Neustadt Geniales Duo

Unbestrittener Bühnenprofi: Ezio beim Auftritt in der Villa Böhm.
Unbestrittener Bühnenprofi: Ezio beim Auftritt in der Villa Böhm.

«Neustadt.» Ein für Neustadter Verhältnisse relativ großes Musikereignis, das im Vorfeld für einige Turbulenzen und Aufregungen gesorgt hat, eröffnete am Freitag die neue Staffel der sogenannten „Treppenhauskonzerte“ in der Villa Böhm. Auf der Bühne stand dort kein Geringerer als der von Kollegen, Publikum und Kritikern gleichermaßen geschätzte Gitarrist und Sänger Ezio Lunedei, der zwar in Cambridge wohnt, aber italienischer Abstammung ist und sich auch in seiner zweiten Heimat Buzzo’ Albareto in der Provinz Parma zuhause fühlt.

Ezio ist zum einen der Vorname des Musikers, gleichzeitig aber auch der Name des Duos, das er zusammen mit dem Gitarre spielenden Halbkenianer Mark „Booga“ Fowell seit beinahe 30 Jahren betreibt. Der Kulturabteilung der Stadt Neustadt war es nach mehreren Anläufen und mit Unterstützung von Sponsoren gelungen, eben dieses weltweit gefragte Ensemble für ein Treppenhauskonzert gewinnen zu können. Doch dann der Schock: Wenige Tage vor der bereits seit Wochen ausverkauften Veranstaltung kam die Nachricht, dass sich Booga Fowell aufgrund einer Infektion einem Krankenhausaufenthalt unterziehen müsse und die Reise nach Deutschland nicht mitmachen könne. Ezio Lunedei hatte aber schnell eine gute Lösung parat. Er erinnerte sich seines alten Freundes Wolfgang Wehner, einem Teufelsgeiger, der heute als in Odenbach geborener Exil-Pfälzer in Saarbrücken lebt, und bat diesen, für Booga einzuspringen. Wehner, der in Klassik, Jazz oder Rock gleichermaßen einsetzbar ist, sagte spontan zu. Auch Lunedei sah der Sache eher gelassen entgegen. Nach drei Jahrzehnten als Profimusiker wirft ihn so leicht nichts mehr aus der Bahn, und so ersparte er es sich auch, mit Wehner zu proben oder überhaupt eine Spielliste zu erstellen. Die zwei Männer trafen sich am Freitagnachmittag in der Villa Böhm zum Soundcheck, wo sie den groben Rahmen festlegten, in dem ihr Auftritt sich abspielen sollte, und das war’s. Am Abend stand dann Ezio zunächst noch alleine auf der Bühne und richtete Grüße von Booga aus, dem es zwischenzeitlich wieder besser geht. Musikalisch eröffnete er seine Show mit „Cancel Day“ und „Steal Away“, beides Songs aus seinem erfolgreichen Debütalbum „Black Boots On Latin Feet“ aus dem Jahr 1995. „Das waren zwei Stücke, die ihr kennt und mögt, und dafür mache ich jetzt mit einem Lied weiter, dass ihr wahrscheinlich nicht so mögt, dass aber eigentlich ein großer Hit hätte werden sollen“, begrüßte er seine Zuschauer in der ihm typischen, humorvollen Art und stimmte „Indian“ an, das vordergründig zwar mit den amerikanischen Ureinwohnern zu tun hat, sich in Wirklichkeit aber darum dreht, dass sich die Lebensumstände heutzutage viel zu schnell verändern. Bis hierher hatte Ezio die Töne, die aus den Lautsprechern kamen, unter Zuhilfenahme einer Loopstation ganz alleine erzeugt. Nun aber bat er erstmals Wolfgang Wehner zu sich auf die Bühne. Der kam und schien gar nicht die Absicht zu haben, „nur“ als Ersatz für Booga Fowell einzuspringen. Im Gegenteil, der Mann mit der Geige übernahm zu „Been A Long Time Coming“ aus der LP „Daylight Moon“ sofort die Initiative, rockte mächtig los, tanzte wie ein Derwisch über die kleine Treppenhaus-Bühne und verblüffte damit die eingefleischten Fans, die teilweise von weit her angereist waren, um Ezio live erleben zu können. Gerade sie wurden durch Wehners Zutun auf ganz neue Seiten der Ezio-Kompositionen aufmerksam gemacht. Der Saar-Pfälzer und der Italo-Engländer entwickelten sich rasch zu einem musikalischen Dreamteam, das nicht nur alle Erwartungen erfüllte, sondern sie auch noch um Längen übertraf. Musikalisch boten er und Wehner den Fans alles, was „Ezio“ ausmacht, angefangen von Singer/Songwriter-Balladen mit Folkeinflüssen wie „Maybe Sometimes“ bis hin zu Klassikern wie „Agony“ oder „Call You Tomorrow“. Den Titelsong des bis heute erfolgreichsten Albums „Black Boots On Latin Feet“ hob sich das Duo für eine der Zugaben auf.

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