Neustadt „Eine Zeit, die bis heute nachwirkt“

Die interessanten Dokumente und Fotos spiegeln vielerlei Folgen des Kriegs für den Alltag der Menschen wider. Frauen und Mädchen spendeten beispielsweise ihr Haar und brachten Decken. Familien trennten sich von Betten und Möbeln für ein Lazarett in der Schillerschule. Mit Essen und Kleidung begrüßten die Haßlocher alle Überlebenden, die teilweise mit Pferdewagen zurückkehrten. „Wofür sollten die Frauen denn ihr Haar spenden?“: Nachdenklich stehen die ersten Besucher der Ausstellung im Otto-Dill-Raum des Heimatmuseums. Hier sind über 70 Dokumente und Fotos aus den Jahren 1914 bis 1918 ausgestellt. Im Museum selbst ergänzen Gegenstände von der Front die Waffenkammer. Bis auf wenige Ausnahmen sind Senioren zur Eröffnung der Schau „Haßloch im Ersten Weltkrieg“ erschienen, die Heimatforscher Wolfgang Hubach und Museumsleiter Alfons Ruf im Hof des Ältesten Hauses eröffneten. „Eine Zeit, die keiner von uns selbst erlebt hat, aber die dennoch bis heute nachwirkt“, lautete der vielsagende Kommentar Hubachs. Auf zwölf Stellwänden erwarten die Besucher im Otto-Dill-Raum noch an den nächsten fünf Sonntagen betroffen machende Bilder von den „Blessierten“ im Lazarett und dem Abbauen der Kanonen. Ein elegant gekleideter Haßlocher Fabrikant ist auf einem Bild zu erkennen, das den gerade eintreffenden Lazarettzug am Bahnhof zeigt. Und eben auch das Plakat, das Frauen und Mädchen noch während der Kriegszeit auffordert, ihr Haar zu spenden und entweder an einer Schule oder beim Ortsausschuss abzugeben. „Mit Frauenhaar wurden U-Boote isoliert“, weiß ein Besucher. Auch Kopfkissen und Decken habe man befüllt, erzählt eine Dame. Vor allem Kinder mussten beispielsweise Bucheckern und Obstkerne sammeln, aus denen Öle und Fette hergestellt wurden. Irma Nonnenmacher, Vorsitzende des Museumsvereins Böhl-Iggelheim, findet die Sammlung eindrucksvoll: Voraussichtlich nach dem Ende der Ausstellung in Haßloch werde auch in ihrem Museum eine ähnliche Schau mit eigenen Exponaten eröffnet, die seit längerem vorbereitet werde, kündigt sie an. Doch beim gegenseitigen Erfahrungsaustausch in Sachen Museumsarbeit arbeite man mit Haßloch „gut zusammen“. Es waren anstrengende Jahre, in Haßloch genau wie überall in Deutschland, um die Zeit von 1914 bis 1918 zu überstehen. Die ihnen bekannten Straßen auf alten Fotos mit verletzten Kriegsrückkehrern und Krankenschwestern zu sehen, lässt die Besucher still vor den Motiven verweilen. Gemeinsam mit Günter Ohler und Ursula Müller hat Heimatforscher Hubach Fotos sortiert, Informationen gesammelt und erklärende Bildunterschriften verfasst: „Haßloch war in die Geschehnisse dieser vier Jahre voll eingebunden“, sagt der 84-Jährige, „aber besonders ihre Spendenbereitschaft und das Zeichnen von später wertlosen Kriegsanleihen machte die Leute hier aus.“ Seine Erkenntnisse sollen auch in den „Haßlocher Heimatblättern“ erscheinen. Ausstellung —Die Ausstellung „Haßloch im Ersten Weltkrieg“ ist bis 18. November im Heimatmuseum „Ältestes Haus“, Gillergasse 11, zu sehen. Geöffnet ist sonntags von 14.30 bis 17 Uhr: Eintritt frei, Spenden willkommen. Gruppen und Schulklassen nach Vereinbarung: Telefon 06324/1291. —Für ein 2019 erscheinendes Weihnachtsheft der „Haßlocher Heimatblätter“ sucht Wolfgang Hubach noch Erinnerungen an Weihnachten in Form von Fotos, Erzählungen oder Erlebnissen von früher. Telefon: 06324/2440. —Das Heimatmuseum und die Suiseki-Ausstellung im Kulturviereck sind an jedem ersten und dritten Sonntag im Monat geöffnet.

x