Neustadt Anfang und Ende

Peter Tilling in der protestantischen Kirche in Neustadt-Haardt.
Peter Tilling in der protestantischen Kirche in Neustadt-Haardt.

«Neustadt». Der Cellist, Dirigent und Pianist Peter Tilling, der aus Neustadt stammt und sich einige Tage auf „Heimaturlaub“ befindet, hat am Sonntag ein Cellokonzert in der protestantischen Kirche von Neustadt-Haardt gegeben.

Peter Tillings musikalische Erfolgsbiografie ist lang, vor allem was seine Einsätze als Dirigent betrifft. Internationales Aufsehen erregte er vor allem, als er 2011 bei den Bayreuther Festspielen für Dirigent Thomas Hengelbrock einsprang. Seitdem hat er viele der bekanntesten Sinfonie- und Opernorchester Europas dirigiert, zuletzt auch bei den Salzburger Osterfestspielen 2017. Einer seiner Schwerpunkte ist die Neue Musik. Er habe Stücke ausgesucht, die einen Bezug zu Anfang und Ende, Alpha und Omega, haben, erklärte Tilling zu Beginn seines Programms. So wählte er für den Beginn des Konzerts die erste der sechs Suiten Johann Sebastian Bachs für Cello Solo, mit drei Sätzen aus der sechsten Suite beschloss er es. Dazwischen spielte er Cello-Stücke aus dem Repertoire der Neuen Musik von Hans Werner Henze, Bernd Alois Zimmermann und von ihm selbst. Seine Eröffnungssuite von Bach, eines der bekanntesten Stücke der Cello-Literatur, sei so recht geeignet, um sich „hineinzuschwingen“ in die Musik, überraschend bei jedem neuen Hören ist die Zeitlosigkeit dieser Musik, die zwar im Barock zu verorten ist, aber weit jenseits aller epochentypischen Merkmale liegt. Auch das Stück von Hans Werner Henze gehört zu den „Anfängen“, eine Serenade für Cello Solo, entstanden 1969, als er noch gar nicht berühmt gewesen sei, erklärte Tilling. Henze habe sich damals mit der Zwölftonmusik auseinandergesetzt, „aber keine Angst, sie werden das kaum merken, es klingt durchaus harmonisch“, so Tilling. Die Serenade entstand als Theatermusik für ein Stück von Shakespeare. Tatsächlich hatte Tilling nicht zu viel versprochen. Harmonisch, mit überraschenden Wendungen, das Instrument oft gezupft, und man ertappte sich dabei, dass man das Geschehen auf der Bühne dazu rekonstruieren wollte, denn es wirkte tatsächlich bühnenmäßig ausdrucksstark. Eher mit einem Ende verbunden waren die vier sehr kurzen Stücke von Bernd Alois Zimmermann, bekannt vor allem für seine Oper „Die Soldaten“. Die Cello-Solostücke waren das letzte, was er kurze Zeit vor seinem freiwilligen Tod 1970 komponiert hatte. Der Zuhörer solle sie wie musikalische Haikus betrachten, die japanischen Kurzgedichte mit festgelegter Silbenzahl, sagte Tilling. Jeder Ton sei mit Bedeutung aufgeladen. So war jede der vier Miniaturen streng konstruiert und unterschied sich völlig von den anderen, gleichzeitig bewirkte die Reduzierung auf nur wenige notwendige Töne eine zarte Schönheit, wie von einer japanischen Tuschezeichnung. Peter Tillings eigenes Stück beschäftigte sich mit Anfang und Ende. „Immer habe ich mich gefragt, wie wohl die Musik der ersten Christen geklungen haben mag“, erzählte er. „Wir haben ja Aufzeichnungen der ersten Hymnen erst Jahrhunderte später. So habe ich meine eigenen Vorstellungen hineingebracht“. Mit feierlichen, langsam schreitenden Melodien, aber ganz ohne Pathos, fing das Stück an und wirkte, als ob Tilling auch Verborgenes hineingewebt hätte, das man mehr ahnen als hören kann. Das Konzert war sehr gut besucht, viele Zuhörer kannten den Solisten aus Jugendzeiten und sprachen ihn an.

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