Neustadt „Das ist wie mit den Zähnen“

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Lambrecht. „Meisterwerkstatt für Holzblasinstrumente“ verrät das Türschild im Kleinen Weg 70. Mit Blick von oben auf die Stadt Lambrecht geht Frank Bernhard im Elternhaus seit 2003 seinem Handwerk nach.

Betritt man die Arbeitsräume, fallen unzählige Instrumente aus funkelndem Metall ins Auge. Holzklangkörper oder Blockflöten finden sich in der Werkstatt für Holzblasinstrumente auf den ersten Blick nicht. Der musikkundige Leser weiß natürlich, was Frank Bernhard dann erklärt: „Diese Instrumentengruppe ist nach der Art der Tonerzeugung benannt.“ So befinden sich im Anblasstück von Klarinetten oder Saxofonen Holzblättchen, die durch den Luftstrom in Schwingung versetzt werden. Seine Ausbildung zum Holzblasinstrumentenbauer absolvierte er ab 1994 in Marktneukirchen, einem kleinen Ort im sächsischen Vogtland. „Kurz zuvor war der Fertigungsbetrieb von einem Westdeutschen übernommen worden, und ich war sozusagen der erste ,Westlehrling“, erinnert sich Bernhard. „Marktneukirchen kann man als Hochburg des Instrumentenbaus bezeichnen, hier werden alle möglichen Orchesterinstrumente gefertigt, auch Zubehörteile.“ Es sei zunächst eine „Verlegenheitslehre“ nach dem Abitur gewesen, aber es habe ihm dann so gut gefallen, dass er dabeigeblieben sei. Nach dreieinhalb Jahren Lehrzeit arbeitete Bernhard in einem Musikhaus in Nürnberg, das auf Blasinstrumente spezialisiert ist. Als Meisterstück baute er eine Klarinette aus Grenadille, einem festen Edelholz, dem Ebenholz ähnlich. Besondere Herausforderung sei das richtige Anbringen der Tonlöcher mit dem Tonlochbohrer als Werkzeug, oben kleiner, nach unten größer werden, berichtet er. „Es gibt Näherungswerte zu den Abständen der Klanglöcher, aber man wählt sich normalerweise ein Instrument, das gut funktioniert und klingt. Beim Eigenbau versucht man dann, den Klang noch weiter zu optimieren.“ Eigenbau betreibt Bernhard in seiner Lambrechter Werkstatt als Ein-Mann-Unternehmen nicht, das sei zu kostenintensiv, werde für den Käufer sehr teuer. Sein Schwerpunkt sind deshalb Reparaturen. „Ich habe alle möglichen Stammkunden, darunter Instrumentalschüler, Amateurmusiker, Studenten aus Mannheim und Saarbrücken sowie viele Vereine und Bands.“ Ganze schulische Bläserklassen der Umgebung lassen ihre Instrumente beim Meister überholen, auch kommen Musiker der HR-Bigband oder verschiedener Sinfonieorchester zur Werkstatt. Immer wieder landen wertvolle Dozenten-Instrumente auf seiner Werkbank. Faszinierend findet er auch die Instrumente von Jazzmusikern, viele von denen stammten aus den 1920er-Jahren. „Sie haben ein ganz eigenen Klang“, betont er. Bernhards täglich Brot sind neben den Wartungsarbeiten auch Generalüberholungen. Werkzeuge in unterschiedlichen Größen stehen aufgereiht, Zangen, Feilen, Fräsen und anderes mehr. Die Schraubenzieher hat er selbst gebaut und zurechtgefeilt, ebenso die Gewindefeilen. Auch die Zangen sind Spezialanfertigungen mit flachen Innenseiten. „Man sieht sofort an den Rillen in den Achs-Teilen zwischen den Klappen, wenn jemand versucht hat, sie mit einer Kombizange selbst zurechtzubiegen.“ An einer Drehbank werden gebrauchte Teile glatt nachgefeilt. Gerade in den Ferien ist für ihn Hochsaison, viele Instrumente werden zur Kontrolle oder zum Nachbessern vorbeigebracht. Oft handele es sich um Kleinarbeiten wie die Justierung der Mechanik oder Korkerneuerung auf den Klappen, alles Teile, die einem gewissen Verschleiß unterliegen. „Bei einer Generalüberholung wird das Instrument komplett zerlegt.“ Bernhard richtet die Tonlöcher aus, sorgt für plane Flächen, damit diese von den Polstern später optimal abgedichtet werden können. Wenn die Klappenmechanik wieder angebracht wird, kontrolliert er mit einer Lichtröhre, die er im Instrumentenkorpus platziert, ob die Klappen tatsächlich alle gut schließen. „Es darf kein Licht nicht mehr durchscheinen“, erklärt Bernhard. „Um größere Arbeiten zu vermeiden, sollte man das Instrument regelmäßig, am besten ein Mal im Jahr, begutachten lassen. Es verlängert die Lebensdauer. Das ist wie beim Auto oder bei den Zähnen, wenn man keine Inspektion beziehungsweise Untersuchung machen lässt, wird es irgendwann richtig teuer“, weiß Bernhard. Während er Reparaturen, darunter häufig auch „eilige Notfälle“ an allen Blasinstrumenten vornimmt, hat er sich bei Generalüberholungen auf Klarinette und Saxofon spezialisiert. „Man sollte die Instrumente, die man komplett auseinanderbaut, schon selbst spielen und somit überprüfen können“, meint der Instrumentenbaumeister, der selbst bei der Neustadter „Blue Note Big Band“ als Saxofonist mitwirkt. Noch Fragen? —Instrumentenbaumeister Frank Bernhard beteiligt sich auch an der Ausstellung „Holz ist Klang“ im Haus der Nachhaltigkeit (Johanniskreuz) noch bis 25. August (täglich außer Samstag 10 bis 17 Uhr). —Kontakt: Frank Bernhard, Meisterwerkstatt für Holzblasinstrumente, Kleiner Weg 70, 67466 Lambrecht, Telefon 06325 184505, E-Mail frank.bernhard@web.de.

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