Neustadt „Du hast nur ein Leben“

Für einen Film 2000 Kilometer mit dem Kajak und dem Fahrrad unterwegs: Rüdiger Böhm.
Für einen Film 2000 Kilometer mit dem Kajak und dem Fahrrad unterwegs: Rüdiger Böhm.
Sie sind kurz vor Ihrem 27. Geburtstag verunglückt und verloren beide Beine. Wie lange haben Sie gebraucht, sich wieder zu fangen?

Genau ein Jahr nach dem Unfall stand ich mit beiden Prothesen wieder auf den Beinen. Sie waren beim Monoski-Rennlauf, haben an einem Para-Triathlon teilgenommen. Darüber hinaus haben Sie vergangenes Jahr einen Kinofilm in die Schweizer Kinos gebracht, wo Sie gemeinsam mit einem Kollegen 2000 Kilometer mit dem Kajak und dem Fahrrad zurückgelegt haben. Wie geht das alles? Bis zu meinem Unfall hatte ich mit Prothesen etwa so viel zu tun wie die Kuh mit Eiskunstlaufen. Dann aber, nachdem ich die Prothesen hatte, habe ich mich natürlich auch erkundigt, was man so alles machen kann. Je nach Projekt kam dann eben eins zum andern. Und so entstanden diese ganzen Abenteuer einfach mit der Zeit. Bereits vor dem Unfall war ich ein sehr sportbegeisterter Mensch. Schon während ihres Sportwissenschaftsstudiums in Darmstadt waren Sie Jugendtrainer, danach auch acht Jahre Leiter des Nachwuchsleistungszentrums beim Karlsruher SC. Was hat Sie dazu gebracht, auf Motivationscoach umzusatteln? Ganz klar: das Nichtvorhandensein einer Perspektive im Profifußball. Nach meinem Engagement bei dem FC Thun als Trainer der U21 habe ich mich selbst gefragt: Was will ich mit meinem Leben machen? Es hat schlichtweg niemand im Profifußball den Mut besessen, einen Trainer ohne Beine einzustellen. Es hieß immer: Was würden die Leute sagen, wenn der mal drei Spiele in Folge verliert? In meiner Tätigkeit als U21- und Jugendtrainer habe ich nachweislich erfolgreich und kompetent gearbeitet, und auch die Akzeptanz der Spieler war immer zu 100 Prozent vorhanden. Dennoch kam nie mal jemand auf die Idee, mir eine Chance zu geben. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Thomas Tuchel Übungen im Training auch nicht selbst vormacht. (lacht) Können Sie sich vorstellen, bei einem Angebot aus dem Profifußball dorthin zurückzukehren? Da müsste es schon ein herausragendes Angebot sein. Ich glaube eher nicht. Ich bin super happy mit dem, was ich tue, und möchte das noch so lange es möglich ist fortführen. Sie kommen am Mittwoch extra für einen Vortrag nach Landau. Was führt Sie hierher? Ich komme ja aus Südhessen und habe lange in Karlsruhe gearbeitet. Ich lebe zwar mittlerweile in der Schweiz, aber Beziehungen hierher hat man ja immer noch. Konkret kam ich hier her durch einen Freund, der wiederum Benny Auer (Besitzer des Fitnessstudios, Anmerkung der Redaktion) kennt. Er war ja auch im Profifußball lange Jahre präsent, da schließt sich dann der Kreis. 2016 haben Sie das Buch „No legs, no limits!“ veröffentlicht, vergangenes Jahr war es dann der schon angesprochene Kinofilm „Follow The River“. Was haben Sie als nächstes Projekt geplant? Zunächst bin ich gerade dabei, den Film auch über die Schweizer Grenzen hinaus in die Kinos zu bringen. Darüber hinaus ist noch kein kommendes Projekt geplant. In den vergangenen Jahren habe ich ja viel gemacht, da muss man es ja auch nicht übertreiben. (grinst) Gibt es in Ihrem Beruf als Motivationstrainer ein Motto oder ein Credo, welches Sie jedem mit auf den Weg geben können? Ja, und viele vergessen das oft: Es ist Dein Leben, Du hast nur eins. Du musst es in die Hand nehmen. Nur Du hast die Verantwortung. Für die meisten Leute sind bei bestimmten Belangen oft andere Schuld. Zuallererst stehst aber Du alleine in der Verantwortung. | Interview: Joshua Wurm

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