Neustadt Fehler bei Mercedes, Teamsport bei Audi

Nico Müller (hinten) griff René Rast in der letzten Runde des zweiten Rennens nicht mehr an.
Nico Müller (hinten) griff René Rast in der letzten Runde des zweiten Rennens nicht mehr an.

«Spielberg.» René Rast wusste selbst nicht genau, wie ihm geschah. Als der amtierende Meister des Deutschen Tourenwagen-Masters (DTM) nach dem Rennen am Samstag seinen Audi zur Siegerehrung lenkte, waren zu seiner Überraschung zwei Plätze schon belegt. Auf Position drei parkte sein Markenkollegen Nico Müller, auf Platz zwei Mike Rockenfeller. „Ich wollte gar nicht in die Mitte fahren“, sagte Rast. Unverhofft hatte er sein drittes Rennen hintereinander gewonnen, weil drei Fahrer in einer entscheidenden Situation unterschiedlich gehandelt haben. Auf der einen Seite waren dies Müller und Rockenfeller. Als sie in der letzten Runde realisierten, dass Rast direkt hinter ihnen fuhr, ließen sie ihn passieren. Für sie eine Selbstverständlichkeit. „Wir müssen für René fahren. Er ist der einzige von uns, der noch Titelchancen hat“, sagte Rockenfeller. Dann fügte er noch an: „Ich habe darauf gewartet, dass Nico René vorbeilässt.“ Das habe in der letzten Runde hervorragend geklappt. Über diese Aktion ärgerte sich Gary Paffett gewaltig. Der Mercedes-Pilot, bis dahin Führender in der Meisterschaft, kochte, sprach von Teamorder. Dabei darf doch gar kein Boxenfunk mehr benutzt werden. „Audi hat einen guten Job gemacht, indem sie die Autos vorne hatten“, sagte Paffett. „Dann kann man das Rennen manipulieren, wie man will.“ Auf alle Fälle konnte Rast, dessen Auto vom Neustadter Team Rosberg betreut wird, mit dieser Aktion zehn Punkte in der Meisterschaft auf die Führenden Paul di Resta und Gary Paffett gutmachen. Die Emotionen kochten über. „Das ist nicht überraschend, das ist ein normaler Audi-Move“, schimpfte Paffett, „das ist in den letzten 15 Jahren passiert und demnach auch hier.“ Audi-Motosportchef Dieter Gass schüttelte nur verständnislos den Kopf: „Aus dem Mund von Mercedes finde ich es überraschend, dass sie sich beschweren.“ Zumindest mit ein wenig Abstand gab sein Mercedes-Kollege Ulrich Fritz zu: „Wir haben das auch schon gemacht. Wenn man den Sport als Teamsport begreift, ist das genau das Thema, wie man handeln muss.“ Nachvollziehbar ist der Ärger bei Mercedes, weil sie im Endspurt um ihre gute Ausgangslage im Kampf um die Meisterschaft fürchten. Mit mehr als 70 Punkten Vorsprung haben Paffett und di Resta schon auf Rast geführt. Dann hat Rast in der zweiten Saisonhälfte zu seiner Aufholjagd angesetzt. Doch begünstigt wurde die auch von mehreren Fehlern von Mercedes. Etwa bei den Boxenstopps. Oder direkt auf der Rennstrecke. So musste sich der Brite nach einem Zwischenfall in der ersten Runde wieder von hinten nach vorne kämpfen. Doch sowohl Mercedes-Gaststarter Sebastien Ogier wie auch Pascal Wehrlein, Meister 2015, verwickelten ihn in einen Zweikampf. „Es kann nicht sein, dass Gary rundenlang mit Sebastien und danach noch mit Pascal kämpfen muss“, ärgerte sich Fritz. In diese Kategorie passte auch das Verhalten von Daniel Juncadella. Der Spanier fuhr ein überlegenes Rennen, hielt seine Konkurrenten souverän hinter sich. Bis er beim Restart nach einer Safetycar-Phase einen Fehler machte, weil er zu früh zu schnell war. Dies wurde mit 30 Sekunden Zeitzuschlag bestraft. So blieb nur Platz 14. Danach beschwerte er sich, dass er nicht richtig informiert worden sei. Doch sein Chef Fritz erinnerte ihn an die Eigenverantwortung eines Fahrers: „Das war das neunte Rennwochenende in diesem Jahr, also gab es neun Fahrerbriefings.“ In denen würden die heiklen Punkte besprochen. Mit dem Erfolg am Samstag war der Siegeshunger des 31-jährigen Rast noch nicht gestillt. Gestern ließ er den nächsten Triumph folgen. „Dieses Mal haben wir ihn ganz aus eigener Kraft erreicht“, freute sich Rast. Nicht ganz. Zum einen ließ ihn Nico Müller wieder passieren. Und wieder patzte Mercedes beim Boxenstopp. Trotzdem bekannte Rast: „Ich hatte nicht gedacht, dass ich das Ergebnis vom Nürburgring wiederholen kann.“ In der Eifel war er allerdings zweimal von der Pole-Position gestartet. Geradezu eine Lobesorgie ließ DTM-Chef Gerhard Berger auf den Rosberg-Piloten ab. „Rast ist ein ausgesprochen guter Fahrer. Der weiß einfach, wann er an die Box fahren muss. Der weiß, wie er seinen Reifen einteilen muss. Der weiß, wann er aggressiv werden muss und wann nicht. Er ist schon ein sehr, sehr guter Mann.“ Entscheidend für seinen Triumph bezeichnete Rast den Boxenstopp und die Runde danach. Da setzte er sich von Paffett und di Resta ab. Bei aller Euphorie für Rasts Vorstellungen gingen die Leistungen von Kollege Jamie Green unter. Mit Platz fünf am Samstag erreichte er sein bestes Saisonergebnis. Gestern jedoch ging er als Zwölfter leer aus.

Den ersten Siegerpokal sicherte sich Rast am Samstag.
Den ersten Siegerpokal sicherte sich Rast am Samstag.
René Rast holte am Sonntag den 100. Sieg für Audi in der DTM.
René Rast holte am Sonntag den 100. Sieg für Audi in der DTM.
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