Neustadt Das Wunder von Weihnachten

Farbenfroh: Aufklappbare Weihnachtskrippe aus Peru.
Farbenfroh: Aufklappbare Weihnachtskrippe aus Peru.

Draußen ist es eisig, leise rieselt Schnee. Haßloch unter einer dünnen Schneedecke, ein seltener Anblick. Schnell huschen die Besucher durch die Tür in den Turmraum, wo 30 Krippen nur darauf warten, begutachtet zu werden. Mehr Weihnachtsstimmung geht wohl kaum. Schnell merken die Besucher, wie unterschiedlich die Krippen der Welt ausfallen. So vielfältig wie die Menschen und Nationen, so verschieden auch ihre Weihnachtskrippen. Egal ob naiv anmutend, fröhlich bunt oder aufs Wesentliche reduziert, alle verbreiten sie ihren eigenen Weihnachtszauber. Klassische Holzkrippen sind hier so gut wie nicht zu finden. „Diese stammen dann in der Regel aus unserem Kulturkreis“, erklärt der pensionierte Pfarrer Jörg Schreiner, der diese Krippen in den vergangenen 30 Jahren zusammengetragen hat. „Mein Hobby sind schöne Reisen und dabei halte ich immer nach Weihnachtskrippen Ausschau. Einige Exemplare stammen aber auch aus dem Welthandel“, ergänzt er. Auf diese Weise hat er im Laufe der Jahre 80 unterschiedliche Exemplare gesammelt. Begeistert zeigt er nun einen Teil dieser Schätze. Es gibt viel zu entdecken. Die kleinen aufklappbaren Schränkchen seien beispielsweise typisch für Südamerika. Aufgesägte kleine Bambusrohre und Miniaturkrippen in Nussschalen stehen neben großen Krippenfiguren aus Afrika. Hier eine winzige mexikanische Krippe aus geflochtenem Gras, dort eine bolivianische aus einem verholztem, aufklappbaren Kürbis. Ins Auge fällt auch der Wigwam samt seiner Navajo-Indianer. „Die ist eine Besonderheit, denn nicht nur dass die Figuren dunkelhäutig und mit Indianerschmuck versehen sind, sondern hier gibt es als Tiere Hund und Bär“, erklärt Haro Schreiner, Vorsitzender der Turm-Initiative und Bruder des ehemaligen Pfarrers. „Mit diesen individuellen Darstellungen können sich die Menschen vor Ort besser identifizieren. Mit ihrer Hautfarbe und den Trachten transportieren die Figuren den christlichen Gedanken in das jeweilige Land und ins Hier und Jetzt. Und das ist gut so“, meint Jörg Schreiner. Scheinbar gäbe es sogar einen Zusammenhang: Je größer die Not, desto fröhlicher und hoffnungsfroher die Figuren. Turm-Initiative will Turmraum in altem Glanz erstrahlen lassen Natürlich hätte die Ausstellung auch in einem aufwendigeren Rahmen dargeboten werden können. „Wir haben sie jedoch bewusst schlicht gehalten, da wir nicht zu stark von den Räumlichkeiten ablenken wollten“, so Haro Schreiner. Denn mit dieser Krippenausstellung wolle die Turm-Initiative den Besuchern den Turmraum der Christuskirche näherbringen. „Viele Haßlocher kennen diesen gar nicht. Und selbst manche Gemeinderatsmitglieder wissen nicht, dass dieser Raum, der früher der Chorraum der ehemaligen Ulrichkapelle war, der älteste Raum in Haßloch ist“, erzählt Haro Schreiner. Dieser Raum könne etwa auf 1350 datiert werden und sei damit rund 250 Jahre älter als die Räume des 1599 erbauten Ältesten Hauses. Auch Wandmalereien sind an einigen Stellen sichtbar. „Wir möchten hier einen Raum schaffen und in altem Glanz erstrahlen lassen, um ihn für Konzerte und als Repräsentationsraum nutzen zu können. Denn er ist ein kulturelles Erbe, das allen gehört“, meint der Vorsitzende der Turm-Initiative. Nach der Außenrenovierung des Turmes, die 50.000 Euro verschlungen habe, die zu gleichen Teilen von der Turm-Initiative und der Gemeinde aufgebracht worden seien, und den inzwischen abgeschlossenen Innenarbeiten, können seit 2016 Besucher den Turm besteigen, um Haßloch einmal von oben zu betrachten. Etwa 300 Besucher machen laut Haro Schreiner jährlich von diesem Angebot Gebrauch. Nun wolle sich die Initiative diesem kleinen Turmraum widmen und aus seinem Dornröschenschlaf erwecken. Zunächst soll der Boden wieder tiefergelegt und der Beton entfernt werden. „Mal sehen, was darunter zum Vorschein kommt“, so der Vorsitzende. Auch ein behindertengerechter Eingang ist geplant. Anfang 2016 war für eine erste Untersuchung der in den 1980er Jahren verlegte Fliesenboden vor dem einstigen Zugang zur Ulrichkapelle auf etwa einem Quadratmeter Fläche aufgebrochen und ein etwa ein Meter tiefes Loch gegraben worden (wir berichteten). Experten waren beeindruckt von der einstigen Wandbemalung, die bis zum etwa 1,10 Meter tiefer gelegenen früheren Fußboden hinunterreicht. Die „Baugrube“ wat wieder zugeschüttet worden, nachdem alle Funde exakt dokumentiert worden waren. Die Restauratorin Brigitte Schön (Mainz) hatte bei ihrer Untersuchung festgestellt, dass die unter dem Putz liegenden Dekorationsmalereien aus der Zeit um das Jahr 1600 stammen. „Die Wandgemälde wieder freizulegen und zu restaurieren, ist ein sehr langfristiges Projekt und ohne Spenden nicht zu stemmen. Daran muss wohl auch noch die nächste Generation weiterarbeiten. Aber es eilt ja nicht“, meint Haro Schreiner. Krippenausstellung —Die Krippenausstellung im Turmraum der Christuskirche ist an den nächsten beiden Adventssonntagen, 10. und 17. Dezember, jeweils von 14 bis 18 Uhr geöffnet. — www.hasslocher-turm-initiative.de.

Wandmalereien wurden 2016 unter dem Boden entdeckt.
Wandmalereien wurden 2016 unter dem Boden entdeckt.
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