Ludwigshafen Von großen Reden und kleinen Parteien

In sieben Monaten werden die kommunalpolitischen Weichen neu gestellt. Dann sind wir alle aufgerufen, Stadträte, Gemeinderäte, Ortsvorsteher und Ortsbürgermeister neu zu wählen. Alle fünf Jahre findet dieser große Urnengang an der Basis statt. Für uns in der Redaktion ist das mit sehr viel Arbeit verbunden, weil ja sehr viele Kandidaten, Positionen und Parteien zu berücksichtigen und zu beachten sind. Die Vorbereitungen für die Wahl Ende Mai laufen derweil schon an. Die Parteien stellen ihre Listen auf, nominieren ihre Kandidaten. Heißt unterm Strich auch: Die Nervosität nimmt zu. Jeder möchte eben sich und seine Position möglichst auffällig präsentieren – und nach Möglichkeit auch in der Zeitung nachlesen können. Diese besondere Form der Aufgeregtheit spüren wir seit ein paar Wochen immer dann, wenn wir in den städtischen Gremien sind und die dortigen Diskussionen verfolgen. Dabei gilt folgende Grundregel: Sind alle entspannt, wird ein Thema, bei dem sich im Prinzip alle einig sind, auch mal kommentarlos durchgewunken. Tauchen jedoch Termine wie die Kommunalwahl am Horizont auf, sind alle etwas hartnäckiger. Da gilt auch bei gleicher Meinung: Lieber doch was sagen. Vielleicht überzeugt man mit einem Zeitungszitat seine Wähler. In dieser Konstellation befanden wir uns vor ein paar Tagen im Bauausschuss. Da löste eine Schulturnhallensanierung, die übrigens einstimmig abgesegnet worden ist, eine kuriose Diskussion aus. Eine Generaldebatte über den Zustand der Ludwigshafener Schulen wurde angestimmt. Jeder hatte dazu logischerweise was zu sagen und anzumerken. Irgendwann reichte es dann Udo Scheuermann. Das SPD-Urgestein wird 2019 nicht mehr antreten und sich nach Jahrzehnten an vorderster kommunalpolitischer Front in den Ruhestand verabschieden. Trotzdem wurmten ihn die Zwischentöne der Opposition. Daher appellierte Scheuermann an die „Verantwortung der kleinen Parteien“. Diese würden bei Haushaltsberatungen im Stadtrat doch immer nur die Zahlenwerke ablehnen und dann hinterher beklagen, man müsse auch noch dies und jenes erledigen. Scheuermann machte dabei klar: Würden auch die Großkoalitionäre beim Haushalt mit Nein stimmen, weil sie sich über die hohe Verschuldung und die Gesamtsituation ärgern, ginge gar nichts mehr, dann wäre alles stillgelegt. Es war ein nachdenklicher Zwischenruf. Aber auch eine ungewollte Steilvorlage – schließlich waren die Bayernwahl und das Unter-Zehn-Prozent-Ergebnis der SPD noch sehr präsent. Deshalb konterte der von Scheuermann angesprochene FDP-Fraktionsvorsitzende Thomas Schell auch schelmisch-grinsend: Er wisse gar nicht so genau, wen Scheuermann nun mit „kleinen Parteien“ meint. Das saß. Im Sitzungssaal 1 brach lautes Gelächter los. Bei der CDU gab’s Schenkelklopfer und und ein paar „Ich fass’ es nicht“-Rufe. Auch die Genossen gaben sich nur kurz zerknirscht und lachten dann mit – zumindest kurz. Uns Beobachtern tun solche Momente jedenfalls gut. Man merkt: Die Anspannung ist noch nicht so groß, dass alles Zwischenmenschliche flöten geht. Und es macht deutlich mehr Spaß, sich ein paar flotte Sprüche zu notieren als immer nur politische Aussagen, die man so oder so ähnlich ja doch schon mal gehört und auch geschrieben hat. Politik soll ja auch Spaß machen. Sicher nicht das schlechteste Mittel im Kampf gegen Verdrossenheit und Populismus. Die Kolumne Fünf Redakteure berichten für die RHEINPFALZ über Ludwigshafen. Ihre Erlebnisse aus dem (Arbeits-)Alltag nehmen die Redakteure in der Kolumne „Quintessenz“ wöchentlich aufs Korn.

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