Neustadt Geißbockfestspiele in Lambrecht

Auch am Sonntag und Montag zu sehen: der Einzug der Wallonen im vierten Bild.
Auch am Sonntag und Montag zu sehen: der Einzug der Wallonen im vierten Bild.

Lambrecht: Seit Wochen lenkt die Theaterbühne mit ihrer stattlichen Kulisse auf dem Tuchmacherplatz die Blicke auf sich. Sie kündigt die traditionellen Lambrechter Geißbockfestspiele an, die nur alle fünf Jahre stattfinden. Wir haben vor den Spieltagen am Sonntag und Montag die wichtigsten Informationen zusammengefasst.

„Willkommen hier in dieses Tales Einsamkeit, die Ihr von nah und fern zu diesem Spiel erschienen seid. Wir wollen euch ein buntes, altes Buch aufschlagen, darin in Bildern wird erzählt von Lambrechts schicksalvollen Tagen“, führt der Prolog in die Geißbockfestspiele am Sonntag und Montag ein. Über 120 Akteure zeigen in Kostümen auf der Bühne die gut 1000-jährige Geschichte Lambrechts und des Tributbocks jeweils um 14 Uhr. In acht Bildern erwecken die Akteure mit viel Spielfreude, Heimatverbundenheit und Kreativität die Geschichte der kleinen ehemaligen Tuchmacherstadt zum Leben.

Aufführung alle fünf Jahre

Ernst Schäfer, Dramaturg am Saarpfälzischen Landestheater in Kaiserslautern, hatte seiner Heimatgemeinde das Festspiel 1933 zum Geschenk gemacht. Der Lambrechter Luitpold Seelmann erweiterte es später um die Wallonen- und Napoleonszenen. Der Verkehrsverein Lambrecht, heute unter der Leitung von Jochen Hinrichs, erwarb 1951 die Aufführungsrechte. Im Lauf der Jahre pendelte sich der fünfjährige Aufführungsturnus ein. Das Bühnenstück, dieses Jahr wieder inszeniert von Günter Lauer, erinnert an das Gründungsjahr 977/978 des Klosters St. Lambrecht. Es erzählt vom Leben und den Schicksalen der Bewohner bis in die heutige Zeit. So bestätigen im ersten Bild Graf Otto und seine Gemahlin Judith die Klosterstiftung zu Ehren des heiligen Lambertus. Eine turbulente Liebesgeschichte entwickelt sich in der nächsten Szene: Klosterschülerin Adelheid entflieht hoch zu Ross mit ihrem Liebsten, dem Ritter Heinrich von der Spangenburg. Historisch belegt ist hingegen die Ankunft der wallonischen Flüchtlinge, denen Kurfürst Friedrich III. und Pfalzgraf Johann Casimir in Lambrecht Asyl gewähren.

Geißbocklieferung im Mittelpunkt

Ebenso mit geschichtlichem Bezug ist das fünfte Bild: Das Leid der Menschen im Dreißigjährigen Krieg verdeutlichen Krieg, Hunger und Pest in personifizierter Darstellung. Hoffnung auf eine bessere Zukunft macht die abschließende Friedensszene. Im Mittelpunkt steht in weiteren Bildern die Geißbocklieferung der Stadt Lambrecht an die Stadt Deidesheim für Weiderechte in deren Hinterwald. Die Geschichte des Tributbockes kann bis zum Jahr 1404 mit der ersten urkundlichen Erwähnung von Kaiser Rupprecht belegt werden. Immer wieder gibt es Streit um Geißbocklieferung und Weiderechte, auf der Bühne mit Pfälzer Humor und deftiger Sprache ausgetragen. Sogar Kaiser Napoleon kommt nicht umhin, sich persönlich um die Beschwerden zu kümmern. Im spanischen Feldlager in Burgos bestätigen er und sein Minister den alten Vertrag mit einem Dekret. Besonders wird darin betont, dass „un bouc bien cornu et bien cabable“, also ein Bock, gut gehörnt und gut gebeutelt, den Deidesheimern übergeben werden müsse. Dies hatte bisher der jüngste Deidesheimer Bürger getan. Doch seine Braut Lisbeth setzt sich im siebten Bild temperamentvoll durch, ihn am „Pfingstdienstag“ früh morgens mit dem Bock nach Deidesheim zu begleiten.

Brautpaar führt den Bock

Seither ist es Tradition, dass stets das jüngst vermählte Brautpaar den Bock führt. Letztlich kommen die Deidesheimer ins Spiel, wenn sie im achten und letzten Bild den Tributbock verschmähen und die Lambrechter zurückschicken. Es entwickelt sich ein heftiger Disput, bis die Lambrechter verärgert und mit Bock abziehen. Die Festspiele am Pfingstsonntag und Pfingstmontag beginnen jeweils um 14 Uhr auf der Freilichtbühne. Bereits ab 11 Uhr sorgt Festwirt Eric Glaßer an beiden Tagen für die Bewirtung. Nach der Aufführung spielt am Sonntag der Musikverein Königsbach, am Montag die lokale Band „Memito“. Lambrechts Stadtbürgermeister Karl-Günter Müller übergibt am Pfingstmontag nach dem Spiel den 615. Tributbock Olli dem jüngst vermählten Ehepaar Julia Dörrzapf und Maximilian Groß.

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