Die Kirchenkolumne Wojciech Kordas über Corona und seine Folgen

Wojciech Kordas
Wojciech Kordas

Covid-19 trifft die ganze Gesellschaft an ihrem Nerv, an der Vision vom vereinten Wir. Wer von uns leidet nicht unter den Einschränkungen? Corona heißt begrenzte Menschenversammlung, Abstand halten, Mund-Nase-Schutz tragen, Hände desinfizieren, Eingangs- und Ausgangswege beachten, Namen und Telefonnummer hinterlegen. Anstatt Nähe anzustreben, müssen wir auf Distanz gehen.

Die getroffenen Schutzmaßnahmen sind einerseits berechtigt, um die Ansteckungsgefahr einzudämmen, andererseits nagen sie am Freiheitsgefühl. Unser Verhalten ändert sich. Wir alle tragen einen Mund-Nase-Schutz und sehen unsere Gesichter nicht mehr. Wir lächeln uns nicht mehr an. Gesichter ohne freundliches Lächeln sind traurige Gesichter. Sie machen Angst. Was würde ich mir wünschen? Dass wir endlich unsere Gesichter sehen und uns freundlich mit einem netten Lächeln entgegenkommen, ohne Angst zu haben, dass wir irgendwelche Hygienemaßnahme übersehen und ermahnt werden.

Singen mit Mundschutz?

Was könnte nach der Krise dauerhaft werden? Ich fürchte, dass wir Angst haben werden, uns nahe zu sein und lieber Abstand halten. Beten im Abstand. Wie geht das denn? Wir haben bis jetzt so viel über die Nähe gepredigt. Singen mit dem Mundschutz? Lieber nicht singen. Wozu sind unsere Kirchen angesichts der Krise da? Menschen beizustehen, und zwar tatkräftig und geistig.

Was resultiert daraus für die Strukturen unserer Kirchen und der Stadt? Zum Mitdenken über diese Frage sind alle eingeladen. Nicht von der Angst, Abgrenzung und Schutz, sondern nur im freien Miteinander kann unser Leben gestaltet werden. Wir leben und bewegen uns in Kirche und Gesellschaft im Wir und vom Wir. Gerade in der EU ist unser gemeinsamer Auftrag, Mauern von Distanz und Abgrenzung einzureißen, damit wir nicht verkümmern.

Der Autor

Pater Wojciech Kordas (55) ist Kooperator in der katholischen Pfarrei Hll. Petrus und Paulus.

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