Neustadt „Eldorado für Versteckspiele“

War als Kind häufig im Herrenhof in Mußbach: Henning Wiegräbe.
War als Kind häufig im Herrenhof in Mußbach: Henning Wiegräbe.

«Neustadt.» Das traditionelle Osterkonzert im Herrenhof Mußbach rückt als Geburtstags-Hommage für Leopold Mozart, der vor 300 Jahren das Licht der Welt erblickte, eine Schattengestalt der Musikgeschichte verdientermaßen in den Fokus. Zu Gast im Festsaal des Kelterhauses ist – wie in jedem Jahr – Posaunist Henning Wiegräbe, diesmal mit seinem Stuttgarter Capricornus-Ensemble. Mehr als ein solider Handwerker sei er gewesen, dieser Salzburger Hofkapellmeister, Pädagoge und Komponist, in der Wahrnehmung der Nachwelt lediglich der Impresario des Genius Wolfgang Amadée. Der Posaunist und Hochschulprofessor Henning Wiegräbe indes schwärmt vom Melos, der überaus geist- und erfindungsreichen Tonsprache Leopold Mozarts, seinem Gespür für erfrischende Effekte und seinem Geschick, bodenständiges Instrumentarium und musikalische Alltagsfloskeln mit Salzburger Kolorit in hochartifizielle Zusammenhänge einzuflechten. „Ähnliches gilt für Michael Haydn (1737 - 1796), den Bruder des berühmten Joseph. Auch er, dessen Werke zu seinen Lebzeiten nie verlegt wurden, verschwand hinter der Lichtgestalt seines im doppelten Wortsinne größeren Bruders. Aber eigentlich zu Unrecht“, erklärt Wiegräbe. Diesen Beweis nachhaltig anzutreten, hat Henning Wiegräbe je zwei Kompositionen aus dem tatsächlich reichen Oeuvre beider Tondichter ausgewählt: Andantino und Larghetto von Michael Haydn werden flankiert von einer Serenade des Jubilars Leopold Mozart sowie von dessen Sinfonia Pastorale, bei der das alpenländische Corno Pastoricio, ein um die Hälfte verkürztes Alphorn, spektakulär zum Einsatz kommt. Übrigens feiern auch die Osterkonzerte im Herrenhof ein kleines Jubiläum. Vor 25 Jahren nämlich haben die Brüder Henning und Eckart Wiegräbe, damals bereits erfolgreiche Posaunisten, die schöne Tradition aus der Taufe gehoben, „mit einem durchaus ungewöhnlichen Programm, das auch ein Werk von Karlheinz Stockhausen enthielt.“ Dass gerade der Herrenhof zur steten Adresse wurde, kommt nicht von ungefähr. Verbinden doch beide Künstler fantastische Kindheitserinnerungen mit dem geschichtsträchtigen Areal. Als Henning Wiegräbe 1968 auf die Welt kam, lebte sein Großvater mütterlicherseits und ehemaliger Besitzer des Anwesens, Otto Sartorius der Jüngere, noch. Auch wenn das traditionsreiche Kloster- und Weingut mit seinem üppigen Gebäudebestand zu dem Zeitpunkt die allerdings eher begrenzten Rebflächen längst in staatliche Hände gegeben hatte. „Wir logierten mit unseren Eltern in einer der Wohnungen des Herrenhauses. Das riesige Anwesen mit seinen unzähligen Nebengebäuden war spannender als jeder Abenteuerspielplatz – ein Eldorado für Versteckspiele und um jede Menge Unsinn zu treiben. Ostereiersuchen war da noch das Harmloseste“, erinnert sich Henning Wiegräbe und lacht. Dass Gustav-Adolf Bär, ebenfalls ein Mußbacher von Geburt und aus Leidenschaft, es schaffte, die öffentliche Hand und eine Vielzahl von Sponsoren für das Projekt Herrenhof als Kulturzentrum zu begeistern, erfüllt Henning Wiegräbe – verständlicherweise – mit tiefer Dankbarkeit: „Für mich bedeutet ein Konzert hier ja immer ein Stück Nachhausekommen.“ Dass sein Bruder dieses Jahr nicht dabei sein kann, „zum ersten Mal eigentlich“, hat mit dessen Orchesterdiensten zu tun. Das für seine Kompetenz hinsichtlich historisch informierter Aufführungspraxis bekannte Capricornus-Ensemble musiziert mit den Solisten Katharina Heutjer und Cosimo Stawiarski, Violine, Natalie Carducci, Viola, Christine Wiegräbe, Violoncello, und dem Neustadter Bezirkskantor Simon Reichert, Cembalo. Die Leitung hat Henning Wiegräbe, der Posaune und Hirtenhorn spielt. Info „Salzburger Geburtstagsständchen“ am Ostersonntag, 21. April, 17 Uhr, im Festsaal des Kelterhauses im Herrenhof Neustadt-Mußbach. Karten für 15 (ermäßigt 10) Euro gibt es in der Papier Schatulle Mußbach, An der Eselshaut 54, Telefon 06321 60360, und an der Abendkasse (17/11 Euro).

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