Neustadt Die Welt der Tiere in Musik und Wort

Fabeln in Wort und Musik (von links): Matthias Folz, Norbert Gamm und Andrea C. Baur.
Fabeln in Wort und Musik (von links): Matthias Folz, Norbert Gamm und Andrea C. Baur.

«Kirrweiler.» Eine wirklich „Fabelhafte Welt“ präsentierte das Trio beim Kirrweilerer Kammerkonzert am Samstagabend in der barocken Marienkapelle beim gleichlautenden Konzert. Norbert Gamm mit seinen Blockflöten, Andrea C. Baur mit verschiedenen Lauten und Matthias Folz als Erzähler boten spannende Geschichte mit „fabelhaften“ und nachhaltigen, bisweilen humorigen Lehren in Text und Ton. Besonders beeindruckte die Symbiose von Literatur und Musik: Die von Gamm ausgewählten instrumentalen Stücke untermalten die Geschichten in pfiffiger Weise.

„Alles spricht in meinem Werk, sogar die Fische“, leitet Erzähler Matthias Folz, unter anderem Leiter des Kinder- und Jugendtheaters Speyer, ein. Im historischen Kostüm deklamiert er am alten Stehpult mit Kerzenbeleuchtung ausdrucksvoll in allen möglichen „tierischen“ Stimmlagen die Geschichten. Basierend auf den Aesop-Fabeln aus dem 6. Jahrhundert vor Christus hat Dichter Jean de la Fontaine (1621-1695) die lehrreiche Geschichten aufgegriffen, die nun genial, zeitgemäß adaptiert, heute noch als moralische Instanz dienen. Mit insgesamt 16 kurzen barocken Kompositionen französischer Hofmusik des 17. Jahrhunderts begleiten Andrea C. Baur mit Laute sowie Theorbe und Norbert Gamm mit seiner ganzen Flötenpalette die lehrreichen Fabeln. Mit einer beschwingten Weise von Pierre Beauchamp begrüßen beide „Die Grille und die Ameise“. Den hämischen Rat der Ameise an die Grille, den Hunger mit Tanzen zu überbrücken, setzen die Instrumentalisten in einer Courante von Jean Baptiste Lully um. Lebendig erzählt Folz vom Fuchs und dem Raben, imitiert deren Stimmen und Persönlichkeit – wie bei allen anderen Fabeln auch – vortrefflich. Der vom listigen Fuchs ob seines schönen Gesanges gelobte Rabe lässt den Käse aus dem Schnabel fallen, um eine musikalische Kostprobe zu geben. Die Instrumentalisten kommentieren den Vortrag mit einer überaus pfiffigen Weise von Henri Desmarets. Sopranflöte und Langhalslaute (Theorbe) gehen perfekt bei dem Stück mit seinen häufigen Taktwechseln und vielen schnellen Läufen aufeinander ein. Passend auch die Air Pierre Gaultierd, die nach der nächsten Geschichte den Freiheitsdrang des davonlaufenden Wolfes imitiert, der lieber in den Wäldern hungert, als ein Dasein als gut gefütterter Kettenhund zu führen. Eine Sarabande für Laute solo von Robert de Visée beklagt elegisch das vom Wolf gefressene Lamm. Die Flöte imitiert bei „Der Schwan und der Koch“, eingeflochten in die Geschichte, eindrucksvoll den Klagegesang des sterbenden Schwans. Ein Saitenduett bieten die Musiker bei einer flotten Musette, Gamm spielt die Melodie zunächst auf der kleinen Barockgitarre, Baur mit der Laute übernimmt virtuos das Fundament. Fließend gestaltet sich der Übergang zum Dreiertakt, bei dem Gamm in schnellem Wechsel zur Sopranflöte greift, das musikalische Thema in reich verzierten Phrasen weiterführt. Ihre Vielseitigkeit zeigen Baur und Gamm auch im zweiten Teil, eingeleitet von ihrem Flötenduett mit witzigen Staccato-Phrasen und Tonsprüngen. Folz wendet sich als Fontaine gegen seine Kritiker, die seine Fabeln als Kindermärchen abtun. „Nichts kann sie zufriedenstellen. Dann hört doch Musik“, lautet sein abschließender Rat, der prompt von Barockgitarre und Altflöte befolgt wird. Dramaturgie entfaltet sich bei der Erzählung „Die Eiche und das Schilfrohr“. Bereits den Text gestaltet Folz als musikalische Partitur, betont durch blasende Windgeräusche der Mitspieler. Gitarrenklänge untermalen die Aussage des Schilfrohrs „Ich beuge mich und breche nicht.“ Mit vervielfachter Kraft rüttelt der vokale Sturm durch die Eiche, bis sie stürzt. Die Lautmalerei geht über in den Titel „Les Vents“ (Die Winde) von Anne Danican Philidor. Die „Grand Air“ von Michel-Richard Delalande lädt majestätisch in den Königshof, den „Hof des Löwen“, ein, wo es gehörig stinkt. Der König, seine Macht zur Schau stellen, lässt ebenso Kritiker wie Schmeichler hinrichten. Nur der Fuchs zieht sich aus der Affäre, einen Schnupfen vortäuschend. Die Lehre: „Man muss diplomatisch sein und recht vage“. „Le Rossignol en amour“ (Die verliebte Nachtigall) leitet die Geschichte vom Milan und der Nachtigall ein. Letztlich muss der Singvogel doch sein Leben lassen, denn „nicht Ohren hat ein leerer Magen“, betont der Greifvogel. Im Epilog ist zu hören: „Es ist ein Naturgesetz, dass jedes Geschöpf seinen Gegner hat“. Dezentes Lautenspiel begleitet die Fabel „La cigale et la fourmi“. Die französischen Verse von „der Grille und der Ameise“ werden mit Zwischenspielen ausgedeutet, mal temperamentvoll, mal besinnlich. Ein temporeiches Stück Michel-Richard Delandes bildet den tänzerisch-fröhlichen Abschluss des szenischen Konzertes. Der anhaltende Applaus des Publikums in der voll besetzten Marienkapelle gilt der Virtuosität der Akteure und der Kurzweiligkeit des dramaturgisch ausgefeilten Programms.

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