Neustadt Eine Epoche des religiösen Umbruchs

Historiker Karl Scherer spricht im Mußbacher Herrenhof Mußbach über die Kurpfalz in der Reformationszeit

Ursprünglich hatte er das Thema „Die Wittelsbacher und die Kurpfalz (1505-1803)“ vorgesehen. Doch da das Material für eine Matinee zu umfangreich war, teilt er nun den Vortrag und konzentriert sich am Sonntag auf die politischen Verhältnisse in der Kurpfalz des 16. Jahrhunderts, die während der Reformation von Macht- und Glaubenskämpfen geprägt war. Als zentrale Gestalt beleuchtet er zunächst Kurfürst Ludwig V., den Friedfertigen, aus der Familie der Wittelsbacher, der sich nach Martin Luthers erstem Auftreten 1518 in Heidelberg zunächst neutral verhielt und die Ausbreitung der reformatorischen Bewegung in der Kurpfalz ermöglichte. Auf dem Speyerer Reichstag 1526 vermittelte er zwischen den beiden Religionsparteien und bewirkte 1532 den Nürnberger Religionsfrieden zwischen Kaiser Karl V. und den Schmalkaldenern. Ohne sich selbst zum Luthertum zu bekennen, ließ er 1538 die Berufung von Pfarrern zu, die im Sinne des Reformators predigten. Nach seinem Tod auf dem Speyerer Reichstag 1544 wurde sein Bruder Friedrich II. sein Nachfolger. Außenpolitisch unterstützte dieser Kaiser Karl, innenpolitisch setzte er die landesfürstliche Reformation in Gang. So wurden unter anderem die deutsche Sprache für die Spendung der Sakramente vorgeschrieben und die Priesterheirat freigestellt. Nach Kontroversen mit dem Kaiser wurde schließlich 1555 der Augsburger Religionsfriede geschlossen, der den Fürsten das Recht „Cuius regio, eius religio“ sicherte. Der erste Reformator unter den pfälzischen Kurfürsten starb 1556. Sein Nachfolger als Kurfürst, Pfalzgraf Ottheinrich von Neuburg, berief den Lutheraner Tilemann Heshusen an die Heidelberger Universität und ließ die lutherische Kirchenordnung verkünden, die 1557 auch Herzog Wolfgang von Zweibrücken und Pfalzgraf Friedrich von Simmern einführten, so dass alle Gebiete der rheinischen Wittelsbacher für die Reformation gewonnen waren. 1559 wurde Friedrich II, der Fromme, sein Nachfolger, der 1562 die Theologen Ursinus und Olevian den Heidelberger Katechismus erarbeiten ließ, der zum Bekenntnisbuch aller calvinistischen Kirchen wurde und gegen Luthers Katechismus stand. Als Friedrich 1576 starb, machte sein Sohn Ludwig VI. eine Kehrtwende. Die väterlichen Bestimmungen hielt er nicht ein, sondern ging gegen die Reformierten vor, so dass 500 Pfarrer und Lehrer auswanderten und die Heidelberger Universität einen Niedergang erlebte. Nach seinem Tod 1583 übernahm sein Bruder, Pfalzgraf Johann Casimir von Pfalz-Lautern die (Um-)Erziehung von Kurprinz Friedrich (IV.) im Sinne des Calvinismus, den er in der gesamten Kurpfalz restaurierte. 1578 gründete er in Neustadt die calvinistische Hochschule, das Casimirianum. Seinen Vortrag schließt Scherer mit einem Ausblick auf den Dreißigjährigen Krieg ab. TERMIN Karl Scherer spricht morgen, Sonntag, um 11.15 Uhr im Sängerheim des Herrenhofs Mußbach über „Die Kurpfalz 1505-1618“. Der Eintritt ist frei. |wss

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