Seit seiner Gründung vor 15 Jahren hat das in Berlin ansässige Ensemble die wichtigsten Konzertsäle der Welt erobert. Wer einen Eindruck von dem warmen und hochexpressiven Klang des Trios gewinnen möchte, erhält dazu gleich beim Eröffnungskonzert am Mittwoch, 19. Juni, 20 Uhr, im Festsaal des Hambacher Schlosses eine gute Gelegenheit bei Mendelssohns Klaviertrio d-Moll op. 47. Zuvor fusionieren Sebastian Schmidt, Andreas Willwohl und Bernhard Schmidt vom „Mandelring Quartett“ mit zwei weiteren Gästen zum Klavierquintett. Gemeinsam wagen sie mit dem diesjährigen Festivalpianisten Henri Sigfridsson und dem Klarinettisten Fabio Di Càsola den Sprung in unbekanntes Terrain: Franz Schmidt, von dem das Klavierquintetts Nr. 2 zu hören ist, lebte von 1874 bis 1939, zählt zu den verkannten Komponisten der österreichischen Spätromantik und verfügt allenfalls als „Lieblings-Cellist“ von Arnold Schönberg und durch seine umstrittenen Rolle während der NS-Zeit über einen gewissen Bekanntheitsgrad. Er trat nach dem „Anschluss“ Österreichs für das „Ja“ bei der Volksabstimmung im April 1938 ein und wurde von den Nationalsozialisten als der bedeutendste lebende Komponist der „Ostmark“ hofiert. Überhaupt zeichnet sich das Hambacher Musikfest und die Arbeit des „Mandelring Quartetts“ immer wieder durch seinen Mut aus, vergessene Werke aus ihrem Dornröschenschlaf zu wecken. In fast allen Konzerte des „HMF 2019“ finden sich neben viel gehörten Klassikern der Musikgeschichte selten aufgeführte Werke, bei denen man sich nachträglich die Frage stellen muss, warum so schöne und wertvolle Musik so unbekannt sein kann. Mit der Verpflichtung von Henri Sigfridsson ist dem „Mandelring Quartett“ dabei ein regelrechter Coup gelungen, zählt der 1974 geborene Pianist aus Finnland doch momentan zu den ganz Großen seiner Zunft, der nicht nur als Solist an der Seite bedeutender Orchester, sondern auch als Kammermusikpartner von Klassik-Stars wie Gidon Kremer, Mischa Maisky und Sol Gabetta in Erscheinung getreten ist. Kennen und schätzen gelernt haben ihn die Gastgeber beim finnischen Kammermusik-Festival in Kuhmo, außerdem begeisterte Henri Sigfridsson das Neustadter Publikum bereits mehrfach als Solist im Saalbau – zuletzt 2009 an der Seite der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz. Seinen ersten Auftritt beim Hambacher Musikfest absolviert der Ausnahmepianist am Freitag, 21. Juni, 19 Uhr, in der Jakobuskirche mit Dvoraks Klavierquintett Nr. 1 gemeinsam mit dem „Mandelring Quartett“. „Tschechische Meisterwerke“ lautet die Überschrift an diesem Abend mit weiteren Werken von Dvorak, Josef Suk und dem wenig bekannten Komponisten Viteszslav Novak, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts als Pädagoge nachhaltig auf die kommenden Generationen Prager Musiker wirkte. Nicht ganz so schwere Kost steht traditionell bei den Konzerten in den Weingütern auf dem Programm. So steht die Matinee am Sonntag, 23. Juni, 11 Uhr, im Weingut Müller-Kern ganz im Zeichen Mozarts. Den Startschuss geben Nanette Schmidt und Sigfridsson mit der Sonate für Violine und Klavier B-Dur KV 378, gefolgt vom berühmten „Kegelstatt“-Trio für Klavier, Klarinette und Viola. Hier gibt es ein Wiedersehen mit dem Schweizer Klarinettisten Fabio Di Càsola, der schon beim Hambacher Musikfest 2011 das Publikum begeisterte. Zu den kammermusikalischen Raritäten des Festivals zählt sicherlich auch ein Boccherini-Arrangement aus der Feder des Cello-Virtuosen Paul Bazelaire. Mit seinem Duo D-Dur für Violine und Cello trug der Franzose maßgeblich zum Überleben Boccherinis im 20. Jahrhundert bei – eine gute Gelegenheit für ein spannendes Duell zwischen Sebastian Schmidt, dem Primarius des „Mandelring Quartetts“, und dem Cellisten Stefan Heinemeyer vom „Atos Trio“, das am Donnerstag, 20. Juni, 15.30 Uhr, im Weingut Naegele ausgefochten wird. Ein weiteres Konzert im Weingut Naegele am Samstag, 22. Juni, 15.30 Uhr, zeichnet sich durch seine Besetzungsvielfalt und seine Internationalität mit unterhaltsamen Werken aus Österreich (Mozart), Deutschland (Beethoven), Ungarn (Ernö Dohnányi) und Italien (Puccini) aus. Unter anderem werden Andreas Willwohl vom „Mandelring Quartett“ und Stefan Heinemeyer vom „Atos Trio“ in augenzwinkender Weise Beethovens „Duett mit zwei obligaten Augengläsern“ servieren. Wie schnell vier Stunden Kammermusik vergehen können, erfahren die Besucher des Festkonzerts am Samstag, 22. Juni, 20 Uhr, im Hambacher Schloss – fast bis Mitternacht werden beim anschließenden Surprise-Konzert sämtliche am Festival beteiligten Künstler zum Teil spektakuläre Kabinettstückchen zum Besten geben und damit das Publikum sicher zum Schmunzeln animieren. Zum Hauptprogramm gehören Schumanns „Märchenbilder“ und „Märchenerzählungen“ für Duo bzw. Trio sowie die Suite op. 23 für Klavier, zwei Violinen und Cello von Erich Wolfgang Korngold (1897-1957). Traditionell klingt das Hambacher Musikfest mit einem „Festlichen Finale“ am Sonntag, 23. Juni, 18 Uhr, im Hambacher Schloss aus, wenn das „Mandelring Quartett“ mit Annette von Hehn und Thomas Hoppe zur größten Formation des Festivals auflaufen wird und das selten aufgeführte Konzert für Violine, Klavier und Streichquartett von Ernest Chausson zu Gehör bringt. Noch Fragen? Weitere Infos und Karten (Einzelkarten zwischen 45 und 20 Euro, Abos zwischen 213 und 183 Euro) über den „Förderkreis Hambacher Musikfest“ unter 06321/92043, mail@hambachermusikfest.de und www.hambachermusikfest.de. Kartenvorverkauf ab sofort.

Erstmals in Hambach zu erleben: Henri Sigfridsson.
Erstmals in Hambach zu erleben: Henri Sigfridsson.
Schon 2011 beim HMF dabei gewesen: Fabio Di Càsola.
Schon 2011 beim HMF dabei gewesen: Fabio Di Càsola.
x