Ludwigshafen Ungemein lebendig und ausgefeilt

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Vorzustellen und zugleich wärmstens zu empfehlen gilt es diesmal eine kammermusikalische Vereinigung mit attraktiver Perspektive. Es steht nämlich außer Frage, dass das Tontrio zu den profiliertesten unter den erstklassigen jungen Ensembles zählt, die sich derzeit so erfreulich zahlreich auf den Konzertpodien tummeln.

Die Violinistin Karlotta Eß, die Pianistin Julia Haverkamp und ihr Ehemann, der Cellist Daniel Haverkamp - Mitglied des Mannheimer Nationaltheater-Orchesters, zuvor der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz und des Gewandhausorchesters in Leipzig –, die drei Musiker spielen mit hinreißend vitalem Impuls und einem gestalterischen Nachdruck, der seinesgleichen sucht. Ihr unbändiger Wille zum Formen und ihr äußerst ausgeprägter Sinn fürs Detail, ihre stets spürbare, sich auch in Gestik und Mimik mitteilende Freude daran, übertragen sich unmittelbar auf die Zuhörer. Sie genießen die Musik sichtlich und vor allem hörbar, und sie lassen sie genießen. Unverwechselbare Prägung erhalten die Wiedergaben des Tontrios durch eine ungemein lebendige, farbige Spielweise, durch Konturenschärfe. Zugleich sind sie akribisch ausgefeilt, phantasiereich, stilvoll und differenziert. Dass sich dabei Virtuosen am Werk befinden, versteht sich von selbst, ebenfalls, dass das kammermusikalische Zusammenspiel bei perfekt ausgewogenen Klangverhältnissen bestens funktioniert. Gegründet haben das Tontrio Julia und Daniel Haverkamp vor zehn Jahren an der Karlsruher Musikhochschule. In seiner heutigen Besetzung, mit Karlotta Eß am Geigenpult, spielt es seit 2010. Seinen Wohnsitz hat das Ehepaar Haverkamp in Stuttgart – Julia Haverkamp unterrichtet an der Jugendmusikschule Vaihingen/Enz -, Eß lebt in Bamberg und spielt bei den Nürnberger Symphonikern. Das Trio, bei Dirk Mommertz und dem Fauré Quartett, beim Alban Berg Quartett und Wolf Harden ausgebildet und von der Yehudi-Menuhin-Förderung Live Music Now unterstützt, konzertiert im In- und Ausland. Es ist unter anderem bei den Festspielen in Schwetzingen und in Mecklenburg-Vorpommern aufgetreten und hat bei Programmen der Landesstiftung Villa Musica und des SWR mitgewirkt. Konzertreisen führten das Ensemble nach Frankreich, Österreich und Indien. Im Gespräch geben sich Daniel und Julia Haverkamp sehr aufgeschlossen, lebhaft und mitteilungsfreudig. Kammermusik, erklärt der Cellist, sei eine Abwechslung zum Musizieren im Orchester. Sie ermögliche eine intensivere Konzentration aufs Detail und biete dem Spieler Gelegenheit, Verantwortung für die von ihm allein vorgetragene Stimme zu übernehmen. Einen weiteren Aspekt biete der im Vergleich zur Konstellation des großen Orchesters unmittelbarere Kontakt zu den Zuhörern. Dieser, fügte Julia Haverkamp hinzu, könne übrigens auch durch Moderation erleichtert werden: Der Austausch mit dem Publikum bewirke dabei eine persönlichere Situation. „Früher“, so die Pianistin, „war Moderation nicht gewünscht, heute dagegen nimmt das Interesse der Zuhörer daran kontinuierlich zu.“ Durch Informationen könnten junge oder auch ältere Menschen für die klassische Musik gewonnen werden, die zuvor damit nichts im Sinne gehabt hätten. Allerdings seien übertrieben anspruchsvolle, das Publikum überfordernde Einführungen ebensowenig hilfreich wie unverbindlich seichte Plaudereien. Auf jeden Fall, stellten beide übereinstimmend fest, seien auf dem Podium die Publikumsreaktionen, die Atmosphäre im Saal deutlich spürbar und für den Spieler sehr wichtig. Falls positiv, wirkten sie auf ihn als höchst willkommener Ansporn. So etwa bei den vielen Kammermusikzyklen in der Pfalz und speziell der Südpfalz, bei denen das Tontrio auf sehr aufgeschlossene, interessierte, in der Mehrzahl ältere, aber auch junge Zuhörer getroffen sei. Das Repertoire des Tontrios erstreckt sich von Haydn bis zur Gegenwart. Gelegentliche Ausweitungen der Besetzung etwa zum Klavierquartett oder -quintett seien nicht gezielt geplant, gegebenenfalls aber durchaus denkbar. Einmütig wurde dann nach kurzem Überlegen die Frage nach den Schwerpunkten des Ensembles beantwortet: „Eigentlich“, sagte Daniel Haverkamp, „bevorzugen wir keine bestimmten Epochen und Stilrichtungen, auch suchen wir nicht nach Nischen in der Musikliteratur und spielen nicht Stücke, weil sie jeder spielt, und auch nicht, weil sie keiner spielt. Das Entscheidende für uns bleibt, dem Werk ehrlich gerecht zu werden.“

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