Duchroth Hoheiten im Rollentausch: Bierkönigin rückt Weinkönig zur Seite

Königliche Hoheiten und ein Ortsoberhaupt: Bierkönigin Sophie Gisdepski, Weinkönig Simon Schäfer und Ortsbürgermeister Jörg Schn
Königliche Hoheiten und ein Ortsoberhaupt: Bierkönigin Sophie Gisdepski, Weinkönig Simon Schäfer und Ortsbürgermeister Jörg Schneiß.

Seit 50 Jahren schon „regiert“ in der Weinbau-Gemeinde Duchroth jeweils ein Weinkönig. Nur Männer als Hoheit? Das darf ja heute nicht mehr sein. Deshalb bleibt ein neues Amt alleine Frauen vorbehalten: Am Samstag wird die zweite Duchrother Bierkönigin gekürt.

Am Samstag, 13. August, steigt am Gangelsberg das zweite Duchrother Bierfest. Wie schon bei der Premiere vor einem Jahr wird eine Bier-Hoheit gewählt. Der Weinkönig muss noch warten: Der künftige Repräsentant der Winzer wird erst am ersten September-Wochenende gewählt. Weinkönig? Bierkönigin? Das gibt es wohl kein zweites Mal.

In dem Weinbauort im Landkreis Bad Kreuznach waren den Verantwortlichen die Ideen nie ausgegangen, wenn es um die Entwicklung der 550 Seelen-Gemeinde ging – die bis zur Verwaltungsreform 1969 zum damaligen Landkreis Rockenhausen gehört hatte.

Im Feiern des Weins noch immer spitze

Die Rebfläche, zurzeit 35 Hektar, die noch von vier Winzerbetrieben bewirtschaftet wird, ist zwar zurückgegangen. Aber beim Wein-Feiern ist Duchroth seit Jahrzehnten spitze, nicht nur beim Weinfest Anfang September, wenn vier Tage lang der Rebensaft im Mittelpunkt steht.

Bereits seit 50 (!) Jahren ist die Weinhoheit in Duchroth männlichen Geschlechts. Zurzeit regiert der 24-jährige Simon Schäfer, der eine Ausbildung im Weinmanagement bei Pieroth in Burg Layern absolviert und nebenher die Interessen der Winzer und der Gemeinde vertreten hat, wie Ortsbürgermeister Jörg Schneiß erzählt. Daneben stellt die kleine Gemeinde mit Aileen Süß (27) eine der aktuellen Nahe-Weinprinzessinnen. Damit nicht genug: Seit 2021 hat die Weinbaugemeinde eine Brauerei und zudem eine Bierkönigin. Die 23-jährige Sophie Gisdepski hat das Amt inne.

EU-Mittel fließen fürs Bier

Seit dem vergangenen Jahr befindet sich im Haus Schumacher, der guten Stube der Gemeinde, die rheinland-pfalz-weit einzige von einer Kommune betriebene Brauerei. Ein alter Pferdestall wurde dafür entkernt und hergerichtet. Die Idee kam von einem in Duchroth heimisch gewordenen Brau-Ingenieur. Gefördert wurde das mit 11.000 Euro Kosten verbundene Vorhaben mit europäischen Leader-Mitteln zur Stärkung des ländlichen Raumes. 7000 Euro flossen dafür.

Bei der Beantragung hat sich die Erfahrung der Duchrother in der Dorferneuerung ausgezahlt. Denn begründet wurde das Vorhaben damit, dass es keine Treffpunkte gebe. Weil viele Gasthäuser nicht überlebt haben, finden Nacherholungssuchende, Wanderer und Besucher keine Einkehrmöglichkeiten mehr. Das sollte sich ändern mit der Brauanlage, in deren Räume n Besucher, aber auch Einheimische versorgt werden sollten.

Eigens Förderverein gegründet

Inzwischen ist der Brauerei-Treffpunkt eingerichtet und hat alle Genehmigungshürden genommen. Die ersten Brau- und Trinkversuche verliefen gut, sodass im vergangenen Jahr das erste Bierfest über die Bühne gehen konnte, wie Schneiß berichtet. Zwischen 60 und 120 Liter „Gangelsberger Bier“, benannt nach dem 340 Meter hohen Berg, können mit der Kleinstanlage gebraut werden, für die der Förderverein „Brau(ch)tum“ gegründet wurde. Die Brauerei ist eine kleine Attraktion und ein Beispiel dafür, wie einem Mangel mit etwas gutem Willen abgeholfen werden kann.

Das „Gangelsberger Bier“ wird laut Information des Ortschefs momentan nur bei besonderen Anlässen gebraut und verkauft. Ziel ist, nach dem Abbau bürokratischer Hürden das „Gangelsberger Bier“ in der Flasche im neuen Verkaufsautomaten mit regionalen Produkten anzubieten.

Krüge stemmen ein Kriterium

Das zweite Duchrother Bierfest steigt ab 16 Uhr am Brauereigebäude. Gewählt wird dabei die zweite Bierkönigin. Da die Gemeinde seit jeher nur Weinkönige hat, können nun nur Frauen zur Bierkönigin gewählt werden, wie Ortsbürgermeister Schneiß angeordnet hat. Bei der Wahl müssen die Bewerberinnen in einer Fragerunde zum Thema Bier Wissen nachweisen. Zudem muss beim Krugstemmen Kraft, in weiteren Runden Geschmack unter Beweis gestellt werden. Im vergangenen Jahr hat dies Sophie Gisdepski, die bei Bito in Meisenheim ein Duales Studium absolviert, geschafft.

Beim Bierfest wird trotzdem auch an die jahrhundertelange Tradition als Weinbauort erinnert: Es wird neben Gangelsberg-Gerstensaft auch Wein kredenzt. Dass freut sicherlich auch Weinkönig Simon Schäfer.

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